Qu´est-ce qu´on a fait au Bon Dieu?
F 2014
Selbst dem erfahrenen Erdenbürger kostet es in diesen Tagen nicht wenig an Überwindung, sich in die diversen Ströme der Tagesnachrichten einzuklinken. Krise überall, Krieg und Not an viel zu vielen Ecken. Direkt vor der, mit unbarmherzigen Eisenriegeln zugesperrten, europäischen Haustür brennt eine ganze Weltregion lichterloh. Im direkten Vergleich wirkt der Konflikt an unserem östlichen Rand fast klein, was aber erstens den Betroffenen nichts nutzt und zweitens wenig an den beunruhigenden Weichenstellungen ändert, die dort stattfinden. Das Bild vom unsanften Zusammenprall von Kulturen und Konfessionen scheint momentan deutlich stärker präsent als gegenläufige Tendenzen.
Also stellt sich wieder einmal und mit besonderer Vehemenz die uralte Frage: Was bringt Menschen zusammen, was schafft Frieden?
"Liebe und Alkohol", könnte man mit dem französischen Film "Monsieur Claude und seine Töchter" antworten. Die Liebe ist in diesem Fall dafür verantwortlich, dass dem katholischen, konservativen, bekennend gaullistischen Landnotar Claude Verneuil durch seine Töchter Schwiegersöhne ins Haus gebracht werden, die selbige Kriterien so gar nicht erfüllen. Ein im französischen Recht beschlagener Muslim algerischer Abstammung, ein geschäftlich strauchelnder Jude und ein in einer Bank tätiger Chinese sind schon da - und mit ihnen die multilateralen Konflikte. Und wer verbirgt sich wohl noch hinter dem angeblich katholischen Verlobten der Jüngsten?
Da bedarf es einer ordentlichen Portion guten Willens, aber auch des mindestens ebenso guten französischen Rotweines (zum Glück mag der Moslem Alkohol), um Annäherung zu schaffen. Mit nachhaltigem Erfolg? Fest steht: die Hürden für die Aufzunehmenden sind höher und reichen bis zum Absingen der Marseillaise, während sich die Anstrengungen der Aufnehmenden eher auf Lifestyle-Entscheidungen beschränken: etwa die Wahl exotischer Speisen da, ein bisschen Zumba dort. Der Film, so hat man den Eindruck, meint das leider gar nicht besonders böse. Er will wohl wirklich nur komisch sein.
Komisch, das ist "Monsieur Claude und seine Töchter" zweifellos. Und zwar so ziemlich von der ersten bis zur letzten Minute. Regisseur Philippe de Chauveron entzündet im Verein mit seinen leidenschaftlich und überzeugend agierenden Darstellern (darunter Christian Clavier, der den Claude Verneuil derart spielt, dass man fast geneigt sein kann, ihm den Asterix zu verzeihen), ein durchgängiges Pointenfeuerwerk, das sich spielend von einem humoristischen Höhepunkt zum nächsten hantelt und sicher keine langen Gesichter aufkommen lässt. Dabei spielt "Monsieur Claude und seine Töchter" auch noch bis in die Nebenrollen hinein gekonnt mit den Standards des komischen Fachs: da gibt es den wunderlichen Jungpriester ebenso wie den auf seiner Brille kauenden, ewig rück fragenden Psychiater.
Nur sollte man zugleich nicht allzuviel darüber nachdenken, was hier eigentlich geschieht, wenn kulturelle und politische Differenzen einfach weggetrunken und schöngelächelt werden. Dann kann diese komödiantische Assimiliationsfantasie nämlich doch ein wenig bitter schmecken.
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