Montag, 9. April 2012

Im Kino # 13: Luc Besson - The Lady

F/UK 2011

Einen biographischen Film über eine verehrte, lebende Person der Zeitgeschichte zu machen und dabei auch den privaten Bereich in den Fokus zu nehmen, ist nicht ganz unheikel. Einerseits soll er Realismus vermitteln, andererseits die Privatsphäre und Integrität der betroffenen Person, möge sie auch eine öffentliche sein, respektieren.

Luc Besson hat sich dieser Herausforderung gestellt. Die Person, derer er sich angenommen hat, ist eine Ikone der globalen Menschenrechtsbewegung, die Burmesin Aung San Suu Kyi. Behandelt wird in "The Lady" jener Lebensabschnitt der Menschenrechtsaktivistin, der von ihrer Kindheit im gerade von britischer Herrschaft befreiten Burma (heute offiziell: Myanmar) bis Ende der Neunziger Jahre reicht. Wir erleben das Attentat im Jahr 1948 in Rangun, bei dem ihr Vater, Aung San, der als Burmas Freiheitsheld gilt, ums Leben kommt. Wir sehen, nach einem Zeitsprung, Suu Kyi als Mutter zweier Söhne in ihrem Heim im englischen Oxford, wo sie studiert und ihren Ehemann, den Tibetologen Michael Aris kennen gelernt hat. Dann: Aung San Suu Kyi, wie sie 1988 Burma besucht, weil dort ihre Mutter im Sterben liegt und wie sie dort ungewollt Augenzeugin wird, als die Militärherrscher Studentenproteste blutig niedermachen. Aus dieser zufälligen Präsenz wird sie in den Sog der Ereignisse gezogen, folgt geradezu schicksalshaft ihr Engagement an der Spitze der burmesischen Demokratiebewegung. Und, sie hat schwere Entscheidungen zu treffen, muss ihr privates Glück gegen das Wohl ihres Landes abwägen, dessen Machthaber sie immer wieder in den Arrest zwingen.

Luc Besson hat sich dafür entschieden, weder eine "vollständige" Biographie von Aung San Suu Kyi abzuliefern, noch einen tiefen Einblick in die politischen, historischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge Burmas zu geben. Im Zentrum seiner Erzählung stehenen einerseits natürlich die besonderen Persönlichkeitsmerkmale von Aung San Suu Kyi, die von Michelle Yeoh glaubhaft verkörpert wird. Ihre Willensstärke und ihr Mut, ihr hohes Maß an Selbstdisziplin, ihre unglaubliche Beharrlichkeit und ihre damit verbundene Härte zu sich selbst, ebenso wie ihr tief empfundener, in sich selbst ruhender Pazifismus, ihr höflich-verbindliches Auftreten gegenüber anderen Menschen, ihr gewinnendes Charisma. Auf der anderen Seite geht es um ihre Beziehung zu ihrem Ehemann und ihren Söhnen und um die Opfer, die sie alle miteinander angesichts des Weges, den Suu Kyi gewählt hat, zu erbringen haben. Mithin geht es um die Opfer, die manche Menschen für ein höheres Ziel zu erbringen bereit sind. Opfer, die für ein ganzes Volk vielleicht gerade groß genug, für ein Kind im fernen Europa gleichzeitig vielleicht viel zu groß sind.

Auf dieser gefühlsbetonten Ebene hat "The Lady" seinen Schwerpunkt. Politisches bildet eher einen äußeren Rahmen dafür, Philosophisches taucht in Form von Zitaten oder Werken von Gandhi in den Händen von Suu Kyi und ihren Mitstreitern allenfalls begleitend auf. Der Betonung des Emotionalen entsprechen auch die Dialoge und Interaktionen der Charaktere in ihrer konkreten Ausprägung. Es wird (sehr) viel umarmt, es gibt einigen Pathos, was auch durch die musikalische Untermalung unterstützt wird. Auch wirken die Dialoge wenig raffiniert, merkwürdig glatt, inhaltlich wenig in die (menschliche) Tiefe gehend. Letzteres wird aber auch mit dem eingangs erwähnten Umstand zu tun haben, dass es sich um eine respektvolle Annhäherung an eine real existierende Person handelt, die noch dazu über Jahre faktisch schwer zugänglich war. Der rücksichtsvollen Autorin (hier: Rebecca Frayn) sind im Unterstellen von Aussagen der handelnden Heldin sicherlich Grenzen gesetzt.

Somit bleibt "The Lady" den gezeigten Gewaltakten des Regimes zum Trotz in Summe eher frei von hartem Realismus und wird, nahezu  transzendiert, zu einem Werk der Verehrung für die Tugenden und die Opferbereitschaft seiner Heldin wie auch ihrer Familie. Dank der starken Darsteller (auch David Thewlis, der Michael Aris spielt, ist hervorzuheben) und der Lebensgeschichte von Suu Kyi, die kein Drehbuchautor besser erfinden kann, vermag der Film durchaus zu beeindrucken. Als Sympathiebekundung für die burmesische Demokratiebewegung allemal, aber auch als alles in allem bewegendes Plädoyer für die von Aung San Suu Kyi vertretenen Werte.

Meine Bewertung: 3 von 5 Sternen.

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