Donnerstag, 16. April 2015

Ohren(ge)fälliges: Monatsmeister des Monats März 2015

The Barr Brothers - Even The Darkness Has Arms
Montréal, Québec
Gewonnene Ränge: +6

Glück im Unglück. Wenn du einen Auftritt in einem Klub in einer fremden Stadt hast und während dessen bricht in diesem Klub ein Feuer aus, kann man das Pech nennen. Wenn du dann aber beim Verlassen des rauchenden Lokals einer Kellnerin deine Jacke leihst und daraus wird eine Liebesbeziehung zu einer Frau und zu einer Stadt, dann ist das Glück.

2003 war es, "Le Swimming" hieß der Klub, eine hauptsächlich von Studentinnen und Studenten frequentierten Bar am St. Laurent-Boulevard in Montréal. Andrew Barr war als Schlagzeuger von The Slip da, einer Improv-ArtRock-Band aus Boston. Danach kam er immer wieder, blieb irgendwann. Sein Bruder Brad, Gitarrist und Songwriter von The Slip, folgte ihm. In den angesagten Vierteln der Metropole von Québec brodelte die Szene der Nullerjahre, in jedem Kaffeehaus traf man Berufskollegen, aus den Fenstern drang Musik.

Als Brad Barr durch die dünnen Wände seines Appartements beständig Harfenmusik vernahm, begriff er dies denn auch nicht als Unglück, sondern suchte den Kontakt. Mit der Bekanntschaft zur Harfenistin Sara Pagé, die sich bereits bei einigen Musikprojekten in der Stadt einen Namen gemacht hatte, begann das Bandprojekt The Barr Brothers.  Verstärkt durch den Multiinstrumentalisten Andres Vial zeichnet es sich durch das Bestreben aus, die verschiedenen Einflüsse der amerikanischen Folktradition in einem zeitgemäßen Sound zu verarbeiten, wobei auch Elemente westafrikanischer Musik zum Tragen kommen (wie es dazu kam, ist eine eigene Geschichte von der Unglückssituation, die durch menschliche Intervention zum Glücksfall wird).

"Even The Darkness Has Arms" vom aktuellen zweiten Album "Sleeping Operator" (Secret City, 2014) basiert auf dem klassischen"Talking Blues"-Stil. Der Song erscheint aufs erste angenehm, doch unspektakulär, gewinnt aber mit weiteren Durchläufen immer mehr an Größe. Die zurückgenommene Stimme von Brad Barr und die weiche, fast zarte Folk-Instrumentierung kontrastieren mit ihrer gleichzeitigen Dichte und Vielschichtigkeit, dem durchlaufenden, voran treibenden Rhythmus und der in Ansätzen düsteren, aber viele und auch hoffnungsvolle Deutungen zulassenden Poesie der Textzeilen. "Even the darkness has arms, but it ain´t got you. Baby I have it, and I have you too." Glück im Unglück.





The Barr Brothers - Even The Darkness Has Arms (Lyrics Video auf Vimeo)

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