Freitag, 30. Mai 2014

Rückblog # 7: Am liebsten gehörtes Musikalbum 2013, Jahresumfrage

A.P., Wirtschaftsprüfer, OÖ: "Diverse - Ballermann Hits 2013 - XXL Fan Edition "

C.B., Sozialarbeiterin, OÖ: "Mono & Nikitaman - Live!"

Ein Winzer, Blogger, OÖ: "Two Gallants - The Bloom and the Blight"  

F.A., Klavierlehrer und Organist, OÖ: "Richard Wagner - Die Meistersinger von Nürnberg (Deutsche Oper Berlin / Jankowski)"

G.P., Meteorologe, Bayern: "Francis International Airport - Cache"

G.Z., Sozialwirt, Wien: "Alle Farben - Essential Colours (DJ Mix)"

H.W., Universitätsprofessor, Wien: "Eric Clapton - Money & Cigarettes"

I.W., Soziologin, Wien: "Jonas Kaufmann - Wagner"

J.R., Lektor, Wien: "Sharon Jones & The Dap Kings - I Learned The Hard Way "

M.K-M., Filmemacher, OÖ: "Johnny Cash - American V: A Hundred Highways"

S.B., Studentin, OÖ: "Claude-Michel Schönberg/Alain Boublil - Les Misérables"

S.F., Lehrerin, OÖ: "Coldplay - Live 2003"

T.P., Journalist, OÖ: "Garish - Trumpf"



Nächstes Mal im Rückblog: Am liebsten gehörtes Musikstück 2013, Jahresumfrage.

Montag, 26. Mai 2014

Europablindheit

Es war gut gemeint, aber es hat nicht wirklich verfangen. Ich rede von der Idee, europäische Listen zu bilden und europäische Spitzenkandidaten aufzustellen.

Schaut man sich jetzt die mediale Berichterstattung in Österreich an, so gewinnt man den Eindruck, dass es bei der EU-Wahl um Fragen gegangen ist wie: Bleibt die ÖVP erste (ja, und sie grinst wie ein Ertrinkender, der noch einen Strohhalm zu fassen bekommt)? Können die NEOS die Grünen überholen (Nein, denn sie haben den Fehler gemacht, zu glauben, dass die Leute sie um ihrer selbst willen wählen)? Kann die Strache-FP die Reste des BZÖ und der Liste Martin inhalieren (ja, natürlich)?

Dabei sind das alles komplette Nebensächlichkeiten, die mit den eigentlichen Aspekten dieser Wahl fast nichts zu tun haben. Denn die Wahl ist eine europaweite, sollte es zumindest sein. Nur merkt man nach wie vor wenig davon. Auch im politisch interessiert-gebildeten Freundeskreis im "Sozialen Netzwerk" geht es eher um Fragen wie der Anteil der FPÖ unter den Jungwählern oder NEOS vs. Grüne. Das eigentliche Ergebnis dieser Wahl, dass wir nämlich voraussichtlich - leider - wieder einen konservativen Kommissionspräsidenten bekommen werden, scheint keinen zu interessieren.

Solange aber sogar die Europabefürworter in nationalen Kasteln denken (müssen?), wird aber Europa nicht wirklich funktionieren. Daher bräuchte es - zumindest in der Theorie - eine echte Demokratiereform mit einer echten europäischen Regierung, eine Entmachtung des Rates mit seinen Jekyll-and-Hyde spielenden Regierungsvertretern, einer Zwei-Kammern-Legislative, in der die eine Kammer über wirklich übernationale Listen ohne allzu starr vorgegebenen nationalen Proporz beschickt wird.

Zu befürchten ist aber nur, dass in Zeiten, in denen UKIP, Front National und Co die gemäßigten Kräfte vor sich her treiben können, derartige Idealvorstellungen nicht sehr nahe an der Realität der Umsetzung gebaut sind.

Sonntag, 25. Mai 2014

Rückblog # 6: Bester Film, 2013 im Kino gesehen, Jahresumfrage

Auch so ein Faktor, warum es dieses Blog noch gibt: die Jahresumfrage 2013. Es haben sich wieder so viele Menschen beteiligt, dass man diesbezüglich fast von einer Trendwende sprechen muss. Ich bin also erfreut, (endlich) die Ergebnisse zu präsentieren.

Wir beginnen mit dem besten Kinofilm des Jahres.


A.P., Wirtschaftsprüfer, OÖ: "Jon Turteltaub - Last Vegas"

A.W., Kreativer, Wien: "Ron Howard - Rush" sowie "Roman Polanski - Venus im Pelz"

C.B., Sozialarbeiterin, OÖ: "Peter Jackson - Der Hobbit - Smaugs Einöde"

E.H., Sachbearbeiterin, NÖ: "Bora Dagtekin - Fack ju Göhte"

Ein Winzer, Blogger, OÖ: "Michael Haneke - Amour"  (Ranking.)

G.Z.,Sozialwirt, Wien: "Alfonso Cuarón - Gravity"

H.W., Universitätsprofessor, Wien: "Woody Allen - To Rome With Love"

I.W., Soziologin, Wien: "Dustin Hoffmann - Quartett"

J.R., Lektor, Wien: "Denis Villeneuve - Prisoners "

M.K-M., Filmemacher, OÖ: "Tobias Müller - Sauacker"

S.A., Juristin, Wien: "Margarethe von Trotta - Hannah Arendt" sowie "Nicole Holofcener - Enough Said"

S.B., Studentin, OÖ: "Michael Haneke - Amour"

T.P., Journalist, OÖ: "Alfonso Cuarón - Gravity"


Michael Haneke und Alfonso Cuarón teilen sich also die Ehre der meisten Nennungen. Danke auch an S.A., dass sie Werke von Regisseurinnen genannt hat. Der Mangel an wahr genommenen weiblichen Kräften in diesem Feld macht mich schon einige Zeit nachdenklich.


Nächstes Mal im Rückblog: Am liebsten gehörtes Musikalbum 2013, Jahresumfrage.

Freitag, 23. Mai 2014

Amnesty informiert: Fair Play? Menschenrechte in Brasilien

Brasilien hat in den vergangenen Jahren eine beachtliche wirtschaftliche Entwicklung hingelegt. Doch Proteste gegen soziale Missstände sind derzeit weit verbreitet. Wie sieht es in Brasilien mit den Menschenrechten aus?

Dieser Frage widmet sich diese Ausgabe von "Amnesty informiert". Anhand des letzten Amnesty-Jahresberichtes und anderer Amnesty-Quellen haben wir uns angesehen, was die großen Problemfelder sind. Aber auch, wo es womöglich positive Entwicklungen zu berichten gibt. Im letzten Teil der Sendung gibt es dann den bewährten Block mit aktuellen Meldungen aus der Welt der MR.

Gestaltung und Moderation: Martin Walther

Amnesty informiert: Fair Play? Menschenrechte in Brasilien


Mittwoch, 21. Mai 2014

Samstag, 17. Mai 2014

In Concert # 44: Everlast, 10.5.2014, Posthof, Linz

Am Vorabend ist er im "Hintern des Teufels" (übersetztes Zitat) aufgetreten. Nice crowd, aber leider viel zu heiß. Im Posthof ist das anders, hier fühlt es sich luftig und frisch an, wie unter den Fittichen von Engeln. Erik Schrody ist gerne hier, sagt er.

Überhaupt, die Körperlichkeit und ihre Hinfälligkeit, ihre Vergänglichkeit. Irgendwie ist dieses Thema an diesem Abend im Posthof präsent. Den Bühnenraum dominiert ein Transparent, auf dem unter dem Namens-Schriftzug "Everlast" ein barocker Vanitas-Totenkopf abgebildet ist. Everlast, das heißt ja so etwas wie immerwährend. Aber um auszuhalten, muss der so benannte Künstler hart arbeiten. Eine ganze Reihe von Getränkebehältnissen zirkuliert in scheinbar gleich bleibender Abfolge zwischen jedem Stück zu seinem Mund. Das mache er freilich nicht zum Spaß, betont der Mann mit der künstlichen Herzklappe. Angeblich ist es Whisky, aber das kann man hinterfragen.

Die Arbeit lohnt. Der Everlast-Bariton ist uns schon vor der Eingangspforte zum Mittleren Saal wohl klingend und unverwechselbar entgegen gekommen. Drinnen ist es gesteckt voll, der Saal erscheint für den Anlass fast unterdimensioniert, quillt über. Herr Schrody hat sich durch seine diversen Wandlungen zwischen Hip-Hop und Singer/Songwriter hindurch eine beachtliche Fanbasis erarbeitet und auch bewahrt. Hits wie "What It´s Like" oder das Grammy-bedachte "Put Your Lights On" (mit Carlos Santana) haben da geholfen. In den Nullerjahren benannte man das, was Everlast machte, mit dem hilflosen, unglücklichen und zu Recht verstorbenen Ausdruck "Crossover".

Nun kondensiert er sein Lebenswerk mit Hilfe einer akustischen Gitarre, begleitet alleine von einem Keyboarder. The Life Acoustic heißt das zur Tour gehörige Plattenwerk. Blues, Soul, Folk, Country, Rockabilly, Hip-Hop, all das diverse Inventar aus des Künstlers Schaffen, findet hier seinen Platz, gerinnt zu derartigen Klängen. Naturgemäß kommt er mit seiner Akustischen freilich auf dem bluesigen, folkigen oder souligen Terrain besser voran, als etwa bei Nummern, die originär dem Hip-Hop oder auch Rock entstiegen sind.

Everlast beginnt mit ruhigem Blues-Geschrammel, arbeitet sich dann langsam zu den emotionalen Höhepunkten vor. Bei "What It´s Like" gehen zwar nicht die Feuerzeuge, aber die leuchtenden Handy-Displays in die Höhe, ein Brauch, der immer seltener zu beobachten, aber unter Everlast-Anhänger offenbar noch nicht ganz verpönt ist. Den Refrain darf das Publikum gleich selbst übernehmen. Der Mann auf der Bühne weiß, was er seinen Sympathisanten schuldig ist. Bei einer ziemlich werkgetreuen Darbietung des "Folsom Prison Blues" gerät der Saal vollends in Wallung. Vor den Zugaben gönnt sich Erik Schrody eine etwas längere Rekonvaleszenz-Phase, während der sein Keyboarder solo und etwas zu lange drauf los orgelt. Zurück auf der Bühne beschwört er mit "Lean On Me" das Gemeinschaftsgefühl und hat die anwesende Menschengruppe mit ihrer Aufmerksamkeit wieder an Bord.

Die Umsetzung der Titel ins Feld des Akustischen erscheint unterschiedlich. "White Trash Beautiful" gerät schön und lyrisch, bei "Black Jesus" gehen einem doch ein wenig die Bässe ab, "Put Your Lights On" hingegen wirkt würdevoll und lässt nicht allzu viele Wünsche offen. Ganz zum Schluss darf auch der alte House of Pain-Hit "Jump Around" - auch den Hip-Hop-Nichtauskennern bekannt aus über 20 Jahren Funk- und Fernsehgeschichte - nicht fehlen. Nur, Everlast macht hier nicht den Fehler, wie wild auf seiner Gitarre herum zu hämmern, um so etwas wie das Mimikry des ursprünglichen Bassbeats hervor zu bringen. Er lässt es, wie meist an jenem Abend ruhig angehen, bietet eine runter gedrosselte, geradezu introvertierte Version im Reggae-Folk-Modus. Ein Ahnung von Härte und Aggressivität kommt an jenem Abend nur bei der rebellisch-widerständigen Nummer "Stone In My Hand" auf, die Everlast, wenn ich das richtig gehört habe, der Ukraine widmet.

Nach nicht viel mehr als eineinhalb Stunden ist der Auftritt vorbei. Man hat dennoch nicht das Gefühl, unangemessen verkürzt worden zu sein. Zu souverän, zu ernsthaft, zu fokussiert, zu reif war das Dargebotene.

Wer sich der Vergänglichkeit seiner selbst und der eigenen Werke bewusst ist, der altert womöglich besser, würdiger. Auch und gerade, wenn er den Namen Everlast trägt.





Donnerstag, 15. Mai 2014

Ohren(ge)fälliges: Monatsmeister des Monats April 2014

James Bay - Need The Sun To Break

Hitchin, Hertfordshire, England
Gewonnene Ränge: + 7

Wie stoßt ihr eigentlich auf neue Musik?

Das Internet verschafft einem ja manchmal diese Vorstellung, dass man Künstler schon entdecken kann, bevor sie ganz groß rauskommen. Das fügt dem Durchstöbern der endlosen Musikreservoirs in den Datenbanken der Welt einen gewissen zusätzlichen Reiz hinzu.

Freilich sind die Musiken, die man über die festen Kanäle, die man sich aus Gründen der Bequemlichkeit angelegt hat, neu hört, dann doch schon ziemlich vorselektiert. Da stecken schon sehr viele Leute dahinter, die das vor dir gehört, bewertet und gut geheißen haben, die das gar promoten, ja vermarkten (wollen). Und wenn man umgekehrt wirklich einfach herum streunen und zB auf Soundcloud unbekannte, obskure Tracks mit einer handvoll Clicks anhören würde, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass gerade das groß heraus kommt, doch äußerst gering.

Somit ist ist die beschriebene Vorstellung in Wahrheit doch eher eine Illusion. Und somit ist James Bay, auch wenn ihr von ihm mit ziemlicher Sicherheit noch nie etwas gehört habt (und übrigens zB auch noch keine Wikipedia-Seite finden werdet - da gibt es nur eine Bucht in Kanada), in Wahrheit nicht die ganz große Entdeckung, sondern einer, der schon sehr gut vernetzt ist, laut Medienberichten sein erstes Album in Nashville aufnimmt und auch schon einmal im Vorprogramm der Stones aufgetreten ist.

Aber immerhin hat der Umstand, dass er noch von sich reden machen muss, zur Folge, dass er seine gut gelungene Debüt - EP ganz kostenlos auf Noisetrade gestellt hat (Trinkgelder gehen ehrenwerter Weise an Water Aid UK). Und, die enthält unter anderem auch "Need the Sun To Break", diesen wunderbaren, sehnenden, akustischen Singer-Songwriter-Pop-Liebessong, den Bay mit seiner soulvollen Stimme ohne jegliche falsche Zurückhaltung vorträgt. Seine Gitarre hat außerdem die selbe Korpusform wie meine. Auf sowas achte ich jetzt seit Neuestem.


James Bay - The Dark of the Morning EP (Noisetrade)


Dienstag, 13. Mai 2014

Fair Planet 2014

Blendende Aussichten: am Wochenende wirds fair.



ACHTUNG: Fair Planet Fest am Samstag, den 17.5.2014 abgesagt! Für Ersatztermin bitte www.fairplanet.at beobachten.

Sonntag, 11. Mai 2014

GewinnerInnen der Jahresumfrage 2012-Preisauslosung # 1

Ich habe es verabsäumt, ein Foto zu machen. Und einen richtigen Text habe ich auch noch nicht parat. Zumal der auf eine Konzert-Rezension hinausläuft und das braucht noch etwas Zeit.

Zum Glück gibt es das billigste Stilmittel des modernen Hochgeschwindigkeits-Journalismus: aus den Sozialen Medien abkupfern.


Nur, um jetzt Missverständnisse auszuschließen: der "Eventbesuch nach Wahl" mit T.P. war nicht der Song Contest. Konzert-Rezension folgt dann einmal.

Samstag, 10. Mai 2014

Rückblog 2013 # 5: Beste Musikvideos 5-1

Das ist die letzte Folge meines persönlichen Jahresrückblicks. Das Rückblog wird in weiterer Folge mit der Veröffentlichung der Jahresumfrage fortgesetzt.

05




Dir. Hoku Uchiyama, Adam Bolt


04

 


Dir. Zooey Deschanel


03


ARCTIC MONKEYS [Why'd You Only Call Me When You're High?] from nabil elderkin on Vimeo.

Dir. Nabil


02



 Dir. Jim Demuth


01



Dir. Eric Wareheim

Mittwoch, 7. Mai 2014

In Concert # 43: Donaufestival, 25.4. + 26.4.2014, Krems/Donau, Teil 2

Samstag, der 26.4.2014. Der Techno-Abend des Donaufestivals.

Zuerst aber geht die Sonne auf, wenn sie auch noch etwas umwölkt ist, und wir in die Kunsthalle Krems. Mit dem Donaufestival-Ticket gibt es auch den freien Eintritt in die dortigen Ausstellungen. Wir sehen die interessanten, sozialkritischen Animationsfilme des Südafrikaners William Kentridge. Wir begutachten die Fineliner-auf-Wand-Zeichnungen von Constantin Luser und deren reizvolle dreidimensionale Pendants aus Draht, die im Naturlichtsaal von der Decke hängen. Dann widmen wir uns ausgiebig der Ausstellung "Zurück in die Zukunft. Von Tiepolo bis Warhol", in der die erstaunliche Sammlung Klüser mit Zeichnungen aus sechs Jahrhunderten zu sehen ist. Die Kunsthalle ist immer einen Besuch wert. Ich erstehe für einen Euro ein Restexemplar des Kataloges einer Ausstellung, die ich vor Jahren hier gesehen habe.

Die Sonne kommt gänzlich hervor, wir spazieren in die Hügeln von Krems. Während intensiver Sonnenschein auf den Ödflächen von großer Festivalgeländen normalerweise keine allzu gute Nachricht ist (Regen aber natürlich erst recht nicht), ist hier am Tor zur Wachau ein schönes Geschenk. Man wandert Richtung Weinberge oder auf die nächste Anhöhe, setzt sich dort auf eine halbschattige Bank. Das ist ein Festivalleben, wie ich es mir einreden lasse. Die Entfernungen zwischen den Festivalorten sind auch nicht groß und doch kann man ein wenig durch die Gassen gehen, sich etwa zwischen dem Konzert in der Minoritenkirche und einem solchen in der Messhalle ein wenig die Beine vertreten oder auch ein Lokal oder Kaffeehaus ansteuern. Und, falls es einem doch einmal reichen sollte: der Kremser Bahnhof ist auch nicht weit. Freilich: Krems ist schön, so schnell zieht es einen dann eh nicht fort. Aber, das dürfte ja bekannt sein.

In der Minoritenkirche (s. schon am 25.4.2014) geht es abends weiter. Das Programm ist umgestellt worden. Nicht wie ursprünglich angekündigt Dean Blunt tritt hier auf, sondern Vessel, ein junger Macher elektronischer Musik aus dem diesbezüglich notorischen Bristol. Anders als am Tag zuvor ist der Klangraum diesmal in Dunkelheit gehüllt. Keine Lichtblitze geistern hier herum, man sieht die Hand vor den eigenen Augen nicht. Hat sich das Sehorgan dann an die Lichtverhältnisse gewöhnt, blickt es auf eine Schattengestalt, die auf der gegenüber liegenden Seite der Kirche an einem hohen Pult werkt, das wie ein sinistrer Altar über den Raum blickt. Dass da jemand am Werken sein muss, hat man freilich schon geahnt, als man von außen das Scheppern am Mauerwerk der Minoritenkirche wahr genommen hat. Nun ist man mittendrin in einer von düsteren Beats und dunklen Bässen beherrschten Messe, bei der man nicht so recht weiß, welche Mächte da gerade angerufen werden. Die Melancholie des Sounds von Bristol ist sicherlich da, aber auch ein feierlicher Grundton, der an die in derartigen Räumen zu erwartende Orgel erinnert. Hörenswert in jedem Fall.

Während die meisten an diese Wochenende anwesenden Künstlerpersonen ganz im Schatten ihrer Klangerzeugnissse verweilen und sich auch bei Begrüßung und Verabschiedung ganz im Understatement üben, gibt sodann Vatican Shadow in der Messehalle eine Ausnahme. Wild zuckt er zu seinem harten, industriellen, aber nicht unbedingt überlauten Techno und schüttelt den Scheitel ekstatisch über sein Gesicht. Mit dem im Programmheft angekündigten "militant religiösen Marsch für den Dancefloor", den er angeblich aus "martialischen Rhythmen" und "kriegerischen Ikonographien" baut, hat das zwar nur bedingt etwas zu tun. Dafür gibt es aber als visuelles Treatment Pläne und Tabellen aus dem Flugwesen, Börsenkurse und Zusammenbau- bzw. Bedienungsanleitungen für Maschinengewehre. Kurzweilig.

Edgar Retro ist der heimische Beitrag zu diesem Wochenende. Ein Wiener Techno-Schmied mit kraftvollem, solid-sauberem Sound. Sein augenscheinlicher Job: den roten Teppich auslegen für ein mutmaßliches Vorbild, Jeff Mills. Sein Handlungsort daher nicht die große Bühne im Stadtsaal, wo für Mills aufgebaut worden ist, sondern ein DJ-Tisch an der Rückwand des Saals. Ein DJ zum Anfassen, beinahe. Und einer, bei dem man beobachten kann, wie auch der elektronische Musiker nicht bloß ein- und ausschaltet, sondern während des Auftritts so einiges ableistet.

Sogar Überstunden. Denn Jeff Mills lässt eine gute halbe Stunde auf sich warten, ehe er das Kommando übernimmt. In einen Trockeneisnebel gehüllt, entschädigt eine der lebenden Legenden des Detroit Techno dann aber mit einem sehr großen, sehr warmen und sehr runden Klang. Und einem sehr schönen. Gut möglich, dass das auch ziemlich hart und laut sein mag, aber in erster Linie erscheint er mir wie eine Wolke aus Sound, die einen weg trägt, komplett weg zoomt aus dem Hier und Jetzt in eine andere Welt, in der das ständige Mitdenken endlich einmal abgemeldet ist. Nicht nur die schier undurchdringliche Dicke des Klanges trägt dazu bei, auch die, selbst für Techno-Verhältnisse, enorme Repetitivität. Ich bilde mir zumindest ein, dass ich eine gute Stunde lang praktisch ein- und dieselbe Phrase gehört habe. Und das Erstaunliche: es hat mir nichts ausgemacht. Ein Auftritt, der bei mir noch vorhandene Rest-Klischees über Techno ein Stück weit über den Haufen geworfen hat.

Den stundenlangen Jeff Mills-Härtetest, freilich, unternehme ich dann doch nicht. Drüben in der anderen Halle spielen die Ninos Du Brasil und da bin ich doch zu neugierig. Diese italienische Band mit Mastermind Nico Vascellari mischt brasilianische Rhythmen mit Techno und das Ganze mit Punk. Um diesen sehr spezifischen Sound zu generieren, wird auf der Bühne hart gearbeitet und werden zwei Schlagzeuge intensivst bearbeitet. Das Ergebnis ist durchaus tanz- und anhörbar, aber nicht ganz so aufregend wie es in seiner Beschreibung klingt.

Vielleicht bin ich aber auch schon zu ermüdet vom langen Festivaltag, um den brasilianischen Karneval noch erfassen zu können. Wir wollen dann eigentlich auch schon fast gehen, aber noch hält uns etwas zurück: Ron Morelli. Der schafft es mit seinem abwechslungsreich-unterhaltsamen, in die Beine gehenden und irgendwie Fröhlichkeit induzierenden Mix, noch einmal die allerletzten Aufmerksamkeitsreserven wachzuküssen.

Dann ist es aber Zeit, das letzte der wenigen, weil teuren, Biere auszutrinken, ein gar nicht teures Festivalshirt zu kaufen (das ich am Heimweg dann vorübergehend im dunklen Stadtpark verlieren werde) und geplättet von all den Eindrücken heim zu wanken. Sonst noch auffällig: an diesem zweiten Tag hatten wir die Acts mehr für uns,die Hallen waren spärlicher besetzt. Die Sehen-und-Gesehen-werden-Kunst-Crowd aus Teil 1 machte sich am Techno-Tag eher rar, der durchschnittliche Besucher einen im Vergleich geerdeteren Eindruck.

Das Donaufestival. Wieder einmal war es spannend, anregend, Horizont erweiternd. Wer davor nicht scheut (und das sollte ja eigentlich keiner), der sollte unbedingt selbst einmal hinfahren.

Montag, 5. Mai 2014

In Concert # 43: Donaufestival, 25.4. + 26.4.2014, Krems/Donau, Teil 1

Ich halte eine neue Gitarre in Händen. Meine erste eigene, nicht-geliehene Gitarre. Es ist eine Westerngitarre in Grand Auditorium-Form mit Cutaway. Ich freue mich.

Dass ich am Wochenende vor dem Gitarrenkauf am Donaufestival in Krems war, hängt mit diesem nicht ursächlich zusammen. Denn, obwohl diese Veranstaltung (vor allem) auch ein Musikfestival ist, kam an den beiden Festivaltagen 25. und 26.4. keine einzige Gitarre zum Erklingen. Nichts dergleichen. Nada. Das Wochenende stand ganz im Zeichen elektronischer Beats und Sounds.

Dabei hat sich das Donaufestival nicht per se der Elektronischen Musik verschrieben. Es widmet sich vielmehr dem Wegweisenden, dem Experimentellen, dem Innovativen und Mutigen. Und an diesem Wochenende suchte es das eben im Gefilde der Elektronik und insbesondere - und besonders am 26.4. - des anspruchsvollen Techno. Dazu gab es wie in jedem Jahr auch Installationen und Performances zu sehen.

Unsere erste Performance erlebten wir am Freitag, den 26.4. ganz ungeplant: das Maibaumaufstellen am Steiner Rathausplatz. Ein größere Gruppe Männer (einschließlich zwei Frauen) mit und ohne Uniformen, die Bier und Schnaps tranken und zwischendurch an Seilen zogen, um den Baum weiter aufzurichten. Definitiv kein Bestandteil des Donaufestivals, was man auch daran erkennen konnte, dass Robert Kratky kurz ans Megaphon durfte/musste (hatte sich anscheinend in einem Bierlokal versteckt und wurde da heraus geholt). Wir haben den aufrechten Baum nicht ganz erwartet, denn der erste Programmpunkt des Festivals stand an. Robert Henke in der Minoritenkirche.

Die Steiner Minoritenkirche: einer der tollsten Konzertorte in Österreich. Ein frühgotisches Bauwerk aus dem 13. Jahrhundert, ihres Zeichens die älteste Kirche eines Bettelordens nördlich der Alpen. Bereits unter Josef II. samt dem dazu gehörigen Kloster vollständig säkularisiert, diente sie lange als Lager für Tabakwaren der Steiner Tabakfabrik. Nun steht sie glücklicherweise als "Klangraum Krems Minoritenkirche" der zeitgenössischen Musik offen. Die bringt am Donaufestival das alte, aber vollständig restaurierte, Gemäuer zuweilen gehörig zum Erscheppern.

Vor der Kirche: eine Kunst-Crowd, Menschen mit originellen Frisuren und ernsthaft-schicken Outfits, einer hat ein Barret auf. Sie stehen da, als ob sie gesehen werden wollen. In der Kirche sind die, die Musik hören wollen. Als wir hineinkommen ist es ziemlich voll. Dunkel ist der Kirchenraum, doch auf einer großen Leinwand in der Mitte spielt es sich ab. Nichts für Epileptiker. Zeichen und Chiffren jagen im Stakkato über die Bildfläche, laufen ineinander über. Eine Reise durch den Code der Zeiten, bis zu binären Nullen und Einsen und darüber hinaus. Erzeugt von einem vom Künstler Robert Henke selbst konstruierten Laser-Projektor. Welcher wiederum an einen Synthesizer gekoppelt ist, der hochfrequente Töne frei gibt, die über einem Bassfundament tanzen, wie die blinkenden Lichter auf der Leinwand. Ein audiovisuelles Feuerwerk, das in seiner Konsequenz beeindruckt, mit der Zeit aber auch etwas monoton wird. Gegen Ende ist der Klangraum ziemlich leer, die Menschen haben sich zur Kunst-Crowd auf den Minoritenplatz gesellt.

Vielleicht schauen sie auch gerade bei der Installation von Finnbogi Petursson vorbei. In einem Raum mit Gewölbe, den man vom Kreuzgang des Minoritenklosters nach Durchschreiten eines Schall dämpfenden schwarzen Vorhanges erreicht, breiten sich Wellen in dreierlei Medien aus. Ein ganz tiefer, vibrierender Basston erfüllt den Raum und massiert auf durchaus angenehme Weise die Eingeweide. Unter uns schreibt er auf einer Wasserfläche Sinus-förmige Wellen, die sich zugleich auf den Wänden des Raumes als bewegtes Licht wieder spiegeln. Die Installation heißt Off - 3Hz und stellt eine Hommage an das menschliche Bewusstsein da, erwacht doch das Gehirn mit einem (freilich für das menschliche Ohr als solches nicht wahrnehmbaren) Brummen von drei Hertz aus dem Schlaf. Sie ist auf eine ganz eigentümliche Weise bewegend und eindrucksvoll.

Am Kremser Messegelände, dem primären Austragungsort des Donaufestivals angelangt, erwartet uns auf der diesjährigen Hauptbühne, dem Stadtsaal,  Roly Porter. Über zwei Rechner gebeugt, lässt er sein Konzeptwerk Life Cycle of A Massive Star abrollen. Der Gewaltigkeit des dargestellten Ereignisses entsprechend, geschieht dies in Gestalt von elektronisch zusammen gefügten Ambient-Sounds, die freilich zumeist sehr, sehr laut und dröhnend daher kommen. Hier sind Ohrstöpsel eigentlich Pflicht, wenn man bloß schon daran gedacht hätte. Stellt man sich in die Mitte des Saales auf den bibbernden Parkettboden und somit genau zwischen die Waffenschein-pflichtigen Stereotürme, erfährt man das stellare Ereignis beinahe als Gewalttat am eigenen Körper. Hier wippt der Mensch nicht das Metrum der Musik, sondern die Musik wippt, passend zur "Botschaft" des Werkes, mit dem Menschlein. Jedenfalls ein Ereignis und Erlebnis, das man nicht mehr so schnell wieder vergisst.

Das trifft durchaus auch auf den Human Zoo von God´s Entertainment in Halle 1 (in früheren Jahren war hier die Hauptbühne) zu. Am Rande der Gesellschaft stehende Gruppen wie zB Punks, Tagelöhner, Asylwerber oder Alleinerziehende in Käfigen. Füttern mit Bier und Zigaretten erlaubt, außer beim Asylwerber (Schild: "Füttern verboten!"). Das Neonazigehege befindet sich hingegen noch in Bau. Auch wenn man darauf vorbereitet ist, ist das doch irritierend. Wie gibt man sich, wie verhält man sich, wenn die Gitterstäbe physisch und nicht nur im Kopf existieren, wenn die Zurschaustellung von Menschen einmal ganz ostentativ erfolgt?

In der Halle 2 tritt derweil Ebe Oke auf. Der Schüler von Karlheinz Stockhausen singt mit heller Stimme seine irgendwo zwischen Pop und E-Musik angesiedelten Kantaten, unterstützt von etwas Elektronik und einem echten Streicher-Trio (Cello, Violine und Viola). Ein Kontrapunkt zu den an diesem Wochenende so dominierenden elektronischen Beats, der aber dennoch (oder eben deshalb) soundmäßig eher untergeht und recht wirkungsarm verpufft.

Das kann man von Jon Hopkins eher nicht sagen. Seine elektronische Tanzmusik hämmert, flimmert und wummert durch den mittlerweile voll besetzten Stadtsaal und versetzt diesen sehr erfolgreich in Bewegung. Der renommierte DJ, Musiker und Produzent aus Wimbledon changiert dabei gekonnt zwischen den verschiedenen elektronischen Genres, ohne dass ich echte Brüche gemerkt hätte oder sich diese in meinem Gedächtnis festgeschrieben hätten. Freilich: viel mehr als die Erinnerung an ein ordentliches Maß Intensität konnte ich da nicht mitnehmen.

Wiederum anders - und wie anders - verhält es sich da hernach bei Oneothrix Point Never. Der Elektroniker aus Brooklyn baut vor unseren Ohren ein Konstrukt aus unterschiedlichsten Lauten, Klängen und Geräuschen auf, in die man hineinfallen kann wie in eine riesige Welt-Maschine. Eine Maschine, in der sich Kurbeln ebenso bewegen wie Zahnräder und auch sonst alles, was an mechanischen Bauteilen denken lässt. Wobei es nicht der industrielle Ton von Metall ist, den wir vernehmen, sondern etwas Anderes, Feineres, ein weicheres, elastischeres Material.
Auch repräsentiert diese aus allen erdenklichen Lauten bzw. ihren elektronischen Annäherungen geschaffene Maschinerie keinen durchgehenden Ablauf, keine durchgehende Rhythmik, keinen Groove, auf den man einbiegen und sich weit tragen lassen könnte. Permanent bricht Oneothrix Point Never die musikalischen Ideen noch in statu nascendi wieder auf, zerbricht die Ahnung einer aufkommenden Melodie, eines festgefügten Taktes und schafft gerade an diesen Bruchstellen Momente von erstaunlicher Schönheit. Es ist mithin eine Musik, auf die man sich richtig einlassen muss, die Ohren richtig spitzen sollte. Aber dann wird man belohnt.

Dies ist der perfekte Abschluss des ersten Tages. Kein Mouse On Mars mehr. Unsere Aufnahmefähigkeit ist erschöpft.

Fortsetzung folgt..

Samstag, 3. Mai 2014

Rückblog 2013 # 4: In Concert, Jahresranking

Auch 2013 hatte ich ein ganz ordentliches Livemusikprogramm. In der Breite war es allerdings qualitativ nicht so stark wie 2012, weswegen ich mich mit einer Top 5 begnüge.

 Hier die Rangliste:

 01 Sohn, 1.11.2013, Posthof Linz (Ahoi!Pop Festival 2013)

 Rezension.


 02 Richard Wagner - "Das Rheingold", 20.11.2013, Musiktheater Linz

 Rezension.


 03 Nowhere Train, 17.5.2013, Posthof, Linz

Rezension.


04 The Wave Pictures, 26.10.2013, Chelsea, Wien

Rezension.


05 Beach Fossils, 14.9.2013, Chelsea, Wien

Rezension.


Weitere Konzerte:

Austra, 1.11.2013, Posthof, Linz (Ahoi!Pop Festival 2013)
Eels, 20.4.2013, Posthof, Linz
Francis International Airport, 17.5.2013, Posthof, Linz
Haight Ashbury, 17.5.2013, Posthof, Linz
Nicole Atkins, 20.4.2013, Posthof, Linz
Velojet, 1.11.2013, Posthof, Linz (Ahoi!Pop Festival 2013)
Slut, 1.11.2013, Posthof, Linz (Ahoi!Pop Festival 2013)





Halloween-Post 2024

Alex P. glaubt weiter an dieses Blog. Und dieses Jahr ist ihm zum Fest der Untoten ein besonders spannender Fund gelungen. Ein Band aus Arge...