Sonntag, 8. April 2007
Jahresrückblick, Teil 1
Mein Kinojahr 2006 - Die Rangliste, Platz 26-13
Teil eins meines Rückblicks auf Anno Domini 2006 widmet sich meinen Aufenthalten in diversen Lichtspieltheatern zwischen Linz und Wien. Ich habe alle Filme, die ich in diesem Jahr gesehen habe, in eine qualitative Reihung gebracht und jeden Streifen mit einem kurzen Kommentar versehen. Die Bewertungen stammen aus meinem Terminkalender, wo ich sie immer kurz nach dem Kinobesuch hinein geschrieben habe. Die Kommentare hingegen habe ich gerade erst jetzt verfasst, also teilweise mehr als ein Jahr nach dem Ansehen des fraglichen Filmes. Die Rangliste beginnt bei den verhältnismäßig am wenigsten überzeugenden Werken und arbeitet sich dann nach oben. Dieses erste Post umfaßt die Plätze 26-13. Die Plätze an der Sonne folgen.
26 - Oskar Roehler: "Elementarteilchen", D 2006
Bewertung: ***
Gesehen: 3.3., Cineplexx Linz
2005 landete Oskar Roehler mit "Agnes und seine Brüder", einer sehr gut gelungenen Tragikomödie mit einem brillianten Moritz Bleibtreu, in meinen persönlichen Kinocharts einen Überraschungserfolg (****) . Dagegen wirkt "Elementarteilchen" nur wie ein müder Abklatsch. Unentschlossen und ziemlich uninspiriert pendelt die Houellebecq-Adaption zwischen schwarzer Komödie und Tragödie. Moritz Bleibtreu und Martina Gedeck retten drei Sterne.
25 - Barbara Albert: "Fallen", Ö 2006
Bewertung: ***
Gesehen: 8.10., City-Kino, Linz
Wieder so ein Fall eines sichtbaren Rückschritts einer zweifellos begabten Regie-Person. Eher Pseudo-Tiefsinniges aus Österreich. Zumindest nicht direkt langweilig.
24- Jacques Audiard: "De battre mon coeur s´est arrêté" (dt. "Der wilde Schlag meines Herzens"), F 2005
Bewertung: ***
Gesehen: 17.1., City-Kino, Linz
Sehr französisch, aber von der weniger prickelnden Sorte. Das Leben der Franzosen kann nicht so eine triste Angelegenheit sein, wie es uns eine ganze Generation von französischen Filmemachern weismachen will. Filmemacherisch sehr solide gemacht.
23- Jason Reitman: "Thank You For Smoking", USA 2005
Bewertung: ***
Gesehen: 11.11., Gartenbau, Wien
Zeitweise recht witzige Angelegenheit. Der Film scheitert aber dennoch merkbar an seinen eigenen Ambitionen, ist nicht die Über-Polit-Satire, die er gerne darstellen würde. Ausserdem so konzipiert, dass sich letztlich jeder bestätigt fühlen kann, was Misstrauen erwecken muß.
22- Larry Charles: "Borat - Cultural Learnings of America for Make Benefit Glorious Nation of Kazhakstan",
USA 2006
Bewertung: ***
Gesehen: Cineplexx Linz, 20.11.
Ein polnisch sprechender "Kasache" erkundet die USA. Mal ganz abgesehen von den unappetitlichen Gerüchten um die Entstehung des Streifens: Sasha Baron Chohen sind natürlich wie immer - neben viel Leerlauf - ein paar klassische komödiantische Szenen gelungen, die man nicht mehr vergisst. Aber auch dieser Film hat jenen wesentlichen Makel: Er funktioniert zu gut bei zu unterschiedlichen Crowds. Die primitiven Schenkelklopfer können sich johlend an rassistischen, antisemitischen und sexistischen Witzen delektieren, während sich deklarierte Geistesmenschen an der vermeintlichen Subversivität des Filmes nicht satt sehen können. Ein Film, der hundert Mal mehr über den Zustand unserer gegenwärtigen Humorkultur aussagt, als über die Amerikaner, die Kasachen oder sonst wen..
21- Martin Campbell: "Casino Royale", USA/D/UK/CZE 2006
Bewertung: ***
Gesehen: 7.12., Cineplexx Linz
Interessanter Ansatz, einen in der Vergangenheit angesiedelten James Bond-Film in der Gegenwart spielen zu lassen. Der Film beginnt viel versprechend, leidet aber ab Halbzeit an einem immer schlechter werdenden Skript. Was ihn rettet: Daniel Craig ist ein fantastischer James Bond, gibt diesen mit einer natürlichen, harten Coolness, die beeindruckt. Ist dabei so konsequent, dass man seiner Figur jede Ehrfurcht zollen muss, lässt dann aber in wohldosierten Momenten die Zügel auch wieder locker und lässt allzu menschliche Seiten erkennen, so dass man ihr auch Sympathie nicht verweigern kann.
20- George Clooney: "Good Night, And Good Luck", USA 2005
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 22.2., City-Kino, Linz
Regisseur gewordene Star-Schauspieler scheinen mit besonderer Vorliebe einem nüchternen, neoklassischen Filmstil zu frönen (siehe Clint Eastwood, Robert De Niro). George Clooney macht da keine Ausnahme. "Good Night, And Good Luck" ist ein guter Film, keine Frage, aber erstaunlich wenig hat wirklich Eindruck hinterlassen und ist in meinem Kopf hängen geblieben. Eine nüchterne, solide Arbeit.
19 - Detlev Buck: "Knallhart", D 2006
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 11.4., City-Kino, Linz
Nicht unspannende Geschichte eines Jungen aus einstmals wohlhabenden Verhältnissen, den es in das Berliner Problemviertel Neukölln verschlägt. Gangland Germany, schonungslos porträtiert.
18 - Fridolin Schönwiese, "Volver La Vista - der umgekehrte Blick", Ö 2005
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 5.5., Moviemento, Linz
Gut gemachte Gegenmontage österreichischen und mexikanischen Lebens.
17 - Woody Allen: "Scoop - Der Knüller", USA 2006
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 9.12., Votiv, Wien
Selbst in insgesamt eher mäßigen Woody-Allen-Filmen gibt es sie, diese speziellen Momente, wo ich weiß, dass ich mir mein Kinoticket nicht zu Unrecht gekauft habe. Bis auf "Small Time Crooks" habe ich noch keinen der unzähligen Woody-Allen-Filme bereut, die ich gesehen habe. Ein Sager, ein Gag, ein Geste, eine Wendung, vielleicht nur irgendeine komische Regung - und ich bin zufrieden.
16 - Spike Lee: "The Inside Man", USA 2006
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 24.3., Artis International, Wien
Der Film hält gegen Ende nicht ganz das, was er anfangs verspricht, der Action-Thriller mag vielleicht doch nicht ganz das Genre des Spike Lee sein. Eines aber bleibt unbestritten: Lee ist ein Meister akkurater, zugleich vielsagender Alltagsbeobachtungen. In kleinsten Szenen, vor allem in seinen ungemein fein gesponnenen Dialogszenen, werden größte Themen, wie der Zustand Amerikas nach 9/11 oder seine Leib- und Magen-Themen Ausgrenzung und Alltagsrassismus verhandelt; die "große" Welt hält ihre Probe im Kleinen.
15- Pedro Almodóvar: "Volver", E 2006
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 5.8., Votiv, Wien
In "Volver" begegnen uns wieder einmal jene typische Stoffe, aus denen Almodóvarsche Streifen gewoben sind: Geschlechteridentitäten, Phantastik, Kritik an der modernen Medienwelt, sexuelle Gewalt. Im Ergebnis nicht der ganz große Wurf, aber nicht langweilig. Und: Die Leinwandpräsenz von Penelope Cruz, bleibt, ob man will oder nicht, haften.
14- Carlos Saldanha: "Ice-Age 2 - The Meltdown", USA 2006
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 10.4., Central, Linz (R.I.P.)
Einmal über globale Erwärmung lachen dürfen, dieser Animationsfilm machts möglich. Auch wenn die Neuauflage des 2002er- Hits nicht wirklich viel Neues zur bewährten Formel hinzufügt, möchte man doch fast die fragwürdige Rede vom "unbeschwerten Kinovergnügen" bemühen. Fast, denn da ist ja auch noch der erwähnte Bezug zu aktuellen Umständen. Ernst beiseite: Das Allerwichtigste aus dem Film findet man im übrigen hier.
13- Sven Taddicken: "Emmas Glück", D 2006
Bewertung: ***1/2
Gesehen: 9.11., Moviemento, Linz
Regisseur Sven Taddicken hat bereits 2001 als 17-Jähriger mit "Mein Bruder, der Vampir" mit (der damals 13-jährigen) Julia Jentsch bewiesen, dass er fähig ist, schwierige Themen souverän anzupacken. Handelte es sich dabei dazumals um die Themen geistige Behinderung und Sexualität sowie Inzest, so konfrontiert der Hamburger sein Publikum diesmal mit Krebs und Sterbehilfe. Dass man dennoch mit einem Gefühl von Frieden den Kinosaal verlässt, verdankt man der Feinfühligkeit des Regisseurs in Verbindung mit der schauspielerischen Leistung von Jürgen Vogel und Jördis Triebel. Immer wieder erstaunlich, diese Fähigkeit gerade der guten deutschen Filmemacher, Tragisches organisch mit Komischem und Schönem zu vereinen (Ausnahme, die die Regel bestätigt: "Elementarteilchen", aber hier kann man vielleicht der französischen Originalvorlage die Schuld zuschieben..).
Fortsetzung folgt...
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