Zwei Erhebungen dominieren die Stadtmitte von Athen. Zum einen natürlich die altehrwürdige, 156 Meter hohe Akropolis mit ihrem weltberühmten Ensemble von Tempeln - allen voran dem Parthenon und dem Erechtheion - und dem anschließenden Areopag-Felsen (s. P). Zum anderen, nordöstlich der Akropolis und jenseits des Syntagma-Platzes gelegen, der Lykavittós (auch lat. Lykabettus), der markante, 277 Meter messende Stadtberg Athens. Manche erinnert dieser schroffe Felsen, der von einem Waldring umgeben ist, an die Tonsur eines Mönches. Auf seinem Haupt befindet sich eine kleine, weiße Kapelle und hinauf oder hinab gelangt man zu Fuß oder mit einer Standseilbahn. Einen Besuch des Lykavittós sollte der Besucher von Athen einplanen, von hier aus hat man den bestmöglichen Blick über die Stadt bis hinaus in den Saronischen Golf.
Der Lykavittós von der Akropolis aus gesehen. |
M
wie Mykenische Kultur
Erste
Hochkultur auf dem europäischen Festland (18.-11. Jht. v. Chr.).
Benannt nach der bedeutende Palaststätte von Mykene am Peloponnes
(nicht weit von Korinth, s. K), wo Schliemann den "Schatz von
Mykene" ausgrub, darunter die "Maske des Agamemnon".
Bei jener handelt es sich um die goldene Totenmaske eines
bronzezeitlichen Fürsten. Mit dem Marketinggeschick eines
erfolgreichen Geschäftsmannes versehen, hat sie Schliemann König
Agamemnon, dem Anführer der Achäer aus der Homerischen Ilias, auf
die Augen gedrückt. Neider behaupteten allerdings, er habe sie selbst
anfertigen lassen, weswegen sie ihm ähnlich sehe und außerdem
knausrig ausgeführt sei, was natürlich alles Unsinn ist. Die Maske
und den Rest vom Schatz kann man heute im Archäologischen
Nationalmuseum in Athen bewundern (s. N).
N
wie Nationalmuseum, Archäologisches
Neoklassizistisches
Bauwerk aus der Feder des deutschen Architekten Ernst Ziller (s. Z)
sowie museale Institution von Weltrang. Beherbergt die vermutlich
bedeutendste Sammlung von Artefakten aus der griechischen Antike, die
es gibt. Hier treten uns die Anfänge der europäischen
Bildhauerkunst in Gestalt der Kouroi und Koren entgegen, wir sehen
lange Reihen von Vasen der unterschiedlichen Stilepochen und
prachtvoll in Stand gesetzte bronzene Skulpturen. Dazu minoische
Wandmalereien, kykladische Idole und natürlich der Schatz von Mykene
(s. M). Das Archäologische Nationalmuseum in Athen, das ist ein
ganzes Kapitel ("griechische Antike") im
Kunstgeschichtebuch eurer Wahl - in 3D. Und übrigens kommen auch
Freunde der Technikgeschichte auf ihre Kosten, leider bin ich jedoch
beim Mechanismus von Antikythera einfach vorbei gelaufen. Es gab
einfach viel zu viel zu sehen.
Der "Jockey" von Artemision. |
O
wie Olympieion
Einstmals
größter Tempel des antiken Athen. Auf einem grünen Areal östlich der Akropolis und hinter dem Hadrianstor gelegen, können seine noch
vorhandenen Überreste - Säulen aus hellenistischer Zeit- besichtigt
werden. Im Vergleich zur Akropolis scheint dies ein recht
beschaulicher Ort zu sein. Man kann sich auf eine Bank setzen und die
antiken Denkmäler in aller Ruhe auf sich wirken lassen.
P
wie Parthenon
Zweifellos
gehört die Athener Akropolis zu jenen Orten auf der Erdkugel, die
gemeinhin ganz weit oben in der Kategorie "Plätze, die man
gesehen haben sollte, bevor man abtritt" eingeordnet werden. Und
ja, das geschieht völlig zu Recht. Auch wenn die alten Bauwerke auf
ihrem Rücken in den Jahrtausenden ihres Bestehens von den Stürmen
der Geschichte ordentlich gebeutelt und auseinander genommen worden
sind, so ist ihre imposante Größe und die Schönheit ihrer Anlage
nach wie vor klar zu erkennen. Wie eine alte Königin thront sie über
der Stadt. Der Parthenon ist ihr bestimmendstes Element. Er steht mit
seiner Historie für die Wechsel der Geschichte: von dem der Göttin
Athen geweihten Tempel (Parthenon bedeutet "Jungfrauengemach")
über eine byzantinische und eine lateinische Kirche zur osmanischen
Moschee und schließlich zum Magnet touristischer Massensammlungen.
Noch im 17. Jahrhundert soll das Bauwerk weitgehend unversehrt
gewesen sein, dann nahmen es die Venezianer unter Beschuss. Was die
Touristenmassen betrifft, mit denen er nun konfrontiert ist, so haben
sich diese zur Zeit unseres Besuches in diesem griechischen
Streikherbst in vertretbaren Grenzen gehalten. Wer die Akropolis nur
von brütend heißen Tagen in der Hochsaison kennt, sollte ihr
unbedingt zu einem etwas ruhigeren (das ist freilich relativ)
Zeitpunkt eine zweite Chance geben. Ergänzend sollte man unbedingt
auch das moderne Akropolis-Museum besuchen, in dem ausgestellt ist,
was auf der Akropolis gefunden und nicht außer Landes gebracht
wurde.
Q
wie Quittung
Wer
für seine in Athen getätigten Käufe oder in Anspruch genommenen
Dienstleistungen Quittungen haben möchte, sollte sich auf den einen
oder anderen Kampf einstellen.
R
wie Riot Dogs
Man
trifft sie auf allen wichtigen Plätzen der Stadt - die Straßenhunde.
Freundliche und gutmütige Gesellen sind sie. Nur manchmal, da packt
sie der Zorn auf die bestehenden Verhältnisse. Da werden dann aus
griechisch-gelassenen Vierbeinern Wut-Wauwaus, die sich an die Spitze
von Protestzügen setzen. Die Folklore der Athener Demonstrantenszene
ist jedenfalls voller Geschichten über mutige Hunde, die sich an
vordersten Front, noch vor den enthemmtesten Steine werfenden
Wahnsinnigen menschlicher Herkunft, Aug in Aug mit der Ordnungsmacht
bewährt haben. Dem unbefangenen Gast fällt allerdings auf, dass sie
genauso gerne mit der Präsidialgarde mitzumarschieren scheinen wie
mit dem Schwarzen Block. Wer jetzt nicht an eine Spaltung der
Hundewelt in zwei feindliche Lager glauben möchte, kommt somit zu
dem Schluss, dass sie ganz einfach sehr gerne Gesellschaft haben. Was
man ihnen auch nicht verdenken kann.
Ein Hund sitzt vor dem Parlament, Syntagma-Platz. |
S
wie Streik
Protestmärsche,
Ausschreitungen, Straßenschlachten sind nicht so schlimm. Aus der
Sicht des Touristen. Man hat das Gefühl, dass man ihnen irgendwie
schon aus dem Weg gehen, einen Bogen machen kann. Was uns wirklich
Respekt eingeflößt hat, war die Aussicht auf tagelange Streiks. Wenn der öffentliche Verkehr steht, keine Taxis
mehr fahren, die Müllabfuhren ihre Arbeit einstellen (s. U), vielleicht sogar die Geschäfte geschlossen haben, streikende
Fluglosten und Zollbeamte die Ausreise erschweren, kann es schon sehr
unangenehm werden. Nach einer kurzfristigen Krisenkonferenz haben wir
aber beschlossen, darauf zu vertrauen, dass die Griechen auch
irgendwie weiter leben müssen und vermutlich auch nicht alle
ausländischen Gäste verlieren möchten. Gestreikt wurde dann zwar
schon ein wenig , aber es ist gut gegangen.
Syntagma-Platz, Brennpunkt. |
T
wie Trilogie, Athener
Drei
Gebäude, die sich an der Eleftherios Venizelos-Straße (im
Volksmund: "Panepistimou") aneinanderreihen. Konkret: die
Akademie der Wissenschaften , die Universität und die
Nationalbibliothek. Alle sind sie in einem streng an antiken
Vorbildern orientieren Klassizismus gehalten. Entworfen wurden sie
vom Dänen Theophil Hansen (dem wir auch das Parlament in Wien
verdanken), wobei der Deutsche Ernst Ziller (s. Z) bei der Akademie
und der Nationalbibliothek maßgeblich mitgewirkt hat. Diese
Bauwerke sind repräsentativ für das neue Athen, das der erste
griechische König, ein vom antiken Griechenland begeisterter Bayer,
in den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts hochziehen ließ.
Aus einem Ruinenacker, um den ein paar Tausend Menschen wohnten,
wurde in jener Zeit die Hauptstadt Griechenlands.
Nicht die Athener Trilogie, sondern "nur" die Nationalbibliothek. |
U
wie Unrat, Berge davon
Im
noblen Viertel Kolonáki, in dem sich unsere Bleibe befand (s. H), war
vom Streik der Müllabfuhren, welcher die Regierung zwecks
Seuchenprävention sogar zu Notverordnungen zwang, nicht mehr allzu
viel zu sehen. In Randlagen war man allerdings noch nicht so
gründlich.
V
wie Verkehrssituation
Athen
hat in Punkto Verkehr nach wie einen eher üblen Ruf. Vor dem inneren
Auge sieht man eine Smogglocke, in der sich Lenker, die
Verkehrsregeln bestenfalls als freundliche Empfehlung betrachten,
wilde Rennen liefern, wie einst die Athleten beim Olympischen
Wagenrennen. In Wahrheit kann sich der Tourist jedoch recht gefahrlos
in Athens Innenstadt bewegen. Fußgängerzonen haben sich hier breit
gemacht und ein gut aus ausgebautes U-Bahnnetz trägt zur
Erschließung des Areals bei. In der Station Syntagma-Platz findet
sich sogar eine sehenswerte archäologische Ausstellung. Und auch vom
einst gefürchteten Smog war zumindest im Oktober (dem im Übrigen
wohl idealen Monat für eine Athen-Reise) nichts zu bemerken.
W
wie Weile, Eile mit
Fast
beschwörend steht es schon in meinem Reiseführer : "Sie sind
im Urlaub, sie haben es nicht eilig!". Dies ist als Hinweis
darauf gedacht, dass das Lebens- und Arbeitstempo in Griechenland
etwas anders ist als man es aus Mitteleuropa gewöhnt ist. Wobei man
sich vor Verallgemeinerung hüten sollte. Es gibt sie schon, die
Lokale und Cafés, in denen man so schnell Bedienung erfährt wie man
es von zuhause her kennt.
X
wie X
Lateinischer
Buchstabe, der aus dem griechischen "Xi" hervorgegangen
ist, welches wiederum dem Phönizischen "Samech" entstammt.
Die alten Griechen haben ja viele kulturhistorische Großtaten
vollbracht, aber eine der wichtigsten davon, ja womöglich die
grundlegende überhaupt, wird gerne übersehen - weil sie uns so
selbstverständlich erscheint. Gemeint ist die erste alphabetische
Schrift überhaupt, die griechische eben. Es handelt sich um eine
Lautschrift, die Vokale wie Konsonanten kennt und ein hohes Maß an
Rationalität und Beherrschbarkeit aufweist. Mit ihrer Hilfe brachen
die Schriftsteller, Wissenschaftler und Philosophen des antiken
Griechenland zu neuen Ufern auf.
Y
wie Y
Lateinischer
Buchstabe, der durch den römischen Diktator Sulla ins lateinische
Alphabet eingeführt wurde, um die Schreibung griechischer
Fremdwörter zu ermöglichen. Im Griechischen "Ypsilon"
geheißen und aus dem Phönizischen "Waw" stammend, das man
aber wie ein "w" aussprach (das Phönizische war eine reine
Konsonantenschrift). Im Übrigen s. X.
Z
wie Ziller, Ernst
Aus
Sachsen stammender Architekt, der Athen wie kaum ein anderer seinen
Stempel aufgedrückt hat. Als Assistent von Theophil Hansen hier
eingetroffen, stellte er bald in jeden Winkel der Stadt
neoklassizistische Bauten. Mit der Zeit entwickelte er Hansens Stil
fort und ließ zunehmend Stilelemente der Renaissance bzw. der
byzantinischen Zeit einfließen. So waren es origineller Weise die
Deutschen und Dänen, die im 19. Jahrhundert versuchten, den alten
Glanz Griechenlands wieder aufzurichten (vgl. auch T). Wie war das nochmal mit der
Geschichte, die sich als Farce wiederholt?
Villa der Familie Stathatou, heute Museum für kykladische Kunst. |
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