Montag, 23. Dezember 2019

Rückblog 2019: Meine bestgehörten Alben des Jahres, Platz 5

Das Rückblog ist back. Was soll ich sagen, am Ende des Jahres reizt es eben auch mich wieder einmal, ein wenig zu reminiszieren.

Wie in blogtechnisch guten und - das jedenfalls - alten Zeiten blicke ich zurück auf Töne, Bilder, Ereignisse des vergangenen Jahres, die mich beeindruckt, die inspiriert haben.

Damals gab es ja auch alljährliche Jahresumfragen. Blogleser*innen und befreundeten Personen haben ebenfalls ihre Favoriten mitgeteilt. Sogar Gewinnspiele gab es da. Und, ich glaube es stehen zwei ausgelobte Auslosungen noch immer aus. Reden wir nicht darüber.

Reden wir über Musikalben, die ich 2019 besonders gerne, intensiv, öfter gehört habe. Tun wir das ohne Umschweife. Während das eine Kind schläft und das andere zufällig gerade in einer anderen Stadt weilt.

Wir müssen hier kurz über die Musikselektion reden. Wer hier eine Bestenliste mit angesagten Platten wie aus Musikmagazinen erwartet, braucht gar nicht weiter zu lesen. Die haben es dieses Jahr nicht in meine Top 5 geschafft. Eines meiner bevorzugten Musik-Jagdgebiete sind ja die medienendzeitlichen Gefilde des zerfallenden CD-Imperiums, namentlich die Wühlkisten und Resterampen von Elekro- und Medienhändlern, die Flohmärkte mit ihren Beständen aus aufgelösten Plattensammlungen, weil der Besitzer längst schon wieder Vinyl hört oder aber Dateien klickt und streamt. Und mein derartig anachronistisches Verhalten schlägt sich dieses Jahr besonders stark nieder.


05  Mahalia Jackson - Portrait
      CéDé, 1986 (Compilation)




Gleich zu Beginn ein Flohmarktfund. Eine von unzähligen Compilations, die im Laufe der letzten Jahrzehnte mit irgendwelchen Aufnahmen von Mahalia Jackson geschnitten wurden. Obskur genug, dass man sie gerade noch auf Discogs findet, nicht aber auf YouTube. Verrauschte, unscharfe, grieselige Aufnahmen, wie von ächzenden alten Plattenspielern oder alten Transistorradios wiedergegeben.

Aber durch all die Patina dringt die Stimme der "Queen of Gospel" wie ein Strahl. Entrückt, leidenschaftlich, mit der Emphase der Südstaaten-Sängerin aus New Orleans. Mahalia singt hier alles in Grund und Boden oder in den geglaubten Himmel hinauf, wenn man so will. "Nobody Knows The Trouble I´ve Seen", "Go, Tell It On The Mountain", "I Believe".

Sie steht mit am Anfang des modernen Gospel, gemeinsam mit ihrem frühen Kompagnon Thomas Dorsey. Ihre Art des Singens leiht bei Vorbildern im Blues, den sie zwar schon als Kind heimlich gehört, aber nie selbst gesungen hat. Tatsächlich: bei konservativen Kirchgängern stieß der "neue" Gospel auf Kritik, weil er eben musikalische Elemente von Blues und Jazz übernahm.
Auf "Portrait" ist diese Vielfalt erlebbar. Inbrünstig vorgetragene Hymnen sind da ebenso vertreten wie der beschwingte 50er-Jahre Rhythm´n´Blues "Walking To Jerusalem" mit männlichen Background-Vokalisten. Manche Songs wirken wir alte Spirituals, andere wie neuzeitliche Pop-Balladen. Bei "My Story" vereinigt sich Mahalias Gesang nicht bloß mit einer Orgel, sondern auch mit Congas. Mahalia kann das alles.

Und es macht Sinn, wenn man liest, sie habe unmittelbar vor der "I Have A Dream" Rede Martin Luther Kings gesungen. Eine bessere Vorlage zur Verzückung hätte der Bürgerrechtsprediger nicht haben können.

Den speziellen Reiz, den Patina-bedeckte Aufnahmen in Zeiten von digitalem Klang haben, kann ich hier nicht vermitteln, denn dieses "Portrait" gibt es nicht im Netz. Aber hier dafür ein schönes "Go, Tell It On The Mountain":


 



Schöne Feiertage!

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