Samstag, 12. Mai 2012

Ohren(ge)fälliges: Monatsmeister des Monats April 2012

Dear Reader - Bear (Young´s Done In)
Johannesburg, Südafrika
         Gewonnene Ränge: + 10

Südafrika und Popmusik. Hm. Zuallererst fällt einem da nicht allzu viel ein, dann vermutlich diese schillernde Dame, auch wenn sie den Großteil ihres Lebens wegen Exilierung nicht dort verbracht hat. In der Folge möglicherweise noch der Kwaito, mit dem sich kosmopolitisch ausgerichtete Hipster vor einigen Jahren recht intensiv beschäftigt haben. Und, ja, der gruselige Kurt Darren, aber den erwähne ich nur, weil das sonst Florian tut.

In Sachen Indiepop verdanken wir es Dear Reader, dass Südafrika nun auch auf der geistigen Landkarte angekommen ist. Obgleich, ähnlich wie bei Miriam Makeba ist auch Dear Reader mittlerweile eine Geschichte des Exils, wenn auch eines mehr oder minder freiwilligen. Aber der Reihe nach. 2006 gründeten die beiden Anglo-Südafrikaner Cherilyn MacNeil und Darryl Torr aus Johannesburg die Band "Harris Tweed", die 2008 aus namensrechtlichen Gründen in eben "Dear Reader" umgetauft wurde. Gleich das erste unter diesem Namen hervorgebrachte Album, "Replace Why with Funny" (2009), fand international Beachtung, dank FM4 insbesondere auch in Österreich. Im Jahr 2010 wurde Dear Reader zum Soloprojekt von Cherilyn MacNeil, die Südafrika den Rücken kehrte und seitdem in Berlin, der Heimat ihres neuen Labels City Slang, lebt. Genauer gesagt in Neukölln, das ihr interessanter Weise im Vergleich zu Johannesburg geradezu wie ein friedliches Utopia erscheint (es kommt halt immer auch auf den Blickwinkel an).

Von Europa aus lieferte sie 2011 ihr viel gelobtes neuestes Werk, das Album "Idealistic Animal" ab, bei dem jeder Songtitel einen Bezug zu einer Tierart aufweist (während der Albumtitel auf die menschliche Spezies verweist). Was die im Song "Bear (Young´s Done In)" erzählte Geschichte freilich mit dem felligen Meister Petz zu tun hat, erschließt sich nicht sofort. Vordergründig berichtet er von einer Zechtour in Budapest, im Refrain offenbart sich dessen wahre Natur: "How much longer will I be young, so much stuff that I 
haven´ t done." Es ist mithin ein Stück über die Beschränkungen des Älterwerdens, den Verlust der Jugend, somit die Endlichkeit. An den pessimistischen Anleger, der seinen Kurs fallen sieht, lässt sich bei diesem "Bären" also denken oder vielleicht an ein Wortspiel mit dem englischen Wort für "ertragen". "Bear" ist freilich auch einfach ein schönes Beispiel für die Musik von Dear Reader: intelligente, reizend gesponnene, zugleich aber leichtfüßige Popsongs, mit Streichinstrumenten unterlegt und mit schlauen, nachdenklichen bis melancholischen Texten versehen. Wer es zuweilen ganz gerne bittersüß mag, ist mit Dear Reader gut bedient.

Dear Reader - Bear (Young´s Done In), kostenloser Download
Dear Reader - kostenlose Downloads auf www.cityslang.com
Hark! A City Slang Christmas EP


 

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