Letzten Samstag waren The Notwist und Hagen Rether gleichzeitig in den beiden größeren Sälen des Posthof zu Gast. Und mir ist die Natur meines Stadtviertels vor Augen geführt worden.
Normalerweise läuft es so ab: Ich gehe die paar Minuten zur Bushaltestelle im Volksgartenviertel, dort steige ich in den Bus. Der braucht genau neun Minuten zum Posthof (früher waren es acht, aber die Linz Linien haben beschlossen, dass es nun neun sind). Normalerweise habe ich den Fußweg sehr, die Bushaltestelle ziemlich und die Busfahrt eher für mich alleine. Das erstaunt irgendwie, denn im Posthof ist dann doch oft ein ganzer Haufen Menschen.
Diesmal war es ganz anders. Schon am Trottoir sind mir die 35-40jährigen aufgefallen, die zur Bushaltestelle wollen, dann auch einsteigen, den Bus füllen und alle miteinander bis zum Veranstaltungsort fahren. Nie dagewesene Massen von Menschen meines Alters und Milieus. Die mutmaßlich vorhandenen kleinen Kinder hatten sie bei den Großeltern abgegeben und nun pilgerten sie vorzugsweise paarweise Richtung Linzer Hafen.
The Notwist kenne ich seit 2004. "Shrink" war die Scheibe, die mir mein Lernpartner privatkopiert (übrigens ein Wort, das Blogger nicht unterwellt) hatte. Eine erstaunliche neue Hörerfahrung damals. Irgendwie nicht Pop, aber doch. Irgendwie Elektronik, aber auch wieder nicht. Und ein kleines bisschen vom Jazz. Gehüllt in eine Aura, die bläulich jenseits der Nacht herüber zu schimmern schien. Ich kann mich erinnern, es an einem grüblerischen Abend im Sommer 2004 in meinem alten Zimmer in meinem Elternhaus bei abgedrehtem Licht gehört zu haben. Das war intensiv und auch irgendwie gespenstisch. Dabei passte es zu meiner Stimmung: zweifelnd bis verzweifelnd, aber auch im positiven Sinne gespannt und mit Hoffnung. Jedes Mal, wenn die Stimme von Markus Acher am Ende einer Zeile nach oben trieb, machte auch mein Herz einen Sprung.
Im Posthof starten The Notwist ohne Umschweife und elektronisch. Mehr Tronic als Indie. Die verschiedenen Layer und Instrumentenklänge ihrer Musik treten in unterschiedlicher Stärke in den Vordergrund und wieder zurück: Gitarren, Synthetik, Percussions. Dabei können sie auch schon einmal von glitchy Elektronik in richtig gehenden Noiserock-Modus fallen oder einen kleinen Indie-Country-Spaziergang unternehmen. Aber das Erstaunliche dabei: Sie klingen immer zu Hundertprozent nach Notwist. Eindeutig und unverwechselbar, auch unter den verändernden Bedingungen eines Livekonzerts. The Notwist auf den Punkt, wie man es erwartet und womöglich auch erhofft hat.
Groß und schön ist ihr Livesound, geradezu perfekt. Fast ein bisschen zu perfekt, für meinen Geschmack. Eine Notwist-Klangwolke hüllt mich über Dreiviertel des Konzertes regelrecht ein, trägt mich fort. Meine Gedanken schweifen, aber ich denke nicht an 2004, sondern an alles Mögliche. In der Wolke ist es schön, aber es bilden sich Ansätze von Eintönigkeit. Der eine oder andere echte Bruch, der mich aufweckt, hätte mir schon gefallen. Ein weniger schematischer Konzertplan.
Am Ende, da haben sie mich aber dann doch noch einmal so richtig aufgerüttelt und wiederum gepackt. Ein ausuferndes Quasi-Medley großer Nummern gibt es, in dem sich die bayrische Indietronic-Truppe zur Hochform steigert. Zuerst "Chemicals", meine "Shrink"-Hymne aus 2004. Dann auch "Neon Golden", das rührende "Pilot" und schließlich, mit der Wucht des Abschiednehmens, "Consequence".
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