Angesichts der letzten Umfragewerte, die alles andere als einen Sieg von Barack Obama schon als ziemlich unwahrscheinlich erschienen ließen, muss man es sich erst wieder vor Augen führen: das, was da gestern drüben in Amerika passiert ist, ist eine Sensation von welthistorischen Dimensionen.
Nicht nur, dass da ein Mensch nicht-weißer Hautfarbe zum Präsidenten der USA gewählt wurde (als Afro-Amerikaner kann man den Sohn einer Weißen und eines kenianischen Austauschstudenten, der in einer weißen Familie auf Hawaii und in Indonesien aufgewachsen ist, beim besten Willen nicht bezeichnen). Beim deutlichen Wahlsieger handelt sich auch noch um einen Nordstaaten-Demokraten, der einer liberalen Kirchengemeinde angehört, die als erste in den Staaten für das Recht der Homosexuellen, zu heiraten, eintrat.
Noch vor wenigen Jahren hätte man dieses Szenario als völlig absurd zurückgewiesen.
Natürlich haben Obamas politische Hauptwidersacher, die Republikaner, durch ihre durch eigene Dummheit und Gier verschuldete Implosion den Weg für den Senator aus Illinois freigemacht. Vermutlich hätte unter den gegebenen Umständen (Finanzmarktkrise, Bush-Desaster) auch Hillary Clinton McCain geschlagen. Es war aber an Obama, diese Chance zu ergreifen. Er war es, der Weltgeschichte perfekt machte.
Dass ihm das nun in dermaßen eindrucksvoller Manier gelungen ist, hat er der Tatsache zu verdanken, dass er es mithilfe seiner unbestrittenen rhetorischen Fähigkeiten geschafft hat, trotz seines (im US-Kontext) pronounciert linksliberalen Backgrounds die "Mitte der Gesellschaft" zu erreichen. Und, dass er es tatsächlich vermocht hat, die Klientel seiner Vorwahl-Widersacherin Clinton auch für seine Sache zu mobilisieren, die Latinos und Arbeiter. Und schließlich, dass es ihm gelungen ist, die wankelmütigste aller Wählergruppen anzusprechen: die Jungen. Sie, die zu größeren Teilen mittlerweile wohl weniger ideologisch als mehr aus einem Art Lifestyle-Gefühl heraus ihre Stimme abgeben, sind dem blendend auftretenden Obama in Scharen zugelaufen. Hier hat die perfekt vermarktete Oberfläche zum Wahlerfolg beigetragen. Auch wenn das jetzt etwas zynisch klingen mag, aber da dürften ähnliche Faktoren wirksam geworden sein, wie beim Wahlerfolg einer Strache-FPÖ.
Barack Obama hat ihm Wahlkampf große Gesten gesucht, große Worte von sich gegeben und ist auch vor populistischen Ansagen nicht zurückgeschreckt. Dass er lange Zeit für einen sofortigen, bedingungslosen Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak eintrat, ist ein schönes Beispiel für diesen Linkspopulismus. Auch seine Vision von einem Amerika, das wieder an einem Strang zieht, ist eine Wahlkampf-Fantasie, die sich in der harten, realpolitischen Wirklichkeit erst beweisen muss.
Obama mag angesichts seines glänzenden Siegs schon jetzt wie eine moderne Ikone erscheinen, wie der neuer Kennedy, als der er sich im Wahklampf so gerne inszeniert hat. Aber die größte Herausforderung für Obama ist in Wahrheit nicht der Sieg in den Präsidentschaftswahlen gegen John McCain, sondern sie besteht darin, die großen Bilder und Versprechungen, die er evoziert hat, jetzt im politischen Alltag umzusetzen (siehe auch schon hier). Man darf gespannt sein, ob es Obama auch hier vermag, Geschichte zu schreiben.
Donnerstag, 6. November 2008
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