Freitag, 13. Februar 2009

Angriff der Alpenandroiden

Ich glaube, irgendwann einmal hat ein findiger Schweizer Mechaniker angefangen, Maschinen zu bauen, die so aussehen wie Menschen, aber sich nicht so verhalten, sondern vielmehr präzise und emotionslos wie Roboter das tun, was man ihnen anschafft. Diese Leistung wurde allerdings von der Welt genauso geheimgehalten wie das Rezept für Schweizer Schokolade oder die Herkunft der Gelder auf den Schweizer Bankkonten. Diese Maschinenmenschen wurden insbesondere immer dann eingesetzt, wenn es galt, nationale Krisen zu meistern.

Schon Wilhelm Tell dürfte einer gewesen sein, wie der berühmte Apfelschuss beweist. Auch Schweizer Politiker rekrutieren sich (bis auf wenige Ausnahmen wie Blocher) aus dieser metallenen Garde, was man daran erkennt, dass Sie schwierige Themen nüchtern und emotionslos zu diskutieren und rational zu behandeln pflegen. Wo eine politische Diskussion hierzulande bereits nach wenigen Minuten in übles Geifern ausartet, bleibt man im Land der Präzionsuhren in der Regel sachlich und ruhig.

Viele der leibhaftigen Schweizer haben sich mittlerweile vermutlich ganz aus dem Alltagsleben zurückgezogen, in weitverzweigte Bunkersysteme im Untergrund, die zu ungestörten Almen und Alpentälern führen oder in die Karibik. Nur ihre Konten haben sie da gelassen, die nun von gefühllosen, blechernen gewinn-maximierenden Bankmanagern verwaltet werden. Die "wahren" Schweizer leben den Traum von Paul Lafargue. Ihre Stellvertreter wurden natürlich laufend weiterentwickelt. Während von Wilhelm Tell aus nachvollziehbaren Gründen keine bildlichen Darstellungen mehr existieren (aber wer weiß, vielleicht existiert er selbst ja noch in der Tiefe eines Bunkers), haben die heutigen Geräte ("Eidgenosse 2.0") bereits einen hohen Grad an Perfektion erreicht und sind von realen Menschen kaum mehr zu unterscheiden. Sie verfügen offensichtlich auch bereits über gewisse moralisch-ethische Qualitäten, ein Gewissenschip wurde entwickelt. Erste Versuche dazu, vermutlich mit primitiven Lochkarten, hat es anscheinend schon im 16. Jahrhundert gegeben. Diese frühen technischen Wunderwerke dürften aber noch etwas unpräzise gearbeitet und zur Überreaktion geneigt haben, was unter anderem den Calvinismus zur Folge hatte.

Der neueste klare Anhaltspunkt für meine These heißt Carlo Janka. Janka hat für die Schweiz heute den Weltmeistertitel im Riesentorlauf errungen. Am selben Tag haben die Welt und er erfahren, dass sein verunglückter Teamkollege Daniel Albrecht erfreulicher Weise aus dem künstlichen Tiefschlaf aufgewacht, ansprechbar und auf dem Weg der Besserung ist.

Das ist seine Reaktion darauf:


Janka sagt gerade (bitte leicht mechanische Sprechweise dazudenken) sinngemäß, dass er sich sehr freut, dass er jetzt Riesentorlaufweltmeister ist.

Den exakt selben Gesichtsausdruck hatte er aufgesetzt als er zu Daniel Albrecht befragt wurde. Exakt den selben Gesichtsausdruck hat Carlo Janka immer.

Vor diesem Interview ist Janka (Typenbezeichnung "Deep Ski") den Hang mit einer wie von einem Prozessor gesteuerten, un-menschlichen Präzision und einer immensen Coolness hinunter gezirkelt, das einem ganz anders wurde! Nur im oberen Streckenabschnitt hatte er einen etwas gröberen Softwarefehler zu verzeichnen (vermutlich kommt die große eidgenössische Steuerzentrale im Matterhorn auch nicht ohne Windows-Betriebssystem aus).

Unheimlich!

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