Mittwoch, 2. November 2011

Athen in Buchstaben, A-K

Zurück aus Athen und wie immer eine mit Buchwissen unterfütterte alphabetische Aufarbeitung des Erlebten & Erfahrenen.


A wie Athena
Altgriechische Göttin der Weisheit und heidnische Schutzpatronin der Stadt Athen. Soll dieses Amt in einem Wettstreit mit Meeresgott Poseidon errungen haben (die alten Griechen liebten Wettstreite aller Art), indem sie den alten Dreizackträger, der den Athenern eine mäßig begeisternde Salzwasserquelle darreichte, mit einem Olivenbaum übertrumpfte. Die in voller Montur aus dem Kopf von Göttervater Zeus Geborene war nicht nur die Herrin über das Handwerk, die Künste und die Wissenschaften, sondern auch eine glorreiche Kriegsgottheit, weil die göttliche Verkörperung der Strategie (als solche: „Pallas Athena“). LeserInnen der Ilias (wo sie – im ionischen Dialekt - Athene heißt) erinnern sich gern daran, wie sie etwa anlässlich der Schlacht um Troja den wilden Kriegsgott Ares her paniert hat. Zugleich war Athena eine immerdar jungfräuliche Gottheit (auch die Freundschaft mit Prometheus war nur platonisch), weswegen ihr wichtigstes Heiligtum auf der Akropolis auch Parthenon (s. P) heißt. Dass die Stadt Athen nach ihr benannt wurde, ist eine gängige Annahme, es existiert aber auch eine Theorie, wonach es umgekehrt war.

Vor der Akademie der Wissenschaften.

B wie Byzantinisches Reich
Über tausend Jahre währendes Reich, das aus dem griechisch geprägten Ostteil des Imperium Romanum hervorgegangen ist. Hatte einen prägenden und bis heute fort wirkenden Einfluss auf die Kulturen des südlichen und östlichen Europas. Von den Kreuzfahrern übel geplündert und 1453 von den Osmanen endgültig beseitigt, emigrierten viele seiner Gelehrten nach Italien und nahmen einen Schatz mit: das Erbe der griechisch-römischen Antike. Und dieses fiel bekanntlich im westlichen Europa auf fruchtbaren Boden. Im Byzantinischen Museum in Athen kann man einige sehr sehenswerte Exponate aus der Byzantinischen Ära erleben sowie eine erstaunlich große Zahl an AufseherInnen (s. J)

C wie Christentum
Die Griechen sind ein für europäische Verhältnisse sehr gläubiges Volk. Zeugnis davon geben Bilder von Heiligen und Patriarchen, die an den Wänden von Tavernen ebenso hängen wie über den Lenkrädern der Busfahrer. Man kann auch beobachten, dass Menschen sich bekreuzigen, wenn sie bloß an einer Kirche vorbei fahren. Wenn in der Großen Mitropolis in Athen, der Hauptkirche des Landes, wichtige religiöse Akte zu zelebrieren sind, muss auch die gesamte politische Staatsspitze aufmarschieren. Im Gegensatz zu letzterer dürfte die Kirche in den Zeiten der Krise wohl kaum Schaden nehmen. Die orthodoxe Kirche ist nicht nur eine soziale Einrichtung mit erheblichem gesellschaftlichem Einfluss, das orthodoxe Christentum als solches wird in Griechenland (das über Jahrhunderte vom Osmanischen Reich fremdbestimmt wurde) als wesentlicher Bestandteil der nationalen Identität gesehen.

In dieser kleinen Kirche in der Mitropoleos-Straße hat der anti-osmanische Widerstand des nächtens Munition hergestellt. Das Religionsministerium wurde auf Stelzen gestellt, um den Bau zu erhalten.


D wie Dübellöcher Alexanders des Großen
Laut Reiseführer eines Mitreisenden einst in den Marmor des Parthenon (s. P) gehauen, um Verlautbarungen des Makedonen aufzuhängen. Von uns Kulturgeschichte-Freaks natürlich umgehend fieberhaft gesucht.

Hier glaubt der Rechtsbeistand irrig die Dübellöcher des großen Alexander entdeckt zu haben. Er übersieht dabei allerdings leider ein wesentliches architekturhistorisches Detail.


E wie Evzonen
Keine neue Rasse aus dem Delta-Quadranten, sondern griechisch für "die Wohlgegürteten". Ganz böse Zungen könnten behaupten, die Bezeichnung für die griechische Präsidialgarde solle vom Rest der Uniform ablenken -dabei bezieht sie sich lediglich auf das Tragen leichter Waffen. Das von Griechenlands erster Königin Amalie, ursprünglich eine bayrische Prinzessin, entworfene Outfit besteht aus einem roten Käppchen mit über die Schultern fallendem Haarschweif, einem weißen Röckchen, Strumpfhosen und rosafarbenen Schühchen mit riesigen Bommeln. So gewandet hält die Blüte des jungen Hellenentums etwa am Sytnagma-Platz vor dem Parlament Wache, wo es auch zu täglichen Wachablösen kommt. Jeweils am Sonntag um 11 Uhr marschiert dann zur Freude der Touristen eine komplette Kompanie auf. Straßenhunde begleiten diese gemessenen Schritts (siehe R). Wenn ein Krieg ausbricht, wird die Hälfte der Garde an die Front kommandiert, der Rest muss die Uniformen anbehalten.


Ein britischer Tourist fühlte sich an John Cleese erinnert. Frechheit!

F wie Freundlichkeit
Sicher, die allgemeine Stimmung war schon einmal besser in Hellas. Verständlich, angesichts der gegenwärtigen Situation. Aber trotzdem oder vielleicht gerade deswegen haben die Menschen in Griechenland wenig von ihrer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft eingebüßt. Wann immer wir mit unserem Stadtplan etwas verloren herumgestanden sind oder Rat gebraucht haben, hat man uns bereitwillig und freundlich geholfen, zuweilen auch völlig unaufgefordert. Die einzige Schwierigkeit bestand dann manchmal darin, den Informations- und Kommunikationsfluss wieder zu bremsen (s. auch W).

G wie "Gastronomie"
Ein irgendwann im 19. Jahrhundert in Frankreich aus altem Griechisch geschaffener Ausdruck, der übersetzt so etwas wie "die Regeln des Bauches" bedeutet. Letzterer muss in Athen nicht darben. Die Hiesigen gehen gerne aus und gut essen. Die Preise sind nicht im ganz unteren Segment, aber in Ordnung, dafür wird an der Größe der Portionen normalerweise nicht geknausert. Und, mit der Qualität waren wir auch (fast) immer zufrieden. Wärmstens empfehlen können wir ein progressives und zugleich doch bodenständiges Lokal, dessen Namen wir leider nicht entziffern konnten. Einfach vom Syntagma-Platz in die Mitropoleos-Straße abbiegen und gleich das erste Lokal rechts ist es.

H wie Hotels
Am Syntagma-Platz, dem Zentrum der Stadt, stehen eindrucksvolle Kästen wie das "Grande Bretagne" (s. Bild). Wir haben es wie immer vorgezogen, ein Appartement zu buchen. Mit sehr gutem Erfolg. Nahe dem Syntagma-Platz situiert und mit Internet, DVD-Sammlung und allerhand nützlichem, von der Vermieterin gestaltetem Informationsmaterial versehen, konnte eigentlich nicht viel schief gehen (außer S natürlich, aber dazu später). Wir können es daher gerne weiter empfehlen.


I wie Isthmus von Korinth
Landenge, die die Halbinsel Attika mit dem Peloponnes verbindet. Daher seit den Zeiten der frühen griechischen Zivilisationen von großer strategischer Bedeutung. Als Landenge der ideale Ort, um einen Kanal zu bauen, welcher hier auch mit dem Kanal von Korinth durchaus imposant ausgefallen ist. Folgt man dem Isthmus von Athen kommend, landet man in Korinth (s. K).

J wie Jobgarantie
Soeben hat das griechische Parlament die gesetzliche Grundlage für die Entlassung von gut 30.000 Staatsbediensteten geschaffen. Ihnen allen gehört natürlich unser Mitgefühl. Allerdings bleibt schon dem oberflächlichen Blick des unbedarften Touristen nicht verborgen, dass es im öffentlichen Dienst bei der Effizienz des Ressourceneinsatzes harkt. In den letzten Jahren habe ich viele Museen besucht, aber derartigen Heerscharen gelangweilter (aber natürlich sehr freundlicher) Aufseher, habe ich noch nirgends gesehen. Übertroffen wird dies aber noch durch den fast schon kafkaesken Endruck des Athener Busbahnhofs. Wo man nämlich üblicherweise zwei oder drei Fahrkartenschalter (oder schlicht Automaten) erwarten würde, befinden sich hier gut zwei Dutzend Schalter. Hinter jedem sitzt ein/e MitarbeiterIn und verkauft Tickets. Für jeweils eine Destination.

K wie Korinth

Einst eine pulsierende, antike Weltstadt mit bis zu 300.000 Einwohnern und in römischer Zeit mehrere Jahrhunderte Hauptstadt Griechenlands, liegt das alte Korinth heute still und ruhig auf einer Anhöhe des nordöstlichen Peloponnes. Der tolle Ausblick auf den Golf von Korinth ist geblieben. Und eine sehr ausgedehnte und reichhaltige Ausgrabungsstätte samt kleinem Museum, was einen Abstecher aus Athen definitiv lohnt. Wer über ein größeres Zeitbudget als wir verfügt, kann auch noch die Zinnen der byzantinischen Burg Akrokorinth erklimmen. 




L-Z folgt.

1 Kommentar:

Florian hat gesagt…

Die Löcher waren eindeutig das Tollste an der Reise!

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