In vielen Gesellschaften lastet aber immer noch ein schweres Tabu auf dem Schicksal jener Frauen und Mädchen, die in ihrem unmittelbaren sozialen Umfeld sexuelle Gewalt erfahren. Nicaragua ist ein Beispiel dafür. Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist hier weit verbreitet, 90% der Taten werden im Familienkreis begangen. Wollen sich Betroffene an die Behörden wenden, sind sie aber nur allzu oft mit Zurückweisung konfrontiert. Was im Rahmen der Familie geschieht, erst recht, wenn es sexueller Natur ist, wird als privat angesehen, wird nicht weiter zur Kenntnis genommen, oder - noch schlimmer - es wird den Opfern selbst die Schuld in die Schuhe geschoben.
Die nicaraguanische Regierung tut zu wenig, um die Situation der Bürgerinnen zu verbessern. Eine öffentliche Diskussion wird vermieden. Mit dem rigiden Abtreibungsrecht, das 2008 eingeführt wurde, wurde die Situation von Vergewaltigungsopfern noch verzweifelter. Abtreibungen sind, getreu dem Katechismus der in hohem Maße einflussreichen Katholischen Kirche, absolut verboten. Auch Frauen, die von ihren eigenen Angehörigen vergewaltigt wurden oder deren Gesundheit durch die Geburt des Kindes in Gefahr ist, dürfen keinen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Gleichzeitig gibt es kaum Initiativen, die allein stehenden Müttern unter die Arme greifen. Frauen, die durch Vergewaltigungen schwanger wurden, stehen in Nicaragua am Rande der Gesellschaft.
Ein Bericht von Amnesty International beleuchtet die schwierige Situation, in der sich viele Nicaraguanerinnen befinden und fordert die politisch Verantwortlichen und die Behörden auf, tätig zu werden. Darüber hinaus ist es aber auch von besonderer Wichtigkeit, jene zu unterstützen, die in Nicaragua versuchen, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen.
Am 28.9.2011 findet in Managua eine große Kundgebung von Organisationen statt, die sich für die Rechte der Frauen und deren Schutz stark machen. Dabei werden zehntausende Schmetterlinge (ein Symbol der nicaraguanischen Frauenrechtsbewegung) eingespielt werden, die auf Initiative von Amnesty von Menschen auf der ganzen Welt gestaltet wurden. Sie sollen ein Zeichen der Solidarität sein, ein Zeichen, dass die Frauen in Nicaragua nicht alleine stehen. Durch dieses unübersehbare Auftreten von Frauen mit Rückendeckung von Amnesty und Menschen aus der ganzen Welt wird ein Diskussionsprozess in Gang gesetzt, der sich hoffentlich nicht mehr so leicht abwürgen lässt.
Bis Mittwoch kann noch jedeR mitmachen und selbst einen Schmetterling gestalten, der den nicaraguanischen Frauen Mut macht. Am einfachsten geht das online HIER.
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