Sonntag, 3. November 2013

In Concert # 38: The Wave Pictures, 26.10.2013, Chelsea, Wien

Nationalfeiertag 2013. Abends strömen die Menschen ins Chelsea unter dem Stadtbahnbogen. Es ist nicht ganz so voll wie bei den Beach Fossils, aber doch recht beengt. Aber das Thema hatten wir schon.

Auf dem Programmzettel: die Wave Pictures, eine britische Band, die bislang deutlich unter meinem Wahrnehmungsradar geflogen ist. Das mag auch damit zu tun haben, dass die dreiköpfige Partie nicht mehr ganz unter die Kategorie "hip und neu da" zu subsummieren ist. Seit Mitte der Neunziger sind die drei Herren aus Leicestershire aktiv, haben ihre Band noch zu Hoch-Zeiten und unter dem stilistischen Einfluss des Britpop gegründet und lange ihre Platten in Eigenregie heraus gebracht. 2006 ging es endlich zu einem Plattenlabel, da ging die Ära des Britpop freilich schon wieder zu Ende. Die Wave Pictures haben sich nicht beirren lassen und konstant ordentliche Alben gemacht, die sich zuletzt stark in Richtung Americana bewegt haben.

Das spricht doch für eine gewisse unverbrüchliche Liebe zur Musik als Selbstzweck und so treten die Wave Pictures an jenem Feiertag auch auf: aufgeräumt und guter Dinge. Der Frontmann mit der Gitarre lobt die eben erprobte Qualität des hiesigen Rindfleisches und wirkt entsprechend gut motiviert. Zudem freut er sich darüber, dass seine Band über eine "Geheimwaffe" verfügt: einen singenden Drummer. Meist singt dann aber doch Johnny Tattersall, der Gitarrist, und er tut das in einer Weise, die sehnend-melancholisch daher kommt, aber doch einen augenzwinkernden Twist aufweist. Very british. Gelegt wird der Gesang auf gefällig dahin federnden Poprock, der aus dem gesamten Fundus britisch-amerikanischer Popgeschichte schöpft.

Die Wave Pictures erweisen sich vielleicht nicht als Meister in einer Disziplin, im Pop-Zehnkampf haben sie aber gute Karten. Sie spannen den Bogen von 60er-Melodien über Bluesrock zu 80er-Post Punk und hinein in die Jetztzeit. Manches klingt in seiner ausgefeilten Rhythmik so, als könnte es den Instrumenten der Foals oder von Vampire Weekend entstiegen sein. Nur das Country- und Folkelement, das auf ihren letzten Veröffentlichungen so dominant war, hören wir nicht so richtig. Das mag an der Liveinstrumentierung liegen.

Das Konzert folgt einer sicher nicht ganz zufälligen Dramaturgie. Stark legen die Wave Pictures los, das, was nicht ganz so gut funktioniert, kommt eher in der Mitte, dann baut sich wieder ein schöner Spannungsbogen auf. Vielleicht der Höhepunkt: der "singende Drummer" (Johnny Helm), dessen hinter seinem Arbeitsgerät erbrachte, vokale Beiträge sonst nicht so umhauen, gibt bei sehr reduzierter Begleitung den Titel "Now You Are Pregnant" zum Besten. Gänzlich ohne dabei am Schlagzeug werken zu müssen, aber dafür mit umso mehr Hingabe. Da taucht dann auch - zumindest inhaltlich - Johnny Cash auf (oder ab).

Ein unterhaltender musikalischer Abend.



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