Dienstag, 14. Mai 2013

Im Kino # 21: J.J. Abrams - Star Trek: Into Darkness (2D)

USA 2013

Der Mensch des 21. Jahrhunderts kennt das Prinzip bereits zur Genüge: Wenn das Teil nicht mehr funktioniert, dann schalte es ganz aus und starte wieder von vorne. In der Fernsehserie "The IT-Crowd" werden telefonische Anfragen durch die EDV-Abteilung genau so beantwortet, bevor überhaupt eine Frage gestellt wurde.

Das Konzept "Star Trek" hat nicht mehr funktioniert. Die zuletzt produzierte Serie "Star Trek: Enterprise" wurde zum Flop, in den Vorführungen der nach wie vor mit großem Aufwand produzierten Leinwand-Adaptionen herrschte zuletzt gähnende Leere. Der Neustart, der 2009 mit "Star Trek", dem elften Kinofilm aus der Serie, gelang, war spektakulär, aufregend und verheißungsvoll. Regisseur JJ Abrams hat sich der Sache gemeinsam mit den Drehbuchautoren Orci & Kurtzman angenommen und "Star Trek" viel von der Steifheit und gepflegten Langeweile ausgetrieben, die dieses Sci-Fi-Flaggschiff hinunter zu ziehen drohte. Gleichzeitig kam der Kniff zum Einsatz, eine neue Zeitlinie zu starten, die die alte gleichberechtigt bestehen lässt, aber doch eine weite Spielfläche für Neues eröffnet. Dass dabei auf die Charaktere der "Raumschiff Enterprise"- Ur-Crew der allerersten Serie zurück gegriffen wurde, leuchtet ein. Neben ihrem unbestrittenen Kultfaktor zeichnet Persönlichkeiten wie Kirk, McCoy oder Scotty eine raue Unmittelbarkeit aus, die ihren meist hyperkorrekten und/oder etwas blutleeren NachfolgerInnnen in der Sternenflottenuniform abgeht. Zudem kann kein Trekkie, so konservativ er oder sie auch sein mag, verlangen, dass eine Serie aus den Sechzigern eins-zu-eins abgebildet wird. Auch das vergrößert den Spielraum für die Macher.

Dass das Konzept aufzugehen scheint, zeigt neben den gut besuchten Kinosälen auch der Umstand, dass mit "Sherlock" Benedict Cumberbatch eine der momentan aufregendsten Aktien auf dem Darsteller-Markt für die Rolle des Bösewichts in "Star Trek: Into Darkness" gewonnen werden konnte. Wen er dabei ganz genau, spielt, war bereits Monate vor Erstaufführung des Streifens Gegenstand ausgiebiger Mutmaßungen. Und die Mutmaßungen lagen, so viel darf verraten werden, nicht so ganz falsch.

Die Drehbuchautoren haben mit "Into Darkness" einen Art actiongeladenen Remix einer der populärsten "Star Trek"-Geschichten der klassischen Ära verfasst. Angereichert wurde diese anspielungsreiche Wiederverwertung durch das große Thema Amerikas des letzten Jahrzehnts, die asymmetrische Auseinandersetzung mit dem Terrorismus. Vieles, was den "Star Trek"-HeldInnen wie der Menschheit hier widerfährt, kommt uns aus der jüngeren Zeitgeschichte bekannt vor. Viel mehr als der, allerdings sehr ehrenwerte, moralische Appell, sich im Kampf mit einem tückischen Gegner nicht selbst zu verlieren, springt dabei an Erkenntnisgewinn aber nicht heraus.

"Star Trek: Into Darkness" ist, das ist festzuhalten, in erster Linie bombastisches Popcornkino geworden, welches zumindest über zwei Drittel des Filmes auch dramaturgisch überzeugt. Die Einstellungen, die man zu sehen bekommt, sind im Übrigen selbst in 2D teilweise Atem beraubend. Kaum auszudenken, wie sich das in 3D ausnimmt (das werde ich allerdings nie beurteilen können).

Zeit für Beziehungskisten und Emotionen ist aber auch noch. Zwischen den Kämpfen und dem permanenten Sich-gegenseitig-das Leben-retten werden da von den ProtagonistInnen auch starke Gefühle gezeigt und eingefordert, da fließen einige Tränen.Wirkliche schauspielerische oder atmosphärische Glanzlichter setzt der Streifen dabei keine, auch nicht durch Benedict Cumberbatch, der seine Rolle als terroristischer Herausforderer der Sternenflotte recht souverän gibt, dessen Charakter aber dennoch irgendwie blass bleibt. Keine neuen Maßstäbe setzt das neue Abenteuer der "Enterprise" auch in Bezug auf die Rolle der weiblichen Besatzungsmitglieder. Zwar erhält Lt. Uhura ihren - irgendwie erwartbaren - großen Auftritt, letztlich sind die wenigen Frauen aber auf die Rolle als Objekt männlicher Begierde oder als emotionaler Stressfaktor reduziert. Der Geist der 60er Jahre weht durch die Weltraum-"Mad Men", was im gegebenen Genre mittlerweile etwas peinlich und jedenfalls altbacken wirkt, auch wenn die männlichen Helden hier wenigstens Gefühle zeigen dürfen. Zum zwiespältigen Eindruck trägt schließlich auch die Filmmusik bei - ein hundert Mal gehörter, DC/Marvelcomicsverfilmungs-Aufguss, der eher unangenehm in den Gehörgängen picken bleibt. Etwas mehr Distinktion hätte gut getan.

Womit wir beim Kernproblem wären: einerseits ist "Star Trek: Into Darkness" ein Pastiche alter Star-Trek-Themen und Motive, die nur allzu bekannt sind. In vielerlei Hinsicht schreibt der Abrams-Ansatz damit aber leider, das macht der zweite Teil jetzt deutlich, auch viele Schwächen von "Star Trek" fort, von der einengend-militärischen Kalte-Kriegs-Atmosphäre der Sternenflotte bis zum Verzicht auf politische, soziale und wirtschaftliche Zusammenhänge. Andererseits ist die formale Umsetzung einem konventionellen, zeitgeistigen Actionkino verpflichtet, wie man es schon unzählige Male gesehen hat. Dieser Mix mag erfolgreich sein, wirklich interessant finde ich ihn aber nicht. Meine Hoffnung, die mich nach "Star Trek" anno 2009 erfüllt hat, nämlich dass hier etwas wirklich packendes Neues entstehen wird, wird durch "Star Trek: Into Darkness" - bei aller Könnerschaft in diesem Film - enttäuscht. Irgendwie ist er mir zu sehr dieses: ein alter Star Trek-Wein in einem neuen Actionfilmschlauch.

Meine Bewertung: 3 aus 5 Sternen.

2 Kommentare:

Florian hat gesagt…

Bei der Diskussion zwischen Toby und Dir über den Film wär ich gern dabei.

And please also check out my Website: www.sauschaedel.at

Ein Winzer hat gesagt…

Bitte sag, dass du endlich die Schweinske-Lizenz für Österreich erworben hast!

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