Schlagen wir also die "Heute" von gestern auf, Oberösterreich-Ausgabe.
In Linz ist eine schreckliche Bluttat geschehen, man hat davon gehört. Vor einer Diskothek haben vier Bosnier einen 21-jährigen Landsmann tot geprügelt. Die vier jungen Gewalttäter im Alter von 17-21 Jahren sind rasch ausgeforscht worden und suchen nun im polizeilichen Verhör nach allerhand rechtfertigenden Argumenten. Sie verantworten sich damit, dass sie den jungen Mann nur deswegen derart hart attackiert hätten, weil sie nicht erkannt hätten, dass es sich um einen Bosnier handelte. Sie hätten ihr Opfer für einen Österreicher gehalten.
Mag sein, dass das der Wahrheit entspricht und nun im Schock der Erkenntnis, jemanden aus der eigenen Gemeinde getötet zu haben, diese Wort fallen. Mag sein, dass es auch gelogen ist und die Täter das Opfer sehr wohl kannten (was angesichts der relativen Überschaubarkeit der bosnischen Szene in Linz nicht ganz abwegig ist) und nun ein Motiv verschleiert werden soll. Wahrscheinlich handelt es sich aber auch einfach nur um den hilflosen Versuch, in der nunmehr eingetretenen, emotionalen Extremsituation irgendetwas Rechtfertigendes zu finden, eine klägliche Verteidigungslinie zu etablieren. Eine Verteidigungslinie, die sich möglicherweise während der Zeit zwischen Tat und Festnahme in Gesprächen zwischen den Bosniern herausgebildet hat.
Mehr als derartige Spekulationen anstellen, können wir aufgrund der spärlichen Informationen über das Verhör der Täter nicht.
So weit, so schrecklich.
Aber es gibt da auch noch "Heute". Die hochqualifizierten Kriminalpsychologen, die dort in der Redaktion Dienst tun, haben eine Erklärung parat und sie haben sie in eine pointierte Schlagzeile gefasst:
Bosnier (21) totgeprügelt, weil er wie ein Österreicher aussah
So liest sich das dann also in der Schlagzeile der Gratiszeitung. Bosnische Mobs machen offenbar gezielt Jagd auf Österreicher. Oder auf Bosnier, die es wagen, wie Österreicher auszusehen. Weil man bei "Heute" eben keine Probleme damit hat, mal flugs eine aus dem Zusammenhang gerissene Verantwortung jugendlicher Straftäter mit dem Motiv der Straftat gleichzusetzen. So funktioniert österreichischer Boulevardjournalismus.
Und da wundert sich noch irgendwer über 30%?
Schon gar nicht wundert man sich, wenn man die ORF-Diskussion der JournalistInnen am späten Wahlabend verfolgt hat. Wenn man den enervierten Zynismus der einen Herausgeberin erlebt hat ("also, ich bitte Sie, meine Zeitung hat sicher von allen die meisten FPÖ-Wähler unter den Lesern!"). Und den anderen Herausgeber, der sich und aller Welt einreden möchte, dass er und seine Redaktion so etwas wie "guten" Boulevardjournalismus machen, der sich die politische Welt so schönredet und schreibt, wie er sie gerne haben möchte und der dabei keinerlei Probleme damit hat, sich das Geld der FPÖ in die Taschen zu stopfen, indem er zu reißerischen Aufmachern über Kriminalitätszunahme HC-Strache-Anzeigen drucken lässt.
Natürlich sind diese Gestalten und Gestalter nicht alleinverantwortlich. Aber ihre Publikationsmaschinerie kanalisiert, leitet und verstärkt den Gestank.
Die weiteren Gründe und Ursachen hat der PROFIL-Chefredakteur sehr schön in seinem Leitartikel auf den Punkt gebracht. Die Medienfrage lässt er allerdings interessanter Weise ängstlich außen vor..
4 Kommentare:
Zur Verteidigung von 'Heute': So ähnlich dürfte die Aussage tatsächlich gewesen sein. Die Gruppe nannte sich 'Bad Boys' und attackierte gezielt Österreicher und anderen Nationalitäten (außer Bosnier). Eine merkwürdige Geschichte.
Der Ermordete war übrigens aus Mauthausen, nicht aus Linz. Und es gab vorher eine Art Gespräch auf Bosnisch, daher wussten sie, dass Adis ein Landsmann war.
Hm, wenn sie sie sich vorher auf bosnisch unterhalten haben, stimmt ihre Aussage vor der Polizei, sie hätten nicht gewusst, dass es sich bei ihrem Opfer um einen Landsmann handelt, aber definitiv nicht.
Genau diese Interpretation legt aber "Heute" dem konkreten Vorfall zugrunde.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass sich die Bande sonst gerne mit Angehörigen anderer Nationalitäten schlägert.
In dem konkreten Fall war das nämlich eben offensichtlich nicht der Hintergrund, denn die Täter wussten ja, dass es sich bei ihrem Opfer um einen Bosnier handelt. Die Ursachen für die Eskalation bis hin zum Mord sind also eher in dem Wortwechsel zuvor zu suchen.
Davon berichtet aber "Heute" gar nichts, sondern bietet eine Interpretation an, die durch die bekannten Fakten nicht gestützt wird, sondern in erster Linie die xenophoben Gelüste der Leserschaft befriedigt.
Das wahre Problem ist natürlich die Konzentration auf 'Ausländer' (auch wenn sie Österreicher waren, wie das Opfer). Denn eigentlich ist es egal - hier ist ein Mensch umgebracht worden.
Interessant, dass der Doppelmörder von Lembach/Stmk. nicht in jeder dritten Zeile als 'Österreicher' bezeichnet wird. Der ist nämlich ein ganz österreichischer Stammtischbruder.
Natürlich!
Ich war ja damals ganz verwundert, als ich am Straflandesgericht praktiziert habe und feststellen musste, dass 6 von 7 Gewaltkriminellen, mit denen mein Richter befasst war, Österreicher waren. Herr Mayer, Herr Müller, Herr Lehner, so ist das dahingegangen..
Migranten waren freilich auch immer involviert. Das waren nämlich diejenigen, die von den besagten Herrn attackiert worden sind.
Eigentlich erstaunlich, wenn man die Schlagzeilen von "Krone" und "Heute" so liest..Oder auch wieder nicht, wenn man so will..
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