Donnerstag, 22. März 2012

Urheber von Unsicherheit

Einen Rechtsanwalt namens Dr. Klaus Kroner aus München gibt es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht. Dass die Münchner Rechtsanwaltskammer nichts von einem Mitglied dieses Namens weiß und auch seine sämtlichen KanzleikollegInnen bei der örtlichen Standesvertretung unbekannt sind, ist ein deutlicher Fingerzeig. Auch das Bankkonto bei einem slowakischen Kreditinstitut könnte einen stutzig machen. Ebenso der Umstand, dass auf seiner Homepage, die man montags bis zirka 12.00 Uhr noch erreichen konnte, sämtliche Anwälte keinen Lebenslauf aufwiesen und die Rufnummern der Kanzlei zu Mobiltelefonen gehörten. Hatte man dann auch noch das Glück, mehrere Schreiben des Rechtsvertreters vorliegen zu haben (so wie ich), dann durfte man sich darüber wundern, dass Herr Dr. Kroner offensichtlich für jeden Geschäftsvorgang dieselbe Aktennummer verwendet.

So plump bei genauerer Betrachtung die Mahnschreiben auch waren, die hier versandt wurden, sie dürften dennoch Opfer gefunden haben. Denn der Verfasser berief sich darauf, dass er im Auftrag in der Folge auch namentlich genannter, bekannter Musik- und Unterhaltungskonzerne agiere, die im Zuge des polizeilichen Vorgehens gegen den "Filesharing-Dienst" [sic!] Megaupload.com an belastendes Material gelangt seien. Der Vorwurf: Download urheberrechtlich geschützter Werke.

Eine Mischung aus völliger Verunsicherung bezüglich der bestehenden Rechtslage und in vielen Fällen sicherlich auch schlechtem Gewissen wird viele zum übereilten Zahlen verleitet haben. Schließlich gibt es zB auch das: echte Rechtsanwälte, die wegen eines einzelnen, zu Unrecht auf Ebay gestellten Produktfotos Abmahnschreiben hinaus feuern, in denen mit astronomischen Streitwerten gewedelt und fantasievoll überhöhter Ersatz gefordert wird. Fast Law, sozusagen, das schnelles Geld bringt, von der Sekretärin nach Schema F aufgesetzt und dann vom Anwalt unterfertigt.

Im Bereich des Urheberrechts erleben wir seit Jahren kolossales, globales Politikversagen. Anstatt diesem die dringend benötigte Frischzellenkur zu verpassen, es dem digitalen Zeitalter gemäß neu zu fassen, werden die ausgetretenen Pfade der vergangenen Jahrhunderte weiter verfolgt. Man schießt quasi mit den Kanonen des 19. Jahrhunderts auf den Internetnutzer der 21. Die dringend benötigte gesellschaftliche Debatte darüber, wie die Interessen der Allgemeinheit und jene der Urheber in Zukunft abgewogen werden sollen, findet dabei nicht wirklich statt. Unter dem Druck der Rechteinhaber entsteht Unfug wie ACTA.

Ein modernes Urheberrecht muss aber beides schaffen: einerseits die Rechte der Urheber schützen, gleichzeitig aber auch den durchschnittlichen Internetuser vor der Abmahnindustrie, der Kriminalisierung und der Opferung seiner Grundrechte auf dem Altar des geistigen Eigentums bewahren.

Solange das nicht geschieht, werden Dr. Klaus Kroner & Kollegen weiter gute Geschäfte machen können.

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