Mittwoch, 2. März 2011

Im Kino # 2: Tom Hooper - "The King´s Speech"

UK/USA 2010

Es ist ein unbestreitbarer Vorteil, den großen Gewinner der diesjährigen Oscarvergabe noch vor der Bekanntgabe gesehen zu haben, das ermöglichte größere Unvoreingenommenheit. Am Sonntag am Nachmittag hatte man im Linzer City-Kino die Gelegenheit, in der Gesellschaft zahlreicher Grüppchen weiblicher Seniorinnen "The King´s Speech" anzusehen. Die Story dürfte mittlerweile auch im hintersten Nordosten Grönlands bekannt sein: der Herzog von York und in der Folge englische König George IV. überwindet mit Hilfe der teilweise unkonventionell anmutenden Methoden seines Sprachtherapeuten das Stottern und wird zum inspirierenden Redner in schweren Zeiten. That´s it. Der Film fokussiert mit festem, glasklaren Blick auf seine beiden Hauptakteure: den König und seinen Therapeuten Lionel Logue.

Es ist beeindruckend mit welcher Intensität und Unbeirrbarkeit er dies tut. "The King´s Speech" lässt sich kaum auf Abschweifungen und Geplänkel ein, die Geschichte einer sich entwickelnden Therapie/Beziehung/Freundschaft füllt den ganzen Film. Wirkliche Nebenhandlungen gibt es nicht, sieht man einmal von dem notwendigen historischen Begleitrauschen ab. Am Ende ist man überrascht wie wenig sich eigentlich an Handlung vollzogen hat, wie viele Bilder aber dennoch nachdrücklich im Kopf hängen geblieben sind. Dies ist ein perfektionistischer Streifen, bei dem Schauspiel, Kamera, Schnitt, Musik und Handlung mühelos ineinander greifen. Auch die Dramaturgie lässt kaum Brüche zu, folgt ziemlich exakt einem vertrauten Schema à la Hollywood. Die Vorhersehbarkeit der Ereignisse ist Teil des Ganzen, das Ende ist sowieso jederzeit erahnbar und wird eigentlich als bekannt vorausgesetzt. Dafür liegt aber über dem ganzen Streifen wie ein linder Schleier die ständige Erwartung der Läuterung, der Befreiung. Das schmeichelt natürlich der Seele, vor allem wenn es so perfekt in Szene gesetzt ist.

Ich komme aber auch nicht ganz um das nagende Gefühl herum, es hier mit eine sehr präzisen Fingerübung zu tun haben. Ein handwerklich nach allen Regeln der Kunst hergestelltes Stück Kino, das vor allem von seiner Fehlerlosigkeit lebt, ohne dabei besondere Risiken einzugehen. Dass die darstellerischen Leistungen so perfekt sind wie der Film selbst (und zwar bis in die "unterstützenden" Nebenrollen hinein), ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass das Konzept am Ende aufgeht. Der stotternde Monarch ist für einen gut ausgebildeten wie talentierten Schauspieler (hier: Colin Firth) natürlich ein Goldschatz von einem Leinwandcharakter. Und der Australier Geoffrey Rush als etwas verschrobener, australischer Logopäde Lionel Logue ist der ideale Antagonist, das Zusammenspiel der beiden wunderbar. Das wird auch der Grund sein, warum mir so viele Bilder im Oberstübchen hängen geblieben sind.

Um es klar zu machen: "The King´s Speech" ist nicht das ultimative Filmmeisterwerk. Aber er ist verdammt gut darin, schöne Bilder und ein schönes Gefühl in die Seele zu transferieren. Der kritische Geist kapituliert somit ein wenig vor dem Gefühl und es gehen sich (gerade noch) vier Sterne aus.

Meine Bewertung: 4 aus 5 Sternen.

1 Kommentar:

finette hat gesagt…

Gut, dass Du ihn noch vor den "Oscar" (Simons) gesehen hast. Da kann ihn sich ja auch die Jungseniorin ruhigen Gewissens anschauen und sich schon drauf freuen.

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