Dienstag, 7. Januar 2014

Österramsch

Wer mich kennt, weiß, dass man mich schwerlich als Hurrapatrioten bezeichnen kann. Auch die Ehrfurcht vor nationalen Symbolen hält sich bei mir gefühlsmäßig prinzipiell eher in Grenzen. Damit ich hier jetzt nicht falsch verstanden werde: Ich bin schon ganz gerne Österreicher (alles andere wäre meines Erachtens vermessen), aber mit rot-weiß-roten Fahnen, Hymne und Bundesadler habe ich es normalerweise nicht so.

Umso erstaunlicher ist es, dass mich in letzter Zeit ausgerechnet beim Genuss von Sportveranstaltungen mit österreichischer Beteiligung immer häufiger regelrechte Gefühlswallungen patriotischer Art erfassen.

Das hat aber kaum etwas mit einem Haken von Alaba oder einem Telemark von Diethart zu tun. Eher damit, dass ich feststellen muss, dass es offenbar irgend jemandem gelungen ist, zehntausenden österreichischen Sportfans Flaggen in die Hand zu drücken, die unserer Nationalflagge täuschend ähnlich sehen. Nur, dass da zwischen den roten Balken kein Bundesadler seine Schwingen ausbreitet, sondern das Logo eines großen Bierherstellers prangt. Es handelt sich mithin nicht um österreichische Symbolik, sondern vielmehr um Werbeflächen, die sich des österreichischen Nationalgefühls bedienen, um den Absatz anzutreiben. Was sie uns damit sonst noch sagen wollen? Vielleicht, dass Österreich ein Land der Kampftrinker ist?

Nun ist es ja so, dass die Herabwürdigung nationaler Symbole eigentlich streng verboten ist (vgl. das Strafgesetzbuch). Allerdings ist der einschlägigen Tatbestand nicht weit genug gefasst, dass er den beschriebenen Marketingfeldzug strafbar machen und ihm damit einen Riegel vorschieben könnte. Hinzu kommt, dass die Landsleute sich offensichtlich selbst nicht mehr ganz so sicher sind, ob das Zeichen der Republik jetzt ein Adler mit gesprengten Ketten oder nicht doch eher ein Bierfass ist - so eifrig, wie die ausgegebenen Fahnen geschwungen werden. Und lustiger noch: auch der Trainer der österreichischen Skispringer wachelt schon mal mit der Werbeflagge für den Bierbrauer in rot-weiß-roter Optik.

Brauchen wir das? Ich meine, wir als Gemeinschaft ganz sicher nicht. Die Sportverbände und
-veranstalter andererseits werden vermutlich ihren Nutzen aus der Sache ziehen. Nur, wenn wir schon den Sportverbänden mit Steuergeldern unter die Arme greifen, können wir dann nicht auch erwarten, dass sie und die mit ihnen verbandelten Sponsoren unsere nationalen Symbole in Ruhe lassen?

Vielleicht bin ich auch nur zu naiv, um zu verstehen, dass man heutzutage einfach alles vermarkten und verscherbeln muss. Schließlich ließe sich das Konzept ja wunderbar erweitern. Warum nicht statt unserer musikalisch ohnehin nicht wahnsinnig packenden Bundeshymne bei Sportveranstaltungen den Werbejingle eines großen Waschpulverherstellers spielen? Oder: warum nicht zukünftige österreichische BundespräsidentInnen bei der Neujahrsansprache in das Clownskostüm eines weltweiten Burgerbraters packen?  Unendliche Möglichkeiten.

Keine Kommentare:

Amnesty informiert: Menschenrechtsmusik V

Auch dieses Jahr stellen wir wieder aktuelle Musik mit Bezug zu Menschenrechten vor. Zum 5. Mal dabei und mittlerweile ein Fixpunkt in unse...