Verfluchte Spätschichten! Diese Achtelfinali wollen nicht enden. Zuerst wird 90 Minuten gearbeitet, gekämpft und wohl auch gar nicht so selten auf das Tor geschossen. Aber irgendwie scheint es, als ob die Kugel kurz vor dem Einschlag auf eine Störung im Raum-Zeit-Kontinuum träfe und abgelenkt würde oder sich in den Fanghandschuhen der Keeper Magnete befänden, die sie hinein saugen würden. Oder sind es die Beine und Köpfe der Spieler, die durch die Last der K.O.-Runde schwer wie Blei sind und keine rechte Schwungkraft mehr entfalten wollen? Wie auch immer, die Goal Line - Technologie darbt dahin. Null zu Null und Verlängerung.
Und weil das zweite Spiel erst um 22 Uhr beginnt, ist es da schon so spät und der innere Kampf tobt: Schlafen gehen oder nicht? Meistens gewinnt die Vernunft. Meistens. Aber auch da wird die Nacht gekürzt und der Schädel ist am nächsten Tag schwer wie die Kopfball spielenden Köpfe der deutschen Angreifer gegen Algerien.
Favoriten? Hier herrscht rundum Ratlosigkeit. Keiner hat bisher wirklich überzeugt, wirklich mühelos gesiegt. Kolumbien vielleicht, aber dass die Weltmeister werden, traut sich dann doch noch keiner so richtig tippen. Auch bei unserem Bürotippspiel hat niemand auf Kolumbien gesetzt. Dafür einige auf Spanien. Worauf ich gesetzt habe, sage ich lieber nicht.
Die "Furia Roja" von 2010 würde mit den Teams, die 2014 um den Titel rittern, vermutlich kurzen Prozess machen. Aber Spanien ist zu Recht nicht mehr dabei. Und wir fragen uns: Was kommt nach?
Am meisten spielerisches Vermögen, am meisten ballesterische Kreativität hat in diesem Achtelfinale der taumelnden, aber nicht fallenden, Fußball-Großmächte womöglich Belgien demonstriert. Nur mit der Effektivität hapert es noch gewaltig. Und die Abwehrreihe muss erst beweisen, dass sie auch gegen Teams klar kommt, die einen Sturm haben, der diese Bezeichnung auch wirklich verdient.
Gefährlich bleiben die Niederländer. Abgezockt agieren sie, kaltblütig und wie immer nicht ganz innerhalb der Parameter der Fairness. Andererseits: Wenn Marquez Robbens Zehe im Strafraum touchiert, muss er damit rechnen, dass das Konsequenzen hat. Selber schuld. Und Van Gaal hat auch Recht, es geht beim Fußball letztlich nicht darum, dass sich Johann Cruyff eine Träne der Rührung aus dem Augenwinkel wischt, sondern vielmehr darum, aus den gegebenen Mitteln das Maximum heraus zu holen.
Dafür ist ja besonders Griechenland bekannt. Schade, dass Mitroglu den letzten Kopfball gegen die Fluchbezwinger nicht versenkt hat (wieder so ein Kopfball, der sich auf die Hand des Keepers neigte), ich habe mittlerweile eine perverse Freude entwickelt, zu beobachten, wie sich die Hellenen immer wieder weiter wurschteln.
Frankreich wiederum wurschtelt nicht, sondern strebt erhobenen Hauptes durchs Turnier. Offenbar ist alles derart in trockenen Tüchern, dass die bleus es sich leisten können, interessante soziodynamische Experimente mit Benzema und Giroud in ein und demselben Angriff durchzuführen. Was kommt gegen Deutschland? Didier Deschamps höchstpersönlich als hurtiger Linksaußen? Kein Torhüter? Wobei: Deutschland hat es ja vorgezeigt: Torhüter werden überbewertet! Ein defensiver Mittelfeldspieler, der gelegentlich zurück ins Tor eilt, tut es auch!
Und Brasilien und Argentinien? Zu Argentinien will mir gar nichts einfallen. Und Brasilien, nein , sorry. Ich will nicht glauben, dass eine Mannschaft, die keine bessere Alternative hat als Fred im Sturmzentrum aufzubieten, Weltmeister werden kann. Aber, bitte, lassen wir uns überraschen.
Das ist übrigens der Speiseplan für das Viertelfinale:
Freitag, 4.7.2014, 18 Uhr, Frankreich - Deutschland, Essen: Französisch
Samstag, 5.7.2014, 18 Uhr, Argentinien - Belgien, Essen: Belgisch
Da dürfen sie ruhig verlängern. Da ist Wochenende.
Howard mit den Magnethänden.
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5 Kommentare:
Ich bin sicher, die Kammermitglieder haben vollstes Verständnis, wenn Du ihnen sagst, dass sie lieber zwei Stunden später anrufen sollen, wenn Du das erste Büroschläfchen nach der harten Fußballnacht hinter Dich gebracht hast !
Das ist halt der Unterschied. Du kannst Dir die späten Spiele öfters nicht ganz anschauen. Ich konnte mir dafür die 18 Uhr Spiele nie anschauen, weil ich so bald von der Arbeit noch nicht zu Hause bin.
Ja,in Wien fängt man ja auch erst zum Arbeiten an, wenn andere schon beim Mittagessen sitzen :)
Und natürlich haben die geringfügig verkürzten Nächte keinerlei Einfluss auf meine tatsächliche Arbeitsleistung. Mit etwas Willen geht das. Ich leide nur mehr.
Everybody hates Fred - über den holländischen Torhüter schimpft auch niemand (und der ist auch nicht gerade Weltklasse). Die Griechen mag ich auch ("perverse Freude" triffts ziemlich gut).
Ich hab nichts gegen Fred. Um so etwas wie eine Antipathie entwickeln zu können, müsste da etwas sein, das handelt, tut, macht. Von Fred hingegen habe ich bisher nur mitbekommen, dass er einmal zufällig im richtigen Moment umgefallen ist.
Fred ist eben sehr subtil unterwegs...
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