Dienstag, 18. Dezember 2007

Ein Winzer im Reich der Mitte # 10

2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man jetzt auf diesem Blog nachlesen.

10.8.2005

Heute haben wir das "Art Museum" von Shanghai besucht. Es befindet sich in einem Art-Déco-Gebäude, dass die englischen Kolonialherren einst im Zusammenhang mit der Pferderennbahn benutzt haben. Die Pferderennbahn hat sich mittlerweile in den netten Renmin (= Volks-)Park verwandelt (und die Pferdchen sind vermutlich längst auf irgendeinem chinesischen Teller gelandet). Im "Art Museum" sieht man durchaus sehenswerte Gemälde chinesischer Künstler und wundert sich ein wenig über eine Tafel, auf der sinngemäß zu lesen ist, dass die chinesische Malerei seit den Zeiten der alten Meister einen schweren Niedergang erlebt hat und die ausgestellten (zeitgenössischen) Stücke sowas wie einen netten Versuch darstellen.

Nach dem Museum stärken wir uns in einem Starbuck´s, wo dann aber ein Fernsehteam mit unmenschlich gestylten jungen Moderatoren einfällt.

Wir wollen nun zum Antiquitätenmarkt, aber ein chinesisches Pärchen verwickelt uns in ein Gespräch. Sie sind aus Qingdao (da, wo das gute Bier hersprudelt) und ebenfalls auf Besuch in der Stadt, sagen sie. Wir tauschen e-Mail-Adressen, müssen dann aber weiter. Aber wir verabreden uns für den späteren Nachmittag 1/2 6 Uhr an selber Stelle.

Nachdem wir am Markt Einkäufe getätigt haben, sind wir früher als erwartet wieder im Renmin Park. Wir sitzen die Zeit auf einer Bank ab, wobei wir erneut angesprochen werden, zuerst von einem Pärchen aus Beijing. Sie möchten uns unbedingt in ein Teehaus mitnehmen. Kurz danach folgt ein israelischer Backpacker, der sich verlaufen hat und uns nach dem Weg fragt. Schließlich spricht uns noch ein chinesisches Pärchen an, diesmal sind sie aus Hunan. Sie wünschen sich, dass wir mit ihnen ein Teehaus besuchen. Die Sache fängt schön langsam an, verdächtig zu werden.

Nach einiger Zeit treffen wir dann auch wieder unsere Bekannten vom früheren Nachmittag. Sie wollen unbedingt, dass wir mit ihnen in ein Teehaus gehen und teilen uns auch mit, dass der Tee dort dieser Tage im Sonderangebot ist. Es klingt schon ein bißchen sehr wie eine Werbeveranstaltung. Wir haben aber nach dem Besuch des Antiquitätenmarktes fast kein Geld mehr und bieten an, uns auf einer Bank zusammenzusetzen oder im Starbuck´s etwas zu trinken. Das wollen unsere Widerparts aber anscheinend überhaupt nicht. Sie erklären uns, dass wir nach dem langen Tag in der Stadt wohl ohnehin viel zu müde seien und verabscheiden sich jetzt ohne Umschweife.

Essen gibts dann beim westlich orientierten Lokal ums Eck.

Ah ja, ehe ichs vergesse: vor kurzem hat J. einen roten Knopf hinter ihrem Bett gedrückt, der ganz offensichtlich kein Lichtschalter war und jetzt mysteriöserweise feststeckt. Wir erwarten jeden Augenblick, dass die Volksbefreiungsarmee, die Polizei, der Geheimdienst oder gar die Hausverwaltung das Appartement stürmt. Bis dato ist noch alles ruhig.


Netter Versuch.

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