Sonntag, 5. Januar 2020

Rückblog 2019: Meine bestgehörten Alben des Jahres 2019, Platz 3

03 (geteilt mit "Bags & Trane") 
Marc Ribot - Songs Of Resistance (1942-2018)
Anti-, 2018

Gegen hartnäckig dumme (und sogar dümmer werdende) Politik braucht es hartnäckigen (und mitunter auch härteren) Widerstand. Dachte sich der amerikanische Musiker Marc Ribot und nahm ein Album auf, eine Platte voller Protestsongs aus den Jahren 1942-2018.


Weder die Zeitspanne ist dabei zufällig gewählt, noch das Cover des Albums. Letzteres zeigt einen Mann, der auf die Trümmer eines von Bombern in Schutt und Asche gelegten Hauses blickt. 1942 war das erste volle Jahr, das die USA im Zweiten Weltkrieg verbrachten. Das Bild zeigt uns, welche Folgen autoritär-nationalistische Politik sowie populistische Spalterei und Kriegstreiberei in letzter Konsequenz haben.

Marc Ribot hat für seine "Songs Of Resistance" eine illustre Runde von MitmusikerInnen zusammen gebracht und macht mit ihnen viele verschiedene Arten von Musik. Es sind alte Lieder, neu arrangierte Lieder und neue Kompositionen.

So raspelt Tom Waits ein Ehrfurcht gebietendes "Bella Ciao". Steve Earle marschiert den Widersachern im folkigen Rock -Schritt von "Ain´t Gonna Let Them Turn Us Round" trotzig entgegen oder beklagt den Tod eines ermordeten Sikhs gemeinsam mit Ribot und Tift Merritt in schaukelndem Country ("Srinivas"). Die Neo-Soul-Vorreiterin Meshell Ngedeceollo und die Jazzsängerin Fay Victor setzen eindrucksvolle Akzente.  Und Ohene Cornelius schmäht den US-Präsidenten mittels Raps auf einem mexikanischen Pop-Beat.

Ribot ist ein musician´s musician, ein hoch geschätzter Sideman und Session-Musiker - ohne, dass er dabei selbst die ganz große Bekanntheit erlangt hätte. Einer jedenfalls, der in sehr vielen musikalischen Stilen zuhause ist, der viel Jazz, aber auch lateinamerikanische Musik, Folk, Rock, Pop, Blues, Klezmer, No Wave oder Avantgarde gemacht hat.

Das kommt der Platte zupass. "Gut gemeint" ist ja, oft genug, das Gegenteil von gut. Wenn viele KünstlerInnen zusammen kommen, die unterschiedliche Hintergründe haben und dann auch noch einiges an schon existierendem Songmaterial verarbeiten, dann kann das Ergebnis schnell wie ein etwas unausgegorener Sampler klingen. Hier nicht. Marc Ribot hält den Laden zusammen.

Einziger echter Kritikpunkt an dieser stilistisch sehr abwechslungsreichen und doch gut durchhörbaren Platte: die Lyrics, manchmal zumindest. Die sind  - qua Songwahl oder Neutextung - zeitweise gar arg martialisch und/oder stumpf-aggressiv geraten, vor allem wenn es um den amtierenden US-Präsidenten und dessen Misshandlungen der Rationalität, der Mitmenschen und des Planeten geht. Man muss ja nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, sagt da der Verstand. Ist aber schon auch ein bisschen kathartisch, sagt das Gefühl.



Anm 1.: Stream startet mit Track 2 (warum auch immer), einmal zurück und es beginnt von vorn.
Anm. 2: Wer das Album kauft, unterstützt eine Anti-Trump-Grassroots-Organisation.

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