Freitag, 3. Juni 2011

Doppelpass am Schuldenberg

Der Staub des Champions League-Finales vom vergangenen Samstag hat sich gesetzt, die freudigen "Ohs" und "Ahs" der Sportjournalisten sind verklungen. Fürwahr, der FC Barcelona hat großartigen Fußball gespielt. In dieser Mannschaft stehen nicht nur einige der besten Fußballer der Welt, sie wurden auch in einem perfekt funktionierenden System eingewoben. Das Selbstvertrauen, das die traditionsreichen blau-roten Dressen verleihen, mag zusätzlich eine gewisse Rolle spielen. Und, der FC Barcelona verfügt über eine exzellente Jugendarbeit und hat in der Vergangenheit in dieser einige sehr gute Entscheidungen getroffen. Als zB der kleine Messi noch kein Über-Spieler, sondern "nur" ein riesiges Talent mit Wachstumsstörungen war, hat man ihn aufgenommen und in ihn investiert.

Keine Wolke trübt also die strahlende Überlegenheit des FC Barcelona? Nunja, ganz so ist es nicht. Der Verein hat fast eine halbe Milliarde Euro Schulden. Damit unterscheidet er sich nicht wesentlich von vielen anderen Großklubs in Europa. Und die Schuldenberge wachsen. 2009 wiesen Europas Fußballvereine einen Gesamtverlust von 1,2 Milliarden Euro aus.

Man könnte jetzt einwenden, dass die Schuldenanhäufung keine Rolle spielt, solange der FC Barcelona solvent ist und die Gläubiger geduldig sind, weil man doch einen FC Barcelona sowieso nicht wird sterben lassen. Außerdem sei es grundsätzlich auch einem Wirtschaftsunternehmen nicht verboten, Außenstände zu haben, so lange die Raten pünktlich bezahlt werden.

Dabei werden aber ein paar wesentliche Aspekte übersehen. Erstens ist sportlicher Erfolg und sind die damit verbundenen Einnahmen naturgemäß schwer vorhersagbar. Unglückliche Schiedsrichterentscheidungen, Konflikte in der Mannschaft, eine Verletzungswelle können auch einen Meisterschaftsfavoriten um die Europacupteilnahme bringen, die in den Bilanzen schon fix eingeplant ist. Auch das globale Wachstum des großen Fußballgeschäfts muss nicht zwangsläufig so weiter gehen. Hinzu kommt, dass in den letzten zehn Jahren viele Gönner und Mäzene auf der internationalen Fußballbühne aufgetaucht sind, die massenweise privates Geld in "ihre" Klubs stecken. Das treibt die Spielergehälter und Transfersummen weiter in die Höhe.

Aber auch, wenn man davon ausgehen sollte, dass das zumindest dem FC Barcelona, der inoffiziellen Nationalmannschaft Kataloniens, nie wirklich gefährlich werden kann, so gibt es noch einen weiteren, wichtigen Aspekt: Vereine, die viel mehr ausgeben (können) als sie einnehmen, verschaffen sich in laufenden Bewerben einen klaren Wettbewerbsvorteil. Das ist schlicht unfair. Ein Sport, der sich dem Fair Play verschreiben will, kann das auf Dauer nicht tolerieren. Es verhält sich ähnlich wie beim Doping: Auch hier sind einerseits die unabwägbaren Risken für denjenigen zu bedenken, der mit allen Mitteln danach trachtet, sich Vorteile zu verschaffen. Andererseits dürfen Wettbewerbsverzerrungen nicht übersehen werden, die durch solche Praktiken entstehen. Es kann nicht sein, dass auf Dauer jene die Siege und Pokale gepachtet haben, die eine ungesunde Entwicklung voran treiben.

Das neue UEFA-Lizenzierungsverfahren, dass 2012/2013 in Kraft tritt, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wichtig ist aber, dass die Regeln auch streng und konsequent angewendet werden. Und dass es auf Dauer auch keinen Sonderschutz für Traditionsvereine gibt.

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