Montag, 14. Dezember 2009

Schwäbische Einblicke

Von Donnerstag bis Samstag war ich in Vereinsangelegenheiten in Deutschland, genauer gesagt in Ludwigsburg in Baden-Württemberg. Das war für mich der erste Besuch in dieser Gegend. Wie ich überhaupt sagen muss, dass unser nordwestliches Nachbarland für mich lange Zeit eher ein grauer, unbereister Fleck auf der Landkarte war. Erst in den letzten Jahren hat sich das etwas gebessert. 2007 war ich in Hamburg, mein erster geplanter Urlaubsaufenthalt in der Bundesrepublik, 2008 für einen Tag in München und jetzt eben in Baden-Württemberg.

Dabei hat Deutschland zweifellos eine große Fülle an sehenswerten Städten zu bieten.

Zum Beispiel Ludwigsburg. Ludwigsburg, das ist zunächst ein Schloss, dass der württembergische Herzog Eberhard Ludwig ab 1704 errichten ließ. Rund um das Schloss entstand die barocke Planstadt Ludwigsburg, geprägt vor allem durch die Kasernen der Soldaten des militaristischen Herzogs. Die Vorgabe lautete dabei, dass kein Gebäude in Ludwigsburg höher als zwei Stockwerke sein dürfe - offensichtlich wollte der Landesfürst die gesamte Stadt überblicken.

Aus dieser Entstehungsgeschichte resultiert das sehr spezielle, aber reizvolle Erscheinungsbild der Stadt (elegante, niedrige Gebäude, geradlinige Straßenzüge).


Für Ludwigsburger Innenstadt-Verhältnisse fast schon ein Hochhaus, aber architektonisch durchaus repräsentativ: das Haus unweit der herzöglichen Residenz, in dem die Familie des berühmtesten Schwaben, Friedrich Schiller, von 1766-1768 lebte

Dominierend in der 87.000-Einwohner-Stadt ist aber natürlich das Schloss, eines der größten Barockschlösser Deutschlands:







Auch der verspielte Schlosspark ist einen Besuch wert.



Erwähnenswert auch der Ludwigsburger Marktplatz, an dem sich eine katholische und eine evangelische Kirche gegenüberstehen, allerdings konnte uns kein Einheimischer sagen, welche Kirche zu welcher Konfession gehört. Auch gibt es in Ludwigsburg ergänzend zum großen auch noch kleinere Schlösser, für die unsere Zeit aber leider nicht reichte.

Dafür hat unsere Zeit aber für einen Ausflug noch Stuttgart gereicht, was nachträglich betrachtet vielleicht ein Fehler war. Immerhin, man weiß jetzt, dass man da nicht mehr hinmuss. Zumindest nicht an einem grauen Dezembertag. Da präsentiert sich Stuttgart nämlich als selten unattraktiver Ort. Wenn man sich über die überfüllte, mehrspurige Stadtautobahn, die Stuttgart, die Stadt der Pferdestärken, wie ein Würgeband umschlingt, hineingekämpft hat, stößt man auf zwei graue Schlossbauten. Ansonsten bietet sich einem in der Stuttgarter Innenstadt das Bild einer Hitparade der grässlichsten Bausünden des 20. Jahrhunderts. Die ursprüngliche Stuttgarter Altstadt ist im 2. Weltkrieg von britischen und amerikanischen Bombern dem Erdboben gleichgemacht worden. In der Folge traf die Stuttgarter Kommunalverwaltung die verhängnisvolle Entscheidung, die alten Gebäude nicht mehr wieder aufzubauen (angeblich wurden sogar kaum beschädigte Straßenzüge gänzlich abgerissen), um eine "moderne" und "autofreundliche" Stadt zu erschaffen.

Das Ergebnis ist so, dass man sich beinahe einen neuerlichen angloamerikanischen Bombenangriff (unter vorherigen Evakuierung und großzügiger Entschädigung der unschuldigen Stuttgarter Bevölkerung natürlich) wünscht. Stuttgart ist jedenfalls ein Mahnmal dafür, was eine geschichtsvergessene Stadtpolitik anrichten kann.

Angeblich macht Stuttgart allerdings in der warmen Jahreszeit einen viel freundlicheren Eindruck - tatsächlich fällt auf, dass hier viele Bäume gepflanzt wurden. Und die Hügel um Stuttgart sollen lieblich und ob des milden Klimas von Weingärten bekrönt sein. Davon war an unserem Dezembertag aber jahreszeit- und wetterbedingt natürlich nichts zu sehen.

Eines der letztes Überbleibsel des alten Stuttgart im inneren Bereich der Stadt ist der denkmalgeschütze Hoppenlaufriedhof, heute ein stiller, moosbewachsener Park. Hier liegen unter anderem Gustav Schwab und Wilhelm Hauff begraben. Auch gibt es einen stark mit grünem Moos überzogenen, ansonsten aber gut erhaltenen, jüdischen Teil.








Vor der Rückfahrt nach Linz haben uns unsere sehr freundlichen Gastgeber noch eine Führung in der Zentralstelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen ermöglicht. Der Name klingt trocken und bürokratisch, aber die Führung war sehr spannend. Besonders beeindruckend waren die Schilderungen der Widrigkeiten, gegen die Staatsanwälte und Richter zu Beginn ihre Arbeit verrichten mussten - wer im Ludwigsburg der späten fünfziger Jahre Naziverbrechen aufklären wollte, musste damit rechnen, dass ihm niemand ein Zimmer vermieten würde und sich kein Taxi finden würde, dass einen zur Arbeitsstelle chauffieren würde.

Auf der Rückfahrt haben wir noch Nürnberg gestreift, ein paar Bilder von da gibt es dann voraussichtlich morgen.

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