Sonntag, 12. Mai 2013

Ohren(ge)fälliges: Monatsmeister des Monats April 2013


Little Daylight - Overdose
?, Vereinigte Staaten
Gewonnene Ränge: + 11

s. bereits Monatsmeister des Monats März 2013.


El-P - The Full Retard
 Brooklyn, New York
Gewonnene Ränge: + 10

Oh ja, das hatten wir schon einmal. Der Hip-Hop und die inhaltliche Ebene. In El-Ps Musikstück "The Full Retard" geht es auch nicht gerade zimperlich her. Der Underground-Rap-Veteran und gefragte Producer sprüht hier nur so vor Angriffslust, ja Aggressivität. Die Wortwahl ist, soviel versteht man auf Anhieb - besser gesagt: aufs angehieben werden - auch nicht immer fein. Aber man braucht auch nicht unbedingt ein Wörterbuch für urbanen Slang (obgleich es hilfreich ist), um zu kapieren, dass hier mehr dahinter ist, dass es hier (auch) um andere Dinge geht, als jene Themen, die das Klischee der harten Rapmusik "dank" Gangsta-Rap gerne zuschreibt und dich sich mit "Waffen, Frauen und Drogen" zusammen fassen lassen.

In "The Full Retard" begegnen uns Chips, die im Handgelenk implantiert wurden ebenso wie Menschen, die um Brot anstehen müssen. Und die FEMA, die US-amerikanische Koordinierungsstelle für Katastrophenhilfe. Der Protagonist inszeniert sich als einsamer Gegenspieler des Systems, als mahnende Kassandra, die das Verderben kommen sieht und bereits am Radarschirm der Mächtigen auszumachen ist. Auch andere Tracks auf dem Mitte 2012 auf Fat Possum Records erschienenen Album "Cancer 4 Cure" schlagen in ähnliche Kerben.  In (dem freilich in mehrere Richtungen interpretierbaren) "Sign Here" erleben wir ein Verhör, bei dem das safe word für den Verhörten schlicht und einfach "Yes!" lautet. Was das System will, das kriegt es auch. In "Full Retard" hören wir die Zeile: "I am Sam I am known to go H-A-M", was auch nichts Gutes verheißt. Widerstand ist ziemlich zwecklos.

Aber wenigstens kann man es ja hinaus schreien, zeternd dagegen antreten. Dieser Track hat eine enorme Wucht, einen alles niederwalzenden Flow, einen pumpenden, fast industriellen Vibe. Zwischendurch wird von außen kommend eine Verheißung ausgesprochen, die aber gleich äußerst unsanft beiseite gepustet wird. Als Ohrenzeuge bleibt mir da nur mehr eines: Platznehmen im Cockpit des MC und dann mit davon rasen. Den Frust über kaum biegbare äußere Zustände nimmt man am besten mit an Bord und lässt ihn dann durch den Fahrtwind, durch die Geschwindigkeit, fein säuberlich zermahlen. Das kann befreiend sein.

Das Video zum Song freilich erspare ich euch, denn da regiert das Klischee. Soll vermutlich irgendwie ironisch sein, ist aber in Wahrheit nur schlecht.

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