Samstag, 3. Oktober 2015

Ohren(ge)fälliges: Monatsmeister des Monats Juni 2015

Will Varley - King For A King
London, England
Gewonnene Ränge: +8

Ja, der Juni ist lange vorbei. Aber weil sich auf diesem Blog zuletzt nicht mehr viel getan hat, sind auch die Monatsmeister in Stocken geraten.

Es war eine Zeit, die den Blick auf andere Aufgaben gerichtet hat als jene, für eine wohl mittlerweile sehr überschaubare Gruppe von Menschen ein paar Zeilen in ein Weblog zu hauen.

Dabei rede ich gar nicht von Aufgaben im Rahmen großer gesellschaftlicher Zusammenhänge, ich rede von ganz privaten Herausforderungen. Eine zähe Viruserkrankung musste viele Wochen ausgestanden werden. Eine Hochzeit durfte unmittelbar darauf gefeiert werden. Mein Kind ist acht Monate alt und bekommt zu Recht ein hohes Maß an Aufmerksamkeit.

Irgendwann beginnt man an den Fingern abzuzählen, was sich ausgeht und was nicht (mehr). Zeitmäßig. Energiemäßig. Und Motivationsmäßig. Als ich krank darniederlag und zu Anfang auch in Ermangelung einer Diagnose gar nicht wusste, wohin das überhaupt führen würde, war für mich zunächst ganz klar: das Blog fällt. Es kostet zu viel Kraft, um hier noch halbwegs herzeigbare Resultate zu produzieren. Ich kann den Sinn davon oft nicht mehr fassen.

Und jetzt? Ich bin noch in einer "Schaun wir einmal"-Phase. Feststeht, dass das Blog nicht mehr in der Intensität weiter betrieben werden wird wie noch in der ersten Hälfte dieses Jahres (die bereits eine gemilderte im Vergleich zu früheren Jahren mit ihren täglichen Postings war). Aber, es gibt ja Feedreader und die Möglichkeit, über Posts verständigt zu werden. Also geht das schon.

Und um jetzt ganz aufzuhören, bräuchte ich die Inspiration zu einem großartigen, alles subsummierenden Abschlusstext. Oder zumindest nahe dran. Und die habe ich nicht, also kein Abschlusstext und kein Abschluss.

Beziehungsweise, um einen positiveren Grund zu nennen: es hängen auch liebgewonnene Gewohnheiten dran. Zum Beispiel der Monatsmeister.

Im Juni war es Will Varley´s Track "King For A King" und das erscheint wie ein Omen zu den Überlegungen, die mich in der Folge ereilt haben. Immerhin handelt der Folk-Song vom individuellen Leben, vom Geboren- und Erwachsenwerden, von den Prioritäten, die sich in den existenziellen Momenten herauskristallisieren. Die da sind: alles aus jedem Augenblick zu holen und dabei aber zuerst die Beziehungen zu den nächsten Menschen im Blick zu haben.

Das hat nichts mit Rückzug ins Private, mit Neo-Biedermeier zu tun, sondern mit der Frage, was eine gesunde Basis für unser Tun darstellt. Will Varley ist ein politischer Künstler, er hat schon einmal sehr gekonnt die Weltgeschichte in einen Song gepackt ("Weddings And Wars") oder ist bei Occupy London aufgetreten. Auch in "King For A King" übt er dezent Systemkritik. Aber die Qintessenz ist eine nicht-politische, eine ganz ehrlich-persönliche. Und das macht den Song so beeindruckend.

Will Varley beweist hier wieder Songwriting auf hohem Niveau. Hat er bei "Weddings And Wars" die Menschheitsgeschichte erstaunlich schlüssig in einem Musikstück untergebracht, so gelingt ihm dies nun mit der Lebensgeschichte eines Einzelnen.

Will Varley - King For A King (freier Download, mit zwei weiteren Tracks von der EP "Advert Soundtracks", via Newsletter-Bestellung)

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