Die Geburtsurkunde liegt im Rheinischen Landesmuseum und ist ein Stück Holz. Anhand der Jahresringe lässt sich feststellen, dass der Baum, der das einmal war, im Jahr 17 v. Chr. gefällt worden ist. Weil er als Pfeiler einer römischem Brücke gedient hat und man davon ausgeht, dass zeitgleich mit der Brücke eine Stadt gegründet worden ist, kennt man das Gründungsjahr von Trier.
Die Legende freilich will wissen, dass Trier schon zweitausend Jahre zuvor von den Assyrern gegründet worden und daher älter als Rom sei, eine Behauptung, die auf einem Haus am Hauptmarkt kühn wiederholt wird:
Das Rote Haus nächst dem Hauptmarkt mit der Inschrift: ANTE ROMAM TREVIRIS STETIT ANNIS MILLE TRECENTIS. PERSTET ET AETERNA PACE FRVATVR. Amen. (1684) |
Tatsache ist, dass die Römer bei ihrem Einmarsch im mittleren Moseltal zwischen Eifel und Hunsrück bereits kultivierte Flächen und Siedlungen der dort ansässigen keltischen Treverer vorfanden. Augusta Treverorum, die "Augustusstadt der Treverer" wurde hier an der Kreuzung bedeutender Handelswege und in guter aber noch sicherer Distanz zur militärisch besetzten Rheingrenze hochgezogen.
Die Römer schlugen mehrere Brücken über die Mosel, wie auch jene, die - in späteren Jahrhunderten mit Rundbögen versehen - heute noch steht und dem modernen Autoverkehr stand hält:
Die Römerbrücke (ca. 150) |
Ein Stück vom Moselufer entfernt errichteten die neuen Herren eine Planstadt mit quadratischem Grundriss, die sie beständig ausbauten und die immer mehr an Bedeutung gewann. Sie wurde mit allem ausgestattet, was eine römische Stadt aufzuweisen hatte: ein Forum mit repräsentativen Bauwerken, einen Circus, mehrere Thermenanlagen (von denen die Barbarathermen zu den größten des Römischen Reiches zählten) und ein Amphitheater:
Amphitheater (ca. 100) |
Das Amphitheater wurde Teil einer gewaltigen Stadtmauer von sechs Kilometer Länge, die mit mehreren Toren versehen war. Das nördliche Tor, das unter Mark Aurel und Commodus erbaut wurde, hat die Jahrtausende sowie diverse Um- und Rückbauten überdauert und ist heute als Porta Nigra (wegen der durch die Jahre angenommenen dunklen Farbe) das Wahrzeichen der Stadt:
Porta Nigra (ca. 180, ursprünglich symmetrisch, im 11. Jahrhundert zu einer Doppelkirche umgebaut, auf Geheiß Napoleons in den jetzigen Zustand zurück geführt) |
Vom Sitz des Statthalters der Provinz Gallia Belgica schwang sich Trier nach der Reichsreform Diokletians zum Sitz römischer Kaiser auf. Der Caesar Constantius Chlorus begann mit dem Bau der Badeanlagen, den so genannten "Kaiserthermen", die jedoch nie ganz fertig gestellt wurden und deren Reste im Mittelalter als Stadttor Verwendung fanden:
Die Kaiserthermen (um 300, oberirdisch) |
Die Kaiserthermen (unterirdisch) |
Sein Sohn Konstantin ("der Große") baute Trier weiter aus. Er errichtete eine riesige Palastaula, die man ebenfalls heute noch bewundern kann und der größte Einzelraum ist, der aus der Antike erhalten geblieben ist (67 x 27,5 x 33 Meter). Im Laufe der Geschichte wurde die Palastaula in den Sitz der Erzbischöfe von Trier integriert. Friedrich Wilhelm IV. von Preußen ließ sie schließlich 1846 bis 1854 in den spätantiken Zustand zurück versetzen und machte aus ihr eine evangelische Kirche, die "Konstantinsbasilika":
Konstantinsbasilika, vormals Palastaula (um 300) |
Unter Konstantin und seinen Nachfolgern wurde Trier ein Zentrum des nunmehr dominierenden Christentums. Hieronymus, Martin von Tours oder Athanasius gaben sich hier die Klinke in die Hand, Ambrosius wurde hier geboren. Neben der Palastaula entstand ein riesiger sakraler Bezirk mit bis zu vier Kirchen. Der Trierer Dom und die Liebfrauenkirche gehen vermittels von vielen Jahrhunderten verschiedenster Bautätigkeiten und -stile auf diese Anlage zurück:
Dom (links, ab 340), Liebfrauenkirche (rechts, um 1230) |
Eine gewisse Kontinuität zur alten Bedeutung blieb dadurch bestehen, dass in Trier weiterhin ein Erzbischof der römischen Kirche residierte. Im Mittelalter focht er eine lange Reihe von Auseinandersetzungen mit der Trierer Bürgerschaft sowie den in der Nähe der Römerbrücke bei den Barbarathermen sitzenden Herren de Ponte ("von der Brücke") um Macht und Einfluss in der Stadt aus. Rund um den Trierer Hauptmarkt entstand die mittelalterliche Stadt Trier:
Hauptmarkt (vom Mittelalter aufwärts) |
Im 13. Jahrhundert wurde der Erzbischof von Trier Kurfürst und damit einer der einflussreichsten Männer des Reiches. Die Trierer Kurfürsten bauten ihre Residenz um die Palastaula weiter aus, zunächst im Stile der Renaissance, in den 1750er Jahren erhielt der Südflügel dann eine beeindruckende Rokoko-Fassade:
Kurfürstliches Palais, Rokoko-Fassade am Südflügel (ab 1756) |
Nur wenige Jahrzehnte später war es aber mit dem Kurfürsten vorbei: 1794 besetzten die Truppen des revolutionären Frankreich Trier und machten aus der Residenz eine Kaserne. Auch die Preußen, die danach die Stadt eroberten, hatten kein Interesse daran, dem Erzbischof seinen weltlichen Herrschaftssitz zurück zu geben. Sie benutzten das Palais weiterhin als Kaserne. Heute gehört der gesamte Komplex einschließlich der Konstantinsbasilika dem Land Rheinland-Pfalz und beherbergt neben der Evangelischen Kirche in der Basilika (in die gerade eine neue Orgel eingebaut wird) den Verwaltungssitz des südlichen Rheinland-Pfalz.
Trier hat heute 106.000 Einwohner und wer die Gelegenheit hat, es zu besuchen, sollte das nicht verpassen. Hier gibt es Beeindruckendes quer durch die Epochen zu sehen. Zugleich ist Trier aber eine angenehme, gelassene Stadt zwischen Weinbergen, die sich zu Fuß problemlos erkunden lässt.
Achja, Karl Marx wurde in Trier geboren. Deshalb ist Trier die wohl einzige Stadt in (West-?)Deutschland, in der es noch eine Karl-Marx-Straße und sogar ein Karl-Marx-Viertel gibt. Das in seinem Geburtshaus untergebrachte Museum über sein Leben soll sehenswert sein. Beim nächsten Mal vielleicht.
MEHR BILDER.
1 Kommentar:
Tolle Bilder einer eindrucksvollen Stadt mit einer eindrucksvollen Geschichte!
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