Die Unmöglichkeit einer (auch nur annähernd) objektiven Rezension: Wenn du am selben Tag zweieinhalb Stunden in der Dezemberkälte gestanden bist und Unterschriften gesammelt hast, geht beim abendlichen Konzert von deinen Beinen eine gewisse Unlust aus. Das vorweg.
Aber der Kopf war schon noch dabei, vor allem zu Anfang noch, als der Konzertabend im Posthof mit den Steaming Satellites begann. Das war womöglich gar nicht einmal optimal, zielt deren Musik doch eher auf, nunja, andere Ebenen des Bewusstseins. Die Steaming Satellites kommen aus Salzburg und haben sich die Devise Space Rock auf die Fahnen geschrieben. Das Programmheft verheißt "intergalaktischen Psych-Pop", der Bandname und einiges aus dem Textschaffen verweisen ebenfalls auf den kosmischen Kontext. Ein Moog-Synthesizer ist im Einsatz und grundiert den Sound, Gitarren, Bass und Schlagzeug treten hinzu und schaffen gemeinsam einen psychedelischen Vibe. Zu Spüren ist die Suche nach dem nicht allein Klang-, sondern auch Effektvollen, ein Gefühl von durchaus Welt zugewandtem Pop schwebt hier über der vermeintlichen galaktischen Abgehobenheit. Ein durchaus beeindruckender Livesound ist das Ergebnis, der in seiner Tragweite wenige Vergleiche zu scheuen braucht. Hier funkt jetzt freilich mein Kopf dazwischen und merkt an, dass eine Aneinanderreihung von schönen Effekten noch keine ganz große Musik macht. Und, stellt eine zu große Glätte fest, die irgendwie (noch) den Blick auf eine individuelle Seele verstellt. Vielleicht liegt dieser Befund aber auch an der Konstellation als Vorgruppe, die sowohl den Musikern als auch seinem Publikum ein tieferes Eindringen in die erstrebte Dimension verweigern muss.
Ein übertriebenes Heischen nach Gefälligkeit kann man jedenfalls den Two Gallants nicht wirklich vorwerfen. Freilich, das ist kein experimenteller Noise Rock, der da von der Bühne brandet, aber dem Konsens verschriebene Durchschnittsmusik ist es auch nicht. Bei den Two Gallants handelt es sich tatsächlich um zwei junge Männer. Da ist Adam Haworth Stephens, der die Gitarre (meist elektrisch, selten akustisch) betätigt und da ist Tyson Vogel, der das Schlagzeug beackert. Die White Stripes - Formel gewissermaßen, nur dass hier weniger weltläufige Hipness am Werke ist, sondern vielmehr der Staub des amerikanischen Westens an den Stiefeln klebt. Two Gallants sind in der Americana-Musik geerdet, die sie in die Form harter Rockmusik schaufeln. Das ist Hard Folk Rock gewissermaßen, mit einer Cowpunk-Attitüde versehen. Auf ihrem aktuellen, hörenswerten Album "The Bloom and the Blight" haben sie den Rockimpetus noch einmal merklich verstärkt, lassen die Country- oder Folkballade eher beiseite und marschieren mehr in Richtung "Stairway to Heaven". Live wird daraus dann eine scharfkantige, metallisch schallende Musik, die mit der Introvertiertheit und Intimität des Folk nicht mehr viel gemein hat. Drummer Tyson Vogel hämmert frenetisch den Takt, laut und dominant schallt sein Instrument. So dominant, dass es zuweilen die Möglichkeiten der Band in eine selbst gewählte eiserne Maske legt, unter der auch die markante, rauchige Stimme von Adam Stephens abzutauchen droht. Two Gallants in echt, das ist ganz anders, als von der Platte: die Rhythmik ist brachialer (wenn auch zugleich klar und pointiert), die lyrisch-melodische Qualität weniger ausgeprägt. Die Gefahr: eine gewisse Monotonie. Natürlich waren sie aber im Posthof auch da, die großen Two Gallants-Momente: eine inspirierte Version von "Halcyon Days", ein schönes "Steady Rollin´" (der große Indie-Hit der Band), ein würdiger Abschluss im Form der "Waves of Grain". Etwas enttäuschend fand ich hingegen die etwas lustlose Wiedergabe meiner persönlichen Lieblingsnummer vom aktuellen Album, "Ride Away", ein der großen Rockbands der Siebziger würdiges Stück Gitarrenherrlichkeit. Und dann war da noch "Las Cruces Jail", von Tyson Vogel mit einem gleichmäßigen Affenzahn durchgepeitscht, skelettiert bis auf die Blues-Knochen. Tom Waits ließ grüßen.
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