Das Jahr 2007 war ein Jahr, in dem endlich (gut?) wurde, was lange währte. Ein Jahr, in dem ein gewisser Ernst die Klinke zum Leben herunterdrückte. Ein Jahr, in dem aus der Rückkehr zurückgekehrt wurde. Ein Jahr, das viel versprach und das dann doch viele Fragen offenliess. Ein Jahr, das die Stagnation von 2006 zwar wieder in Energie verwandelte, Energie freilich, die mehrheitlich Potential blieb und nicht kinetisch wurde. Wem das jetzt nicht klar genug war, der sei getröstet: es wird gleich konkreter!
Mit den Jahresrankings kommt System und Wertung in den Nebel der verlaufenen Zeit.
Meine am liebsten gewonnenen Alben des Jahres 2007 - Ränge 10 + 9
Es ist nicht so, dass ich hier jetzt eine Rangliste der besten Alben des Jahres 2007 erstellen möchte. Das wäre anmaßend. Ich habe nur einen winzigen Bruchteil der veröffentlichten Tonträger zur Gänze gehört, ich bin kein Musikjournalist und meine Zeit würde auch keinesfalls ausreichen, um mir all diese Musik zu Gemüte zu führen. Derartige Jahresbestenlisten überlasse ich somit getrost eben jenen Presseleuten bzw. meinen geschätzten Kollegen, den nerdigen Musikbloggern, für die dieser Listenfuror zum Jahreswechsel dazugehört wie für die Skispringer die Vierschanzentournee (übrigens: Janne, bitte weitermachen und die jungen Österreicher fordern, die werden eh noch oft genug gewinnen!).
Wenn man sich diese Listen nun anschaut, so kommt man nicht gerade zu dem Schluss, dass das Jahr 2007 ein überragender Populärmusikjahrgang gewesen ist. Hier finden wir Werke wie "Sound of Silver" von LCD Soundsystem, "Kala" von M.I.A., "Neon Bible" von Arcade Fire oder auch "In Rainbows" von Radiohead. Nein, bei allem gebotenen Respekt vor diesen Acts, aber das Musikrad wurde, so scheint es mir, 2007 nicht wirklich neu erfunden. Und mit dieser Einschätzung stehe ich keinesfalls alleine da.
Aber das ficht mich ja auch nicht an. Denn ich lebe ja sowieso in der ganzen Musikgeschichte - von Anno irgendwann bis zum aktuellen Wahnsinn. Daher geht es in diesem Ranking auch schlicht darum, welche Platten mich im abgelaufenen Jahr begleitet und besonders erfreut haben - unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung.
- 10
Johnny Cash - American V: A Hundred Highways
Label: American Recordings/Island Def Jam
Jahr: 2006
Genre: Alt Country
Sein letztes Album. "A Hundred Highways" liess mich Anfang des Jahres desöfteren begeistert und berührt zurück. Nach dem rundum euphorisch gefeierten, düster-schönen „American IV – A Man Comes Around“ („Hurt“, „Personal Jesus“), das sehr viele, auch ich, schon als sein musikalisches Vermächtnis angesehen haben, war man ein bisschen skeptisch in Hinblick auf den posthum erscheinenden Nachfolger. Wieviel von wahrhaftigem Johnny Cash steckt da drinnen, inwieweit hat man es hier vielleicht doch mit einer Art musikalischer „Resteverwertung“ zu tun? Das Ergebnis wischt alle Bedenken vom Tisch. Leichtfüßig-hochmusikalisch kommt die Platte daher, es fehlen vielleicht diese massiven „Hits“, wie sie zumindest auf den beiden Vorgängeralben zu finden sind, aber die einzelnen Nummern sind durchgängig so, wie man es sich nur wünschen kann, ohne Aussetzer. Und: Da ist dieser angenehm leichte, versöhnliche, fast beschwingte Tonfall in den Songs und in Cashs Stimme. Zwar unterliegt diese abhängig vom jeweiligen Gesundheitszustand des Interpreten bereits hörbaren Schwankungen, ein „einheitliches“ Produzieren war nicht mehr möglich – aber auch keinesfalls notwendig. Denn am vorher geäußerten Befund ändert das natürlich gar nichts, ganz im Gegenteil, möglicherweise ist es gerade ein Grund dafür, warum das alles so (scheinbar) unangestrengt daher kommt. Es wäre nun verlockend, in diesem Tonfall eine Art Friedenfinden und Sich-ins-Unvermeidliche-mit-Gelassenheit-fügen zu erblicken, aber der von Rick Rubin verfasste Beipackzettel verrät uns anderes. Offensichtlich fühlte sich Cash gerade 2003, in seinem letzten Lebensjahr, gesundheitlich besser und verspürte gesteigerten Elan, an seiner Musik zu feilen. Wie auch immer, ein würdiger Abschied. Danke, Johnny Cash!
Johnny Cash - God´s Gonna Cut You Down (Cut 2 von "American V: A Hundred Highways")
Johnny Cash - Further On Up The Road (Cut 5)
Johnny Cash - I´m Free From The Chain Gang Now (Cut 12, der letzte)
johnnycash.com
"A Hundred Highways" auf amazon.
- 9
Label: ECM
Jahr: 1985
Genre: Moderne religiöse Musik
Der Este Arvo Pärt, 1935 in der damaligen Sowjetunion geboren, 1980 zur Emigration nach Berlin genötigt, ist nicht nur der bedeutendste Komponist von Kirchenmusik und spiritueller Musik der Gegenwart, sein Einfluß strahlt weit über diesen Bereich hinaus, in die Avantgarde, die Filmmusik und in avantgardistischere Spielarten der Populärmusik, wie den Postrock. Die Kraft seiner Musik liegt in der Ruhe. Zum Minimalismus hingeneigt, spinnt er schwebend-klingende Klangteppiche von berückender Schönheit, die zwar meist ruhig dahintreiben, aber stets eine innere Spannung und schimmernde Kraft bewahren, die den Hörer im Bann halten. Dabei schöpft Pärt aus seiner profunden Kenntnis und oftmalig kompositorisch erprobten meisterhaften Beherrschung der Musikgeschichte, von der mittelalterlichen Gregorianik und der alten slawischen Kirchenmusik über die Musik der Renaissance zur Romantik und schließlich zu den musikalischen Erneuerern des 20. Jahrhunderts. Somit ist eine Reise in die Klangwelten des Arvo Pärt auch eine Reise durch faszinierende und die Erforschung lohnende Musikwelten.
Uneingeschränkt für jeden zu empfehlen, der offene Ohren und ein großes Herz sein eigen nennt.
Arvo Pärt - Fratres I
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Für Leute, denen das jetzt ein bißchen zu spirituell war: Nächstes Mal gehts dann in einer ganz anderen Richtung weiter - mit Punkrock und zynischem, großem Pop!
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