Montag, 20. Oktober 2008

In Concert # 6: Madsen, 14.10.2008, Posthof (Linz)



Sie sind jung und sie brauchen den Kick. Sie sind zwischen 16 und 18, haben buntes Gewand und bedruckte T-Shirts an und sind im Alltagsleben wohl im Petrinum oder im Akademischen Gymnasium anzutreffen. Etwas unsicher blinzeln sie noch in die wilde Rockwelt.

Madsen sind da und der Posthof ist gut mit Minderjährigen gefüllt. Madsen sind dreieinhalb Zwillinge und deren Großvater am Keyboard. Madsen spielen eine gekonnt-schmissige Mixtur aus The Clash-Punk, Oasis-Britrock und viel Deutschrock-Gefühligkeit. Madsen sind eine hervorragende Liveband. Ihr junges Publikum zeigt sich aufs Äußerste enthusiasmiert und gibt bald so etwas wie einen Gymnasiasten-Pogo zum Besten - großen Kreis bilden und dann, beim Höhepunkt der Nummer, blindlings durcheinander laufen. Das wirkt auf den ersten Blick wild, stellt sich aber bei genauerer Betrachtung als recht harmlos heraus. Ringelpiez für Nachwuchsakademiker.

Neben mir ruft ein vergleichsweise älterer Herr zwar gelegentlich "Revolution", aber davon ist man hier meilenweit entfernt. Die Musik der Niedersachsen ist, wie alles, was für den Teenager-Markt gemacht wird, nicht progressiv, stilbildend oder gar revolutionär, sondern vor allem eine geschickte Mischung aus Erfolg verheißenden, schon lange existenten Zutaten. Wichtig ist natürlich neben den schmissigen Tönen aus der Pophistorie, dass bestimmte Themen angesprochen werden, wie Freundschaft oder erste Liebe. Und, dass jeder Sechstklässler alle Lieder Zeile für Zeile mitsingen kann.

Madsen sind sympathische H&M-Punks, die sich für ihre jungen Freunde förmlich zerreißen. Der Sänger der Band ist an diesem Abend im Posthof sichtlich noch rekonvaleszent. Immer wieder muss er zwischen den Liedern am heißen Tee nippen, muss sich für seine heisere Stimme entschuldigen, der Schweiß rinnt ihm in Strömen vom Körper.

Madsen sind komplett harmlos. Wer hier jugendliches Aufbegehren, die Lust am Ausloten von Grenzen, den Flirt mit der Revolte erwartet, findet sich im falschen Film wieder. Immerhin, Madsen sind als role model völlig unbedenklich, auf jeden Fall um Klassen besser als von Bierzelt zu Bierzelt rasende, berufsjugendliche Rechtspolitiker.

"Das Gute an diesen Teenie-Konzerten ist, dass die nicht so stinken!" lässt sich nach dem Konzert der Schlagzeuger der völlig vernachlässigbaren, Südstaaten-rockenden Vorband (solange es Vorbands geben muss, muss es wohl auch Südstaaten-Rock geben, sind mein Begleiter und ich uns einig) vernehmen, der am Merchandising-Stand sitzt und vergeblich auf Kundschaft wartet.

Womit ein weiterer positiver Zug eines Madsen-Abends angesprochen wäre.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

interessant. neben mir hat ein älteres semester auch andauernd was von "revolution" gefaselt ...

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