"Wir sind Helden" sind gestern abend im (nicht ausverkauften, aber recht ordentlich besuchten) Linzer Posthof aufgetreten. Mittwoch und Donnerstag war man schon in der Arena in Wien zu Gast, heute abend steht Graz auf dem Programm. Das macht in Summe nicht weniger als vier Abendauftritte in fünf Tagen. Wer da noch glaubt, das Tourleben in einer bekannten Musikgruppe sei das pure Vergnügen, der hat nicht richtig nachgedacht. Frau Holofernes´ Stimme war es denn auch anzumerken, diese wirkte doch etwas angekratzt. Hinzu kamen Soundprobleme, die zwar kaum das Publikum vor der Bühne, dafür aber die Band auf derselbigen betrafen ("Wir hören hier immer ouhhh...").
Es zeugt von hoher Professionalität, wenn trotz derartiger Widrigkeiten anstandslos ein fast zwei-stündiges Konzert gegeben wird, bei dem nahezu alle wohlbekannten Stücke aus dem eigenen Ouevre dargeboten werden (prominente Ausnahme: "Nur ein Wort"). Da hat man von prominenten Kollegen aus der großen Popwelt schon andere Dinge erlebt.
Wenn einem dann aber auch noch der Eindruck vermittelt wird, dass die Musiker auf der Bühne das auch noch irgend wie gerne tun, dann kann man das mit dem Begriff "Professionalität" nicht mehr hinreichend beschreiben. Dann muss man ganz klar sagen: "Wir sind Helden" sind nicht nur hochprofessionelle Künstler, sie sind eine integere Band. Soll heißen: Die Werte, für die sie in ihrer medialen Darstellung stehen, die vertreten sie auch auf einer konkreten Bühne. Hier wird einem - so zumindest mein Eindruck - nicht zynisch ein Konsumprodukt vor die Füße geknallt, hier ist die Liebe zur Begegnung mit dem Publikum und zum Zelebrieren des Augenblicks durchaus spürbar. Guten Tag, ich will diese zwei Stunden meines Lebens nicht zurück! Womit die gar nicht unernst gemeinte Frage beantwortet wäre, die die Band irgendwann zu Mitte ihres Linzer Auftritts gestellt hat.
Auch wenn die Rahmenbedingungen dann vielleicht doch kein ganz durchgängig magisches Konzerterlebnis möglich gemacht haben, so bleibt doch der Eindruck einer freundlichen Begegnung mit sympathischen wie charismatischen Künstlern. Und das ist beileibe nicht das Schlechteste, was man heutzutage über einen Konzertbesuch sagen kann.
Im Gegensatz zum kurzen, aber schon viel versprechenden Auftritt am diesjährigen Frequency konnten die Helden in Linz naturgemäß nicht nur mehr in die Länge, sondern auch musikalisch mehr in die Tiefe gehen. Viele Nummern aus dem neuen, nachdenklich-introvertierteren Album "Bring mich nach Hause" wurden gespielt, aber auch die eine oder Coverversion. So auch als vorletztes Stück, "Let the Sun Shine In". Dieses kam ohne jede Ironie daher, hymnisch und entschlossen. Die Helden stehen offenkundig zu dem, wovon sie überzeugt sind und verlieren sich und ihre grundlegenden Werte nicht aus den Augen.
Wesentlich verantwortlich dafür wird auch die lange Pause sein, die sich die Musiker vom Musikgeschäfts-Wahnsinn gegönnt haben. Drei Jahre sind seit dem letzten Album vergangen. Seit damals wurden Kinder gemacht, es wurde viel nachgedacht und sicherlich auch viel gute Musik gehört. Ein schönes Beispiel dafür, wie man es schaffen kann, sich nicht selbst zu verlieren.
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