Träume, die sind natürlich etwas Zweischneidiges. Auf der einen Seite sind wir Träumer, weil wir unsere Wünsche, Vorstellungen, Visionen in uns und mit uns tragen. Weil wir uns die Wirklichkeit in unserem Kopf zurecht bauen, sie konstruieren, quasi erträumen, uns Ziele und schöne Anreize imaginieren. Andererseits gibt es die dunkle Seite der Traumwelt, wo wir mit unseren Ängste konfrontiert werden, wo ungeheuerliche Emotionen und Reaktionen lauern.
Diese beiden Reiche liegen nah beieinander. Sie grüßen sich über den Styx des Verdrängens hinweg, nicken sich unaufhörlich gegenseitig zu. Wenn dann die schönen Träume der Realität nicht standhalten, werden die Alpträume sicht- und fühlbar. Und manchmal vermeint man auch, dass es am besten wäre, es würde einen jemand zwicken, damit man aufwacht. Dabei ist es ja echt.
Stuart Staples von den Tindersticks will eigentlich nicht aufwachen. Wie er auf halber Strecke in "We Are Dreamers!" bekennt, will er gerne weiterträumen. Wir sind doch nur Träumer, deklamiert er, lasst uns das doch sein! Und dabei wird er auch noch von der famosen Stimme von Jehnny Beth (Savages) unterstützt.
Dabei rüttelt und schüttelt es am mentalen Gebilde, irgend etwas ist an der Tür, will hinein, raunt suggestive Botschaften. Der Träumer ist dafür empfänglich. Das ist bedrohlich, er wird sich dem stellen müssen.
"We Are Dreamers!" ist ein kleines Meisterwerk der dunkel-traumhaft-verwobenen Atmosphärik. Düsteres Trommeln, metallisches Ächzen im Gebälk, Gitarren, Streicher, zaghafte Bläser, dann blinken auch Keyboard-Tupfer in der Finsternis auf, bilden einen perlenden Bewusstseinsstrom. Die Gesangs-Harmonien von Staples und Jehnny Beth sind der glanzvolle Kern des Stückes, kunstvoll wachsende Nachtschattengewächse. Kein reiner Wohlklang, aber sinistrer Schönklang. Ein wenig Wagneresk vielleicht sogar.
Mit dieser Aufnahme kommen die Tindersticks einmal ganz nahe an ihre überragenden Live-Eindrücke heran.
Tindersticks - We are dreamers! from La Blogotheque on Vimeo.
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