Montag, 22. Februar 2016

In Concert # 54: Foals, 26.1.2016, Gasometer Halle, Wien

Foals haben 2006 erstmals richtig von sich Reden gemacht. "Antidotes" hieß das Debütalbum. Es zelebrierte eine gekonnte Zusammenführung von sehr vielem, was damals gerade modisch und hip war. Glatter Neo-Post-Punk, Dance Punk, Afro-Pop, auch Minimal Techno. In ihren besten Momenten schafften Foals es, den ultimativen Brückenschluss großer Pop-Musik zu Wege zu bringen: die Verbindung zwischen Geist und Seele, zwischen Gehirn und Hüfte.

Stücke wie "Olympic Airways", "Cassius", "The French Open" oder "Balloons" beeindruckten auch mich. Aber das Album als Ganzes, das ich mir sodann besorgte, hinterließ sehr gemischte Gefühle. Foals konnten, so mein Eindruck, einen ganz bestimmten Modus ganz hervorragend, aber es fehlte, trotz der Vielfalt an Einflüssen und Fertigkeiten, dann an Breite, um darüber hinaus zu weisen.

Seitdem sind Foals eine richtig große und etablierte Band geworden. Sie sind mit Kalibern wie Blur, Coldplay und One Direction für die Kategorie "British Group" bei den Brit-Awards nominiert. Ihr letztes Album, "What Went Down" (2015, Transgressive), war in den Charts der ganzen Welt vertreten. Und es zielt auf deren Eroberung. Aus den frickeligen, etwas nerdigen Anfängen haben Foals einen Entwurf für Stadionrock gebaut. Auf der neuen Scheibe hört man Songs in einem U2-Poprock- oder sogar Hard Rock-Idiom.

Foals füllen auch die sperrig geheißene "Planet.tt Bank Austria Halle" im Gasometer. Wir haben den Hintereingang durch das Einkaufszentrum gewählt, was schlau war, denn die Menschenschlange dauert hier kürzer. Lang genug freilich, um zwischen schick angezogenen jungen Frauen und jungen Männern mit Bärten zu stehen, die sich bevorzugt über Praktika in internationalen Organisationen unterhalten. Das Konzert läuft auch unter dem Label "FM4 Indiekiste".

Die Akustik im Saal ist besser als es ihr so manche Gerüchte der Vergangenheit zugestehen wollten. Everything Everything sind Vorband. So ein Auftritt als Aufwärm-Act hat ja seine beträchtlichen Limitierungen, aber das südostenglische Quartett rund um den charismatischen Sänger Jonathan Higgs bemüht sich nach Kräften, diese zu durchbrechen. Higgs wirbelt in einer Gospel-Musiker--Kutte über die Bühne. Seine stimmliche Variabilität ist beachtlich. Vom markanten Falsettgesang abwärts versucht er sich so ziemlich in jeder Diszplin. Eklektisch ist auch die musikalische Ummantelung seiner Performance. Im Kern mögen effektvolle Funk-, Disco- und R´n´B-Rhythmen walten, doch das Gesamtarrangement wird im frenetischen Holterpolter durch die ganze Musikgeschichte geführt. Lustig. Und fast ein bisschen schnell vorbei. Positiv dabei: Da passt dann die Stimmung und Foals können sich auf diese Welle begeben. Eigentlich kann jetzt nichts schiefgehen. Eigentlich.

Die Euphorie trägt anfangs auch. Die live groß aufrockenden Nummern "Snake Oil" und "Mountain My Gates" eröffnen. Dann folgt eine klanglich sehr schöne Darbietung von "Olympic Airways". Foals unterliegen, das muss man sagen, nicht der Schwäche anderer so genannter Indie Rock-Bands - nämlich sich live in der allzu korrekten, aber dadurch wenig spannenden Nachspielung ihrer artifiziellen Studio-Produkte zu verzetteln. Sie haben ihren eigenen Live-Sound, sie haben die Ambition, etwas dem großen Publikum Angemessenes zu bieten. Auch Elemente des wahrhaftigen Rockstar-Gehabes sind da: Sänger Yannis Philippakis begibt sich auch schon mal ins Publikum. Nur, es schaut zumindest aus meiner Perspektive eher nach Pflichtübung aus als nach wirklichem Überschwang.

Überhaupt, mit der Zeit verhängen sich Foals in den raffinierten Rhythmen und dem zweifellos immer noch anspruchsvollen Spiel, ohne, dass ich mich wirklich erreicht oder gemeint fühle, ohne, dass sie sich wirklich frei zu spielen scheinen. Ist es exakt dargebotene Kunst? Oder eher Stadionrock, der zumindest die Illusion des ganz großen Momentes lebt? Irgendwas im unbestimmbaren Zwischenraum und dort - dort wird es schön langsam monoton. Vor allem bei den langsameren Nummern schaue ich schon auf die Uhr.

Am Ende geht es mir wie bei ihren Platten. Vielleicht brauche ich ja nur mehr Geduld. Aber, ich spüre momentan nicht, dass ich die aufbringe. Lieber lasse ich mir wieder einmal aus heiterem Himmel ein isoliertes Foals-Wunderwerk vor den Latz knallen.

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