Am vergangenen Samstag stand in der Arena im dritten Wien Hieb ein Konzert der britischen Band White Lies auf dem Programm. "White Lies" bezeichnet ja im Englischen jene Lügen, die mindestens harmlos, wenn nicht sogar ethisch wertvoll sind. Die englische Ausgabe der Wikipedia vermerkt zu diesem Begriff: White lies are minor lies which could be considered to be harmless, or even beneficial, in the long term. White lies are also considered to be used for greater good .
Dabei handelt es sich um einen sprechenden Namen. Denn die Musik der White Lies klingt so, als habe man die erfolgreichsten hippen und gehypten Indie-Bands der letzten Jahre genommen und deren viel versprechenste Bestandteile in einen Topf geworfen, um daraus eine neue hippe und gehypte Band zu brauen. Die White Lies sind daher weder eine besonders originelle, noch eine besonders beseelte Band. Aber die schiere Vollkommenheit, mit der dieses Werk vollbracht wurde und wird, diese glatte Perfektion, weiß zu beeindrucken. Die Musik der White Lies wirkt erstaunlich kraftvoll und makellos, weit entfernt von jenem massentauglichen Herumgedümpel, in das sich Bands wie Coldplay, die Killers oder Snow Patrol zunehmend verflüchtigen. Das mag natürlich auch damit zu tun haben, dass die White Lies noch neu und frisch daherkommen. Ob das vorhält, kann bezweifelt werden.
Kein Zweifel besteht, dass die erwähnten Qualitäten der Gruppe aus Westlondon derzeit auch live gut zur Geltung kommen. In der Arena wurden wir Ohrenzeugen eines druckvollen, gut abgestimmten Sounds und einer gut funktionierenden Bandeinheit. Leider war aber nach fünf Nummern Schluss, was mit dem angeschlagenen Zustand der Stimme des Sängers Harry McVeigh begründet wurde (wovon man allerdings zuvor nicht viel mitbekommen hatte).
Hier drängt sich freilich wieder die Frage nach der mangelnden Erfahrung der White Lies auf, sowie nach fehlender Professionalität. Denn, dass ein Konzert, dass bereits einmal (im November des vergangenen Jahres) verschoben wurde, dann nach fünf Nummern abgebrochen wird, kann nicht unbedingt als besonders gute Visitenkarte einer Band angesehen werden. Hier muss schon die Frage erlaubt sein, ob eine solche Situation nicht vermeidbar wäre oder nicht zumindest besser damit umgegangen werden könnte (ist McVeigh der einzige in der Band, der normalerweise über eine Stimme verfügt?). Zumal die gesundheitlichen Probleme des Leadsängers offensichtlich schon länger bestehen dürften und somit hinlänglich bekannt waren. Immerhin, eine Rückerstattung des Kartenpreises wird nun vorgenommen.
Das Publikum reagierte im Übrigen zunächst teilweise verärgert, entschied sich aber dann doch dafür, die Vorführung der letzten Nummer "Death" begeistert zu bejubeln und die Band freundlich zu verabschieden. Wiewohl der Autor dieser Zeilen überhaupt sagen muss, dass er selten ein wohlerzogeneres und friedlicheres Rockmusikpublikum erlebt hat als letzten Samstag in der Arena.
Dabei wurde die Geduld dieses Publikums zuvor durchaus auf die Probe gestellt. "Human Shout" hieß die Vorband, angeblich von den White Lies selbst ausgesucht.
Human Shout waren technisch einwandfrei unterwegs, erschienen aber gleichzeitig dermaßen ohne jedes erkennbare Profil, dass einem nicht einmal Assoziationen zu anderen musikalisch belanglosen Gruppen einfallen mochten. Human Shout waren ganz einfach inexistent, was nach Ansicht des Verfassers - neben der technischen Festigkeit - noch das Erfreulichste ist, das man über sie sagen kann.
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1 Kommentar:
war äußerst kurzweilig ...
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