Als "South Park" Anno 1997 auf der Bildfläche der Fernsehunterhaltung erschien, war auch ich etwas irritiert. Zweidimensionale Volksschüler, bei denen das Ritalin offensichtlich zu wirken aufgehört hatte, scharwenzelten da durch eine Kleinstadt in Colorado, sagten und taten unanständige Dinge und kannten vor allem eines nicht: Tabus.
Die television focus groups, jene Menschen also, die Versuchskaninchen für das neue Produkt des Hauses Comedy Central spielten, reagierten beim Erstkontakt ähnlich konsterniert. "South Park" fiel durch. Comedy Central nahm das Risiko dennoch und ließ 6 Folgen produzieren.
Elf Jahre, elf Staffeln und drei Emmys später sind die Abenteuer der Grundschüler Stan, Kyle, Cartman und Kenny und der illustren Schar ihrer Schulkollegen, Lehrer, Angehörigen und Nachbarn längst zu Klassikern der Fernsehgeschichte geworden und haben neben einer Flut von erfolgreichen Merchandising-Produkten auch einen Kinofilm hervorgebracht. Die anfänglichen Irritationen haben sich bei vielen (wenn auch nicht bei allen) gelegt. Und man muss konstatieren, dass die Serie in all den Jahren
nichts an Witz, Biss und Einfallsreichtum verloren hat (etwas, was etwa den "Simpsons" in dieser Kontinuität nicht gelungen ist), ja, dass sie gerade in den letzten Staffeln einige wahrhafte Klassiker hervorgebracht hat. Wie etwa die mit einem Emmy ausgezeichnete, wunderbare, teilweise in der "World of Warcraft" spielende, Episode "Make Love, Not Warcraft", die das Universum der MMORPG-Nerds auf die Schaufel nimmt.
Überhaupt, das ist das Grundkonzept von "South Park": keine Gnade für irgendjemand oder irgendetwas! Political correctness kennt man im "South Park" nicht, kein Glaube, keine politische Ideologie, kein Lebensentwurf, kein Mythos, kein Idol wird verschont. Diese Grundhaltung wird ohne Wenn und Aber durchgezogen. Das macht die Welt von "South Park" zwar keineswegs zu einer besseren als die unsrige, das ist sie in ihrer satirischen Verzerrtheit natürlich nicht, aber sie wird dadurch auf eine sonderbare Art zu einer gerechteren. Im "South Park"-Spott sind alle gleich - bedauernswert!
Und bei all dem Hohn, der hier über die Welt ergossen wird, ist doch nicht zu leugnen: Unter der grellen Oberfläche der wüsten Witze fließen Ströme genauer und kluger Weltbeobachtung, geistreicher Gedankengänge und pointierter Gesellschaftskritik.
Mag die Qualität der Serie über die Jahre auch gleich geblieben sein, die reale Welt, in die sie ausgestrahlt wird, hat sich verändert. Filesharing war nicht aufzuhalten und gerade "South Park" vom unbeschränkten und unkontrollierten Austausch kreativer Produkte im Netz betroffen. Aber es wären nicht Trey Parker und Matt Stone, die Schöpfer von "South Park" (deren Alter Egos Stan und Kyle wir in der Serie beobachten), wenn sie nicht auch mit diesem Problem offensiv umgehen und festgefahrene Denkstrukturen ganz einfach ignorieren würden. Deshalb gibt es jetzt auf http://www.southparkstudios.com/ sämtliche 11 Staffeln, sowie die jeweils aktuellesten Episoden aus der gerade laufenden 12. Staffel zum Ansehen. In bester Qualität. Kostenlos. Ein User meinte dazu in einem Online-Forum: "One little step for South Park, one giant step for the internet". Das ist wie Ostern und Weihnachten zusammen, meine ich!
A propos Weihnachten: Die Ursprünge der Erfolgsserie hängen, man möchte es gar nicht für möglich halten, eng mit dem "Fest der Liebe" zusammen. Im Jahr 1992 war´s, da schufen Trey Parker und Matt Stone, zu jener Zeit Filmstudenten an der University of Colorado, mit Hilfe von Papier, Klebstoff und einer alten 8mm-Kamera den Streifen "The Spirit of Christmas - Jesus vs. Frosty", bei dem Jesus gegen einen mörderischen Schneemann kämpft und das Geheimnis um den Sinn von Weihnachten gelüftet wird:
Man beachte, dass Cartman hier noch Kenny heisst und folglich auch als erster draufgeht!
1995 erhielten Parker und Stone - sie hatten gerade ihren Uniabschluss versemmelt, weil sie es vorgezogen hatten, ein Musical über einen Kannibalen zu drehen - von Brian Graden, damals bei FOX, heute Programmdirektor von MTV und VH1, den Auftrag, eine neue Version des "Spirit of Christmas" zu drehen, um diese als animierte Weihnachtskarte an dessen Freunde zu verschicken. Der Film machte rasch in Hollywood die Runde und seine Schöpfer bekannt, sodass sie in weiterer Folge die Möglichkeit erhielten, "South Park" zu realisieren. "Spirit of Christmas II" war stark an seinen Vorgänger angelehnt, nur aufwändiger produziert und ausserdem bekommt es Jesus hier mit dem Weihnachtsmann höchstselbst zu tun:
Wem nun diese Mortal-Kombat-artigen "South Park"-Konfrontationen gefallen haben, dem sei der "South Park Ass Kicker" wärmstens ans Herz gelegt. Mit Jesus Satan verkloppen? Als Kyle den Antisemiten Cartman vermöbeln? Kein Problem, der "South Park Ass Kicker" machts möglich! Hier gibts dann noch eine ganze Reihe anderer "South Park"-Spiele..
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2 Kommentare:
Apropos Diebstahl von geistigem Eigentum:
Diesbezüglich ist mir Schreckliches widerfahren und habe ich an dich als Menschenrechtsexperten daher einige Fragen:
Wie kommt Max Mosley dazu, meine Sexfantasien zu stehlen und bis ins kleinste Detail nachzuäffen?
Bin ich durch dieses Verhalten in irgendwelchen Rechten verletzt und wo kann ich diese geltend machen? Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg würde ich ad hoc sagen, was meinst du? Fällt das unter Art. 8 MRK?
Kann ich meine Sexfantasien irgendwo registrieren oder schützen lassen, damit ähnliches in Zukunft nicht wieder passiert?
Und vor allem: Wie hat Max Mosley von meinen Sexfantasien überhaupt Wind bekommen? Davon wissen nur eine Handvoll Leute und sowohl meine Mutter als auch meine Großmutter haben mir versichert, dass sie nichts verraten haben. Warst du das etwa?
Tja, was hab ich dir damals gepredigt: Zieh nicht dauernd mit dem 6-armigen Gerhard Berger, dem alten Briatore und dem komischen Vorarlberger, dessen Namen ich komplett vergessen habe, um die Häuser!!
Aber du wolltest ja nicht auf mich hören.
Das hast du jetzt von deinen lustigen Formel 1-Haberern.
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