Über die Frage, ob Barack Obama ein würdiger Friedensnobelpreisträger ist, brauche ich an dieser Stelle an sich keine großen Worte zu verlieren. Die zahlreichen Kritiker rund um den Globus wie auch die Republikaner haben recht, wenn sie darauf hinweisen, dass diese vermeintlich größte Auszeichnung der Menschheit nur für tatsächliche Verdienste um den Frieden und die Humanität vergeben werden sollte, nicht dafür, dass es ein Politiker dank seines Showtalentes geschafft hat, den Menschen Hoffnungen zu machen, deren Einlösung noch in weiter Ferne ist.
Mit dieser Entscheidung hat sich das aus einer Gruppe norwegischer Parlamentarier bestehende Nobelpreis-Komitee der Lächerlichkeit preisgegeben und der Idee des Friedensnobelpreises schweren und dauerhaften Schaden zugefügt.
Nicht, dass Obama kein ehrenwerter Mann wäre. Aber wenn das das einzige Kriterium wäre, gäbe es auf Erden vermutlich hunderttausende KandidatInnen für den Friedensnobelpreis. Die Begründung für diese abstruse Entscheidung mutet dann auch wie ein weiterer schlechter Scherz an: Obama stehe für eine neue Kultur der diplomatischen Zusammenarbeit, er habe sich für eine Atomwaffen freie Welt ausgesprochen!
Ersteres mag stimmen, dies zum entscheidenden Kriterium zu erheben, liefe aber darauf hinaus, Barack Obama schon alleine dafür den Friedensnobelpreis zu verleihen, dass er kein Republikaner und nicht George W. Bush ist. Zweiteres ist ein schöner, guter, frommer Wunsch, muss aber auch vor dem nüchternen, strategischen Hintergrund gesehen werden, dass eine Atomwaffen freie Welt die Sicherheitslage, aber mittlerweile auch die militärische Machtposition der Vereinigten Staaten massiv stärken würde.
Obama selbst weiß um die Absurdität dieser Auszeichnung. Seine ersten Reaktionen zeugen von ehrlichem Schock. Wenn er sagt, er habe diesen Preis nicht verdient, dann nicht aus bloßer Demut, sondern weil er weiß, dass das so ist. Obama weiß auch, dass ihm das Friedensnobelpreis-Komitee mit dieser Wahl einen echten Bärendienst erwiesen hat. Barack Obama, der gerade mit der Situation konfrontiert ist, dass essenzielle Gesetzesvorhaben an der politischen Wirklichkeit Washingtons zerbröseln, wird in Hinkunft am Status eines Friedensnobelpreisträgers gemessen werden. Er weiß, dass dies einen zusätzlichen Druck, eine weitere Steigerung der weltweit ohnehin schon enormen Erwartungshaltung ihm gegenüber bedeutet. Die Reaktion Obamas macht ihn sympathisch. Sie macht aus ihm aber keinen würdigen Friedensnobelpreisträger.
Das wahrlich Ärgerliche an der diesjährigen Nobelpreisentscheidung ist aber, dass andere diese Auszeichnung dringend nötig gehabt hätten: Chinesische DissidentInnen zum Beispiel, die seit Jahren in Kerkern schmachten, jedes Jahr als Favoriten gehandelt und dann doch übergangen werden. Oder russische JournalistInnen, die mutig über die Zustände in Tschetschenien berichten, obwohl sie wissen, dass dies ihr Todesurteil sein kann.
Hier darf geargwöhnt werden, dass auch eine gewisse außenpolitische Feigheit jener norwegischer Politiker, die die Entscheidung gefällt haben, eine nicht ganz unwesentliche Rolle gespielt hat.
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2 Kommentare:
Sehe ich ein wenig anders - gerade so bedeutende Auszeichnungen wie der Friedensnobelpreis sollten mehr sein als eine "Belohnung" für vergangene Leistungen. Sie sollten vielmehr die Bemühungen des Preisträgers für eine "bessere Welt" bestätigen, unterstützen und mit einer gewissen Legitimation vesehen. Das war bei Willy Brandt oder Nelson Mandela so und auch bei vielen anderen. Und da finde ich den Weg, den Obama einzuschlagen versucht, schon sehr wichtig und richtig - und das nicht nur in Abgrenzung zu seinem Amtsvorgänger.
Ob die Preisträger diese Unterstützung nutzen und damit im Nachhinein auch rechtfertigen können, steht dann auf einem anderen Blatt - aber Barack Obama wäre nicht der Erste, der scheitert (ich erinnere nur an den Preis für Arafat, Peres und Begin oder Al Gore)
Insofern hat das Komittee in meinen Augen eine mutige, aber vertretbare Entscheidung getroffen. Das es auch andere würdige Preisträger gegeben hätte, bestreite ich nicht - aber wenn man sieht, wer alles nominiert war (Helmut Kohl, Berlusconi, Sarkozy), hätte es auch bedeutend schlimmer kommen können....
" - gerade so bedeutende Auszeichnungen wie der Friedensnobelpreis sollten mehr sein als eine ´Belohnung´ für vergangene Leistungen. Sie sollten vielmehr die Bemühungen des Preisträgers für eine `bessere Welt´ bestätigen, unterstützen und mit einer gewissen Legitimation versehen"
Da kann ich nur beipflichten! Ich bin allerdings auch der Ansicht, dass der Friedensnobelpreis nicht NUR eine Auszeichnung für fromme Wünsche und schöne Absichtserklärungen, gestützt durch eine imposante mediale Inszenierung, sein sollte. Und genau das Problem sehe ich (zum jetzigen Zeitpunkt) bei Obama.
Bei den ins Spiel gebrachten Gegenbeispielen lag der Fall dann doch etwas anders, finde ich. Willy Brandt war 1971 schon vor dem Warschauer Ghetto-Mahnmal auf die Knie gefallen und hatte Abkommen mit der DDR und der Tschechoslowakei ausverhandelt. Nelson Mandela erhielt den Friedensnobelpreis 1993, nachdem er insgesamt 36 Jahre inhaftiert war und gemeinsam mit F.W. de Klerk das Ende der Apartheid und eine Politik der nationalen Versöhnung besiegelt hatte. Al Gore war 2007 bereits jahrelang durch die Lande getingelt, um auf die Gefahren der globalen Klimaerwärmung hinzuweisen und hatte damit viel an öffentlicher Diskussion in Gang gebracht. Arafat, Peres und Rabin hatten 1994 gerade historische Friedensverhandlungen geführt, die zur gegenseitigen Anerkennung von Todfeinden geführt hatten..Und Obama?
Gut, Obama hat sich von der desaströs gescheiterten, imperialistisch-unilateralen Politik der Neocons abgewendet. Aber Guantanamo existiert noch und Obama hat bisher eine strafrechtliche Aufarbeitung der Folterverbrechen im "War On Terror" blockiert..
Nochmals, ich zweifle überhaupt nicht an Obamas guten Absichten. Und vielleicht wird er sich den Friedensnobelpreis eines Tages verdient haben. Aber zum jetzigen Zeitpunkt wird Obama dadurch nur mit Erwartungen und Zuschreibungen überfrachtet, die ihm das Leben schwerer machen werden als notwendig (und ohnehin schon).
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