Dienstag, 22. Juli 2008

BuLi# 2: LASK vs. Austria Wien

Es ist ein interessantes Phänomen, das sich immer wieder beobachten lässt:

Da erleidet man die schwerstmögliche Niederlage, ist niedergeschmettert, am untersten Boden angekommen. Es scheint, als gäbe es aus der Abwärtsspirale kein Entrinnen. Doch genau da passiert es: von der lähmenden Unsicherheit, ob der drohende totale Absturz eintreten wird oder nicht, durch eben diesen befreit, ist da plötzlich ein neuer, trotziger Stolz. Die Ärmel werden hochgekrempelt, man besinnt sich auf vorhandene Stärken und es wird an die Wiedererrichtung des niedergeworfenen Selbstvertrauens gegangen. Das funktioniert natürlich insbesondere dann gut, wenn man, um nun die hier interessierende Bühne des Fußballsports zu betreten, einen Gegner hat, der diesen Effekt sträflich unterschätzt.

Die Wiener Austria war nach der Europacup-Blamage von Kostanaj (Kasachstan) am Boden. Nichts geht mehr bei den Veilchen, so schien es. Doch dann kam das vorgestrige Spiel gegen den LASK auf der Linzer Gugl und der tat den Gästen diesen entscheidenden Gefallen: Es nicht hinreichend auf der Rechnung zu haben, dass ein Gegner, der zweifellos seine Qualitäten und Mittel hat, grimmig entschlossen sein muss, sich nach einem derartigen Waterloo seinen Stolz wiederzuerobern.

Von der ersten Minute an machte die Austria entschlossen Druck, betrieb energisch Forechecking. Die spielerischen Akzente, die die Wiener setzten, waren dabei keineswegs berauschend, aber der Wille war es. Zudem waren die Austrianer von ihrem Trainer Karl Daxbacher gut aufgestellt. Mit Sun Xiang hatte er den bisherigen Unsicherheitsfaktor aus dem Defensivverbund genommen, auf der linken Mittelfeldseite machte der elegante Chinese eine deutlich bessere Figur. Auf der frei gewordenen Verteidigerposition spielte Mario Majstorovic stark und wurde schließlich sogar zum Siegtorschützen. Vorne wiederum zog ein stets brandgefährlicher Rubin Okotie weit mehr defensive Aufmerksamkeit der Athletiker auf sich, als denen lieb war.

Der LASK, der nach zwei Auswärtssiegen gegen klare Abstiegskandidaten von den Medien verfrüht in den Himmel gehoben und zum Favoriten erklärt worden war, reagierte auf die starke Austria zunächst mit Überraschtheit, dann mit Frust bis an die Grenze zur Arbeitsverweigerung. Pampiger Trotz wegen nicht eingetretener Erwartungen war das, was da zu sehen war. Die Schwarz-Weißen schlugen hart gegen den Boden der Realität und hatten da kein Mittel parat. Beim LASK lief im Grunde genommen gar nichts zusammen. Spielmacher Ivica Vastic kam nie wirklich in die Begegnung, was aber wohl weniger an seiner eigenen Verfassung, als vielmehr daran lag, dass er im Mittelfeld seiner Mannschaft hoffnungslos alleine gelassen wurde. Seine Nebenspieler erwiesen sich als völlige Vorgabe, nur der altgediente Panis rackerte halbwegs brav im defensiven Mittelfeld - und stand dennoch auf verlorenem Posten. Hinten markierten die Aussenverteidigerpositionen veritable Bruchstellen im LASK-Gefüge, durch die die Austrianer immer wieder mit Freuden marschierten, und als dann schließlich auch noch Keeper Silvije Cavlina (wieder) einmal auf der Linie kleben blieb, stand es 1:0 für Violett. Der Vorsprung hielt und führte zum gleichlautenden Austria-Erfolg.

Die Austria hat zweifellos davon profitiert, dass ihr Trainer den Gegner aus dem Effeff kennt (womit sich der Überlauf wieder einmal bezahlt gemacht hat). Sie hat aber auch den eigenen Stolz mobilisiert und es gleichzeitig mit einem Gegner zu tun gehabt, der dies auch zugelassen hat. Weil der in der gegenteiligen Verfassung war als die Austria, indem er sich einen Status zuschrieb, der mehr war, als es der nüchternen Realität entsprach. Und mit Selbstüberschätzung ist gegen neu erwachendes Selbstvertrauen kein Staat zu machen.


Die Austria im kleidsamen BZÖ-Orange von rechts nach links, der LASK in Schwarz-Weiß im Rückwärtsgang.

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