Montag, 15. April 2013

Herausforderung für den Fußball

Packenden Fußball hat sie bislang geboten, die KO-Phase der UEFA Champions League 2012/2013. Wir haben die (unbelohnten) Aufholjagden von Galatasaray und Arsenal gesehen, wir haben erlebt, wie Real und Barca an den Rande des Ausscheidens gedrängt wurden. Wir haben die Bayern bestaunt, wie sie eine chancenlose Juve staubtrocken abgefertigt haben. Und wir haben den Hut gezogen vor Dortmund und Malaga, die ihre starken Performances der Vorrunden bestätigen konnten - bis zur hochdramatischen Klimax der letzten Minuten des Viertelfinales im Stadion der Westfalen.

Schiedsrichter-Fehlentscheidungen haben wir freilich auch gesehen. Gravierende, mit großen Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Turnieres. Der ungerechtfertigte Ausschluss des ManUnited-Kickers Nani im Achtelfinale hat vermutlich Real den Weg in die nächste Runde geebnet und zum Ausscheiden der besseren Mannschaft geführt. Bayern, Malaga, Paris Saint-Germain und Dortmund haben in kritischen Momenten Abseitstore erzielt, die gezählt wurden, eine klare Tätlichkeit des Bayern-Stars Franck Ribéry blieb im Juventus-Hinspiel ungeahndet.

Da die Emotionen von mittlerweile Hunderten Millionen Menschen dran hängen, da es um riesige Geldbeträge geht und da die Fußballwelt von immer größeren Wett- und Manipulationsskandalen heim gesucht wird, tut es not, schwer wiegenden Referee-Fehler einzudämmen. Im Sinne des Spiels, aber auch im Sinne der Spielleiter. Wer da sagt "das gehört zum Fußball dazu" hat die Tragweite des globalen Fußballs nicht ganz verstanden. Tradition ist keine Rechtfertigung für Fahrlässigkeit.

Sicherlich, der Weltfußballverband FIFA hat eine Reaktion gezeigt. Nach einigen zu Unrecht nicht gegebenen Toren in entscheidenden Spielen, etwa dem "Bloemfontain-Tor" der Engländer gegen Deutschland, hat der langjährige Präsident beschlossen, die Einführung der Torlinientechnologie abzusegnen. Sepp Blatter, ursprünglich kein Freund von neuen Technologien im Fußball, muss "Reformen" vorweisen, um sich nachhaltig aus dem Sumpf der Skandalvorwürfe der letzten Jahre ziehen zu können. Auch die konservativen Regelhüter des IFAB haben die Kehrtwendung schließlich mit vollzogen. Das Problem: die Installation der Technologie ist sehr teuer und kann daher nur bei großen Turnieren wie Welt- und Europameisterschaften durchgängig zum Einsatz kommen. Und: sie ist natürlich auf die Klärung der Frage "Tor oder nicht?" beschränkt. All die krassen Fehlentscheidungen der laufenden Champions League wären damit nicht verhindert worden.

Was es daher tatsächlich bräuchte: die Einbeziehung eines Video-Referees, sodass Fehlentscheidungen, die außer dem Schiedsrichter die ganze Welt als solche erkennt, korrigiert werden können. Eine zweite Meinung, auf die der Schiedsrichter zurück greifen kann, wenn ihm bewusst ist, dass er eine Entscheidung nicht guten Gewissens treffen kann. Und: das Recht jedes Coaches, einmal pro Halbzeit eine Entscheidung zu reklamieren  und überprüfen zu lassen, der challenge vergleichbar, die es im Tennis gibt. Damit erhält das Spiel eine neue, taktische Komponente hinzu, die ihm sicher nicht schlechter zu Gesicht stehen würde als hitzige Diskussionen am Spielfeld, wütende Trainer und Manipulationsvorwürfe.

Natürlich ist eine solche Vision auch mit Herausforderungen verbunden. Mir ist bewusst, dass die Tücke im Detail liegt: so bedürfte es eines klaren Reglements für die Fernsehübertragung bzw. einer Videoüberwachung des Spielfeldes, die es erlaubt, die gewonnenen Bilder als objektive Anhaltspunkte zu betrachten.Und: auch die Videoüberwachung lässt sich nicht auf allen Ebenen des Fußballs einrichten. Zudem muss man sich keinen Illusionen hingeben: die Fußballverbände haben eine natürliche Abneigung dagegen, ihr Produkt zu verändern. Mehr Unterbrechungen des Spiels bedeutet, dass die Übertragungszeiten im Fernsehen weniger kalkulierbar sind, dass das Produkt schwerer berechenbar und damit vermutlich auch schwerer verkäuflich wird. Nach dem Motto: wenn schon Spielunterbrechungen, dann sollten es auch wirklich kalkulierbare commercial breaks sein, mit denen sich Geld verdienen lässt.

3 Kommentare:

Hannes hat gesagt…

Wahre Worte. Und wer ist jetzt Dein Favorit?

Ein Winzer hat gesagt…

Alle vier haben realistische Chancen, den Titel zu holen. Sogar Dortmund. Wenn du einmal schon tot warst und dann wieder gekommen bist, versetzt dich das in einen Ausnahmezustand. Aber Topfavorit ist Bayern. Die haben ein Trauma zu tilgen und wirken unglaublich entschlossen. Finale Real-Bayern.

Hannes hat gesagt…

Hmm, sehe ich grundsätzlich ähnlich. Dortmund hat auch schon in der Gruppe gezeigt, dass sie Real schlagen können. Der Abstand zwischen Bayern, Dortmund einerseits, und Barca, Real andererseits ist viel geringer, als noch immer geglaubt wird (O-Ton Hoeneß oder Rummenigge: Glaubt Dortmund wirklich, dass sie so gut sind wie Barcelona oder Real?). Aber ich glaube, dass es Bayern nicht gelingen wird, Messi zu überwinden. Finale: Dortmund - Barcelona :)

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