Donnerstag, 4. Februar 2010

Steuersünder und Sündenfälle

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt. Wer die Infrastruktur eines Landes nutzt, seine Straßen, seine Schulen, sein Rechtssystem, seine Sicherheitsbehörden, seine kulturellen, sozialen und sportlichen Einrichtungen, der ist auch verpflichtet, Steuern zu bezahlen. Wer dies nicht tut, handelt unsolidarisch und eigensüchtig und soll dafür auch zur Rechenschaft gezogen werden.

Insofern ist es verständlich, dass es vielen auf den ersten Blick verlockend erscheint, wenn eine Regierung einen Pakt mit Datendieben eingeht, um Beweise für großangelegte Steuerhinterziehung
zu erlangen.

Es ist trotzdem grundfalsch.

Denn ein Staat, der selbst an kriminellen Machenschaften teilnimmt, der ein kriminelles Milieu fördert, um kriminelle Machenschaften zu bekämpfen, verliert seine Glaubwürdigkeit, ja seine Rechtfertigung in diesem Kampf.

Das wäre in etwa so, wie wenn jemand reihenweise Wohnungen ausräumt, um mit dem Erlös ein Waisenhaus in Haiti zu bauen. Man kann die Motive billigen, aber nicht die Mittel.

Insbesondere dann, wenn der Geruch einer reinen Geldbeschaffungsaktion in der Luft liegt. Die liberalpopulistische FDP hat den deutschen Wählern mit dem Versprechen von Steuersenkungen den Mund wässrig gemacht. Und das in Zeiten von klammen Kassen.

Jetzt will der liberale Traum auch finanziert werden. Da kommen die Angebote Schweizer Datengangster der deutschen Bundesregierung gerade recht. Eine sonderbare Allianz entsteht: Die sonst eher als Lobby der Steuerunwilligen auftretende FDP legt sich dem Datenklau nicht in den Weg, die sich gerne als Law-Order-Partei gerierende CDU/CSU trägt ihn mehrheitlich mit, das alles begleitet von lautstarken Anfeuerungsrufen der Linkspopulisten. Pecunia non olet.

Dabei stinkt es zum Himmel, wenn dem wichtigsten Gedanken jedes staatlichen Strafens Schaden zugefügt wird: jener der Prävention von Straftaten - sämtlicher Straftaten.

Steuerhinterzieher wird es wohl immer geben und sie werden es wohl immer schaffen, Beträge am Fiskus vorbeizuschleusen. Wenn nicht über die Schweiz, dann über andere Kanäle. Aber, wenn der Staat selbst mit Daten hehlt, dann stellt das die gesamte Rechtsordnung in Frage, weit über das Steuerstrafrecht hinaus: Wer sich selbst nicht an das Recht hält, kann sich auch nicht zum Richter erklären.

Wer eine Nachfrage schafft für Datendiebe, der schafft auch ein Angebot. Da der Handel mit gestohlenen Bankdaten selbstverständlich verboten ist, droht die Entstehung krimineller Organisationen. Dass dadurch auch das Vertrauensverhältnis zum anderen Staat auf das Schwerste erschüttert wird, sei nur am Rande erwähnt.

Dass einem die Schweizer trotzdem nicht sonderlich leid tun müssen, hat damit zu tun, dass sich die Eidgenossenschaft selbst genug zu schulden kommen lässt. Wer Bürgern fremder Staaten Beihilfe bei der Hinterziehung von Steuern leistet, verhält sich mindestens genauso schändlich, wie jene, die die Bankdaten stehlen und hehlen.

Aber aus mehrfachem Unrecht wird kein Recht. Mehrfaches Recht wäre das, was es anzustreben gälte.

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  Danke an Alex P.!