Montag, 19. November 2007

Täuschen und Tarnen

Der EU-Kommissionspräsident José Manuel Durao Barroso hat in einem Zeitungsinterview eingeräumt, dass er sich durch Falschinformationen der USA in Bezug auf die angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak täuschen hat lassen.

Dies ist an sich gar nicht so bemerkenswert, ist es doch bekanntlich vielen so ergangen.

Was wirklich auffällt, und zwar unangenehm, sind die weiteren Ausführungen des Portugiesen. Er meint nämlich: "Heute ist es leicht, Bush die Schuld zu geben. Aber man darf nicht vergessen, dass die Entscheidung zu einem Angriff auf den Irak in den USA fast einstimmig getroffen wurde, und zwar von den Republikanern wie auch von den Demokraten." Auch der frühere US-Präsident Bill Clinton habe ihm in einem Gespräch nach dem Azoren-Gipfel versichert, dass er von der Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak "völlig überzeugt" sei.

Diese Argumentationslogik des obersten EU-Beamten zur Rechtfertigung des US-Präsidenten ist natürlich zum Kübeln. Denn gerade darin liegt ja die immense Perfidie des Handelns des US-Regierung: dass man es geschafft hat, unter Einsatz sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel alle hinters Licht zu führen und dem eigenen Land, Republikanern wie Demokraten, sowie der ganzen Welt Glauben zu machen, Saddam Hussein könnte tatsächlich Massenvernichtungswaffen besitzen. Darin kommt eine enorme kriminelle Energie zum Ausdruck. Dass Bush von all dem nichts gewusst haben soll, dass er selbst ein Hinterslichtgeführter gewesen sein soll, ändert nur wenig. Denn ein US-Präsident der derart naiv seinen Hintermännern folgt und auf einer solchen Grundlage enorm folgenschwere Entscheidungen trifft, der handelt grob fahrlässig und ist seines Amtes nicht würdig.

In welchem Licht die von ihm getätigten Äusserungen die Amtswürdigkeit des Herrn Barroso erscheinen lassen, steht auf einem anderen Blatt. Wenn man es sehr diplomatisch formulieren möchte und zugleich nicht annehmen möchte, dass Barroso nicht der Hellste oder nicht ganz redlich ist, kann man sie diplomatisch nennen.

Eines aber unterscheidet die Position des US-Präsidenten von jener des EU-Kommissionspräsidenten jedenfalls ganz erheblich: Der US-Präsident - oder, für den Fall dass er nicht mehr kandidieren darf, zumindest sein politisches Lager - kann vom Volk direkt abgewählt werden. Der EU-Kommissionspräsident nicht.

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