2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man jetzt auf diesem Blog nachlesen.
5.8.2005
Erneut French Concession. Wieder ein längerer Marsch, obwohl ursprünglich ein Erholungstag eingeplant war. Der Rekord von Mao und Genossen muss und wird in den nächsten Tagen fallen..
Wir besuchen das bekannte Garden Hotel samt Park, wo uns ein junger Shanghaier weiterhilft und uns seine Visitenkarte gibt (Visitenkarten sind bei jungen Chinesen ein Muss, wer keine hat, existiert nicht). Meine Digitalkamera haucht ebenda ihr Leben aus. Made in China. Wir passieren das Lyceum-Theater und gelangen zur Villa des alten Schweden Eric Moller, dem einstigen Eigner der Moller-Linie. In dieser Gegend befindet sich auch das englischsprachige Buchgeschäft "Garden Books". Dort kommen wir mit einem perfekt englisch sprechenden, smart wirkenden jungen Verkäufer ins Gespräch, der aus Beijing zugewandert ist. Er tröstet uns ob unserer Unfähigkeit, das Chinesisch der Shanghaier zu verstehen - er habe es auch erst lernen müssen. Dann fragt er uns, wo wir denn herkämen. Darauhin enstpinnt sich folgender Dialog:
Ich: "We are from Austria!"
Er: "Ah, Austria is a beautiful country! Where in Austria do you come from? Vienna?"
Ich: "No, we are from Linz.."
Er: "Ah..Linz!"
Ich: "You know Linz???"
Er: "Yes, this is were Hitler went to school!"
Ich: "Ehm....yes....and Wittgenstein!"
Er: "Of course, Wittgenstein."
Weil wir gerade auf dem Weg durch die French Concession sind: interessant auch die verschiedenen Erklärungsansätze bei Verlaufen! Befindet sich der Plan in meinen Händen: "Na, hamma wieder verträumt eine Abzweigung übersehen?" Ist der Plan bei J.: "Die Chinesen ham schon wieder eine Straße/ein Gebäude/einen Park weggerissen. Des is nimma da!"
Auf dem weiteren Weg schmeisse ich mit meinem Rucksack beinahe zwei der allgegenwärtig am Wegrand geparkten Fahrräder um. Aber eigentlich wär mit das ja auch egal gewesen, ob da jetzt in China ein Radl umfällt.
Hernach sehen wir die russisch-orthodoxe Missionskirche, wo sich nun ein Restaurant befindet, wiewohl man ja sagen muss, dass das für einen Chinesen die wahrhaft religiöse Stätte ist, sowie das Haus des einstigen inoffiziellen Herrschers der Stadt in den 20ern und 30er Jahren, des Anführers der berüchtigten "Grünen Bande" (nicht mit der Partei um Alexander Van der Bellen zu verwechseln ;) ) Du Yuesheng. Dann gehts noch weiter zu einer Präsentation von "Chinese Blue Nankeen", erlesenen Shanghaier Stoffen. Den Sightseeing-Rundgang beschließt das Wohnhaus des Gelehrten, Reformers und Demokraten Cai Yuanpei, des einstigen Bildungsministers und Rektors der Beijinger Universität in der Zeit der Chinesischen Republik.
Danach gehen wir essen, ich esse wieder Ente, diesmal "roasted", J.´s Frühlingsrollen werden unterschlagen (trotz des Brauchs, einen Zettel mit sämtlichen Bestellungen auf den Tisch zu legen und beim Servieren dann abzuhaken). Zuvor hatten wir noch eine Stätte der Chinesischen Volksreligion besucht, den Jing´an-Tempel. Auffällig, dass es vor allem junge Menschen sind, die hier für Glück und Wohlstand beten, nicht Maos alte Garden.
Schon relativ erschöpft kommen wir schliesslich nach Hause, aber wir haben nur einen kurzen Aufenthalt, sind wir doch schon um 8 Uhr wieder mit M., der von seiner Geschäftsreise zurück ist, samt Kollegen verabredet. Ich werde vo J. noch schnell in den gigantischen Metro-Markt beordert, um den Kühlschrank aufzufüllen. Ich verbringe das olympische Wunder und schaffe es in der knapp bemessenen Zeit, werde aber gerügt, weil ich in der Hast nicht immer die richtigen Produkte aus den Regalen gegrapscht habe.
Das Essen ist das beste, dass wir bisher hier in China konsumiert haben. Tofu, die großartige Peking-Ente, der göttliche Mandarin-Fisch, Schweinefleisch-Bällchen, alles vom Allerfeinsten. Sattheit und Müdigkeit verfliegen angesichts der Köstlichkeiten (diesmal unironisch gebraucht) schnell. Nur die Ciampi lassen J. und ich unangetastet.
Nachher erwartet uns draussen der Taifun. Und ein Taxifahrer, der uns nicht versteht und auch aufgeschriebene Adressen nicht lesen kann. Schliesslich kommen wir aber dann doch gut nachhause. Wir haben ja keine Ahnung, was mit dem nächsten Tag auf uns zukommt.
Weil es von diesem Tag keine Bilder gibt..etwas Makaber-Komisches aus der Shanghaier U-Bahn!
Freitag, 30. November 2007
Donnerstag, 29. November 2007
Aufgelesen.. # 3
"Ansonsten dokumentiert dieses im Cut-Up-Statement-Stil gehaltene Buch (siehe auch Jürgen Teipel und Verschwende deine Jugend) die Geschichte der Jugendkultur/en in Linz, der einzigen österreichischen Stadt neben Wien, die sowas aufzuweisen hat.
Für Graz und Innsbruck, bei allem Respekt, würde ein Heft reichen, für Salzburg ein Löschblatt." (Martin Blumenau über "Es muss was geben - Die Anfänge der alternativen Musikszene in Linz" von Andy Kump)
Hehe..
Für Graz und Innsbruck, bei allem Respekt, würde ein Heft reichen, für Salzburg ein Löschblatt." (Martin Blumenau über "Es muss was geben - Die Anfänge der alternativen Musikszene in Linz" von Andy Kump)
Hehe..
Mittwoch, 28. November 2007
Dienstag, 27. November 2007
WikiAIDia
Wenn man Alexa glauben darf, dann benutzen am Tag 9% aller globalen Internetz-User die Wikipedia. Die Seite liegt damit auf Platz acht der Web-Beliebtheitsskala. Vor ihr rangieren nur mehr Facebook (7.), Myspace (6.), Microsoft Network (5.), Windows Live (4.), Youtube (3.), Google (2.) und Yahoo (1.). Dabei geht der Siegeszug von Wikipedia weiter, die Tendenz geht nachwievor stetig nach oben. Das Online-Nachschlagewerk ist damit die erfolgreichste nicht-kommerzielle Internetz-Seite. Die Wikimedia-Foundation in St. Petersburg, Florida, jene Non-Profit-Organisation, die als Trägerin der Wikipedia fungiert, finanziert sich ausschließlich aus Spenden.
Wenn man bedenkt, wie viele Menschen diese Seite täglich nutzen - darunter mit Sicherheit auch viele von jenen, die sich gerne als Wikipedia-Kritiker profilieren - ist es schon erstaunlich, wie wenig dafür gespendet wird. Die Wikimedia-Foundation benötigt dringend Geld, und dass nicht nur für den reinen Serverberieb, sondern auch für die von ihr betriebenen gemeinnützigen Projekte, mit denen Menschen in Entwicklungsländern der Zugang zu der Seite ermöglicht werden soll.
Für jemanden wie mich dem - Encyclopaedia Britannica-Qualität hin oder her - die Wikipedia bereits unersetzliche Dienste geleistet hat, ist es nunmehr an der Zeit, auch ein wenig zurückzugeben.
Ich spende.
Sonntag, 25. November 2007
Der schöne Moment # 1
Es war ein Unfall. Gut, dass ich am Donnerstag an ihrer Kassaschlange angestellt war, das war schon intentional, aber ich wollte eigentlich nur ihre mürrische Kollegin an der anderen Kassa vermeiden. Oder sagen wir es so: das war der Hauptgrund, natürlich wollte ich ihr aber auch über den Weg laufen.
Sie ist vermutlich die einzige Supermarktkassiererin der Stadt, die schicke Designerbrillen trägt. Das hebt sie hervor, aber sie hat auch sonst eine recht spezielle Ausstrahlung. Ich mag das. Man könnte sagen, sie gefällt mir. Wenn ich an der Reihe bin, stehe ich immer etwas neben mir und komme mir selbst recht unkonzentriert vor.
Donnerstag war das anders. Als gerade die Kundin vor mir an die Reihe kam und ich somit unvermittelt schräg vor meiner Kassiererin stand, schossen mir unschuldige Gedankenspiele durch den Kopf. Aufgrund der Brillen musste ich plötzlich an eine jüngst sehr bekannt gewordene Richterin, Frau Mag. B.-O., eines berühmten Prozesses am Wiener Straflandesgericht denken. Diese war mir dort auch ab und zu über den Weg gelaufen. Nun habe ich zu dieser Richterin natürlich deswegen noch lange keine wie auch immer geartete Affinität, anders als zu der Frau, die meine Strichcodes einliest. Dennoch machte mir dieses Zusammendenken Spass, vor allem als ich mir dann sagte: "Sie ist eigentlich die B.O. der Wiener Supermarktkassiererinnen!" Natürlich nur wegen der Brillen. Vielleicht auch ein bisschen, weil sie auch sonst hervorsticht. Darob musste ich grinsen. Das sah sie aber. Und lachte mich an.
Sowas passiert mir wirklich nicht oft.
Es mag nur ein Unfall gewesen sein. Und ein Reflex. Aber es war trotzdem ein schöner Moment.
Nächstes Mal: Das Champions-League-Finale 1999 zwischen Manchester United und FC Bayern München.
Sie ist vermutlich die einzige Supermarktkassiererin der Stadt, die schicke Designerbrillen trägt. Das hebt sie hervor, aber sie hat auch sonst eine recht spezielle Ausstrahlung. Ich mag das. Man könnte sagen, sie gefällt mir. Wenn ich an der Reihe bin, stehe ich immer etwas neben mir und komme mir selbst recht unkonzentriert vor.
Donnerstag war das anders. Als gerade die Kundin vor mir an die Reihe kam und ich somit unvermittelt schräg vor meiner Kassiererin stand, schossen mir unschuldige Gedankenspiele durch den Kopf. Aufgrund der Brillen musste ich plötzlich an eine jüngst sehr bekannt gewordene Richterin, Frau Mag. B.-O., eines berühmten Prozesses am Wiener Straflandesgericht denken. Diese war mir dort auch ab und zu über den Weg gelaufen. Nun habe ich zu dieser Richterin natürlich deswegen noch lange keine wie auch immer geartete Affinität, anders als zu der Frau, die meine Strichcodes einliest. Dennoch machte mir dieses Zusammendenken Spass, vor allem als ich mir dann sagte: "Sie ist eigentlich die B.O. der Wiener Supermarktkassiererinnen!" Natürlich nur wegen der Brillen. Vielleicht auch ein bisschen, weil sie auch sonst hervorsticht. Darob musste ich grinsen. Das sah sie aber. Und lachte mich an.
Sowas passiert mir wirklich nicht oft.
Es mag nur ein Unfall gewesen sein. Und ein Reflex. Aber es war trotzdem ein schöner Moment.
Nächstes Mal: Das Champions-League-Finale 1999 zwischen Manchester United und FC Bayern München.
Samstag, 24. November 2007
Matt Damon
Habe gestern wieder einmal die schauspielerische Versiertheit des Matt Damon bewundern dürfen, und zwar in dem Film "Das Bourne Ultimatum" (inoffizieller Subtitel "Ob London, New York oder Berlin - 3-Wetter-Damon, der Gesichtsausdruck hält!").
Dazu passt der quintessentielle Glanz-Damon:
Übrigens: Daniel Brühl ist der deutsche Matt Damon.
Dazu passt der quintessentielle Glanz-Damon:
Übrigens: Daniel Brühl ist der deutsche Matt Damon.
Donnerstag, 22. November 2007
Ein Winzer im Reich der Mitte # 5
2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man jetzt auf diesem Blog nachlesen.
4.8.2005
Die Schranktür ist herausgegangen. In diesem Land geht alles kaputt, was nicht mit Samthandschuhen angefasst wird (vermutlich mussten sie auch die Große Mauer jedes Mal wieder aufbauen, wenn sich ein Mongole dagegen gelehnt hat..).
Touristisch hat es uns heute wieder in die Altstadt verschlagen und wir haben wieder in dem Buffet "Shanghai Designated Tourist Restaurant" gegessen. Passabel. Aber wir waren kaum hungrig. Überhaupt verspürt man hier weniger oft ein Hungergefühl, es scheint, als ginge in dieser schwülen Hitze der ganze Stoffwechsel langsamer von Statten. Umso erstaunlicher, was dennoch die Chinesen verdrücken und dabei relativ schlank bleiben (aber, damit werden angelsächsische Fast-Food-Ketten vermutlich bald aufgeräumt haben).
Zuvor haben wir einen Rundgang durch die Altstadt unternommen. Wir haben einen großen daoistischen Tempel gesucht und schliesslich, umzingelt von in Bau befindlichen Riesenhochhäusern und chinesischen Bauarbeitern gefunden. Die Freude währte nicht lange, denn wir wurden alsbald von einem besorgt dreinblickenden Volkspolizisten vertrieben. Man hat übrigens in Shanghai tatsächlich das Gefühl, dass an jeder Ecke einer von denen auf einem Schemel sitzt und die Gegend anstarrt. So sehr das in anderer Hinsicht auch nachdenklich stimmt, man kann nicht leugnen, dass es dem Devisen-bringenden Touristen ein Gefühl von Sicherheit vermittelt.
In besserem Zustand als der fast schon weggebaute daoistische präsentierte sich der konfuzianische Tempel ein Stück weiter. Danach haben wir noch den Tier- (wo es wirklich alles zu kaufen gibt, was kreucht und fleucht) und den Antiquitätenmarkt besucht. Am Ausgang des letzteren wollte uns ein Mann dann mit Versprechung von fantastischem China-Porzellan in einen Hinterhof locken, aber wir wurden vor sowas gewarnt und haben ihn folglich abgewiesen. Die Preisverhandlungen gestalten sich nämlich in solchen Fällen oftmals sehr einseitig, wenn man sich plötztlich von sämtlichen männlichen Verwandten des Händlers umringt sieht.
Im konfuzianischen Tempel.
Straßenszene.
4.8.2005
Die Schranktür ist herausgegangen. In diesem Land geht alles kaputt, was nicht mit Samthandschuhen angefasst wird (vermutlich mussten sie auch die Große Mauer jedes Mal wieder aufbauen, wenn sich ein Mongole dagegen gelehnt hat..).
Touristisch hat es uns heute wieder in die Altstadt verschlagen und wir haben wieder in dem Buffet "Shanghai Designated Tourist Restaurant" gegessen. Passabel. Aber wir waren kaum hungrig. Überhaupt verspürt man hier weniger oft ein Hungergefühl, es scheint, als ginge in dieser schwülen Hitze der ganze Stoffwechsel langsamer von Statten. Umso erstaunlicher, was dennoch die Chinesen verdrücken und dabei relativ schlank bleiben (aber, damit werden angelsächsische Fast-Food-Ketten vermutlich bald aufgeräumt haben).
Zuvor haben wir einen Rundgang durch die Altstadt unternommen. Wir haben einen großen daoistischen Tempel gesucht und schliesslich, umzingelt von in Bau befindlichen Riesenhochhäusern und chinesischen Bauarbeitern gefunden. Die Freude währte nicht lange, denn wir wurden alsbald von einem besorgt dreinblickenden Volkspolizisten vertrieben. Man hat übrigens in Shanghai tatsächlich das Gefühl, dass an jeder Ecke einer von denen auf einem Schemel sitzt und die Gegend anstarrt. So sehr das in anderer Hinsicht auch nachdenklich stimmt, man kann nicht leugnen, dass es dem Devisen-bringenden Touristen ein Gefühl von Sicherheit vermittelt.
In besserem Zustand als der fast schon weggebaute daoistische präsentierte sich der konfuzianische Tempel ein Stück weiter. Danach haben wir noch den Tier- (wo es wirklich alles zu kaufen gibt, was kreucht und fleucht) und den Antiquitätenmarkt besucht. Am Ausgang des letzteren wollte uns ein Mann dann mit Versprechung von fantastischem China-Porzellan in einen Hinterhof locken, aber wir wurden vor sowas gewarnt und haben ihn folglich abgewiesen. Die Preisverhandlungen gestalten sich nämlich in solchen Fällen oftmals sehr einseitig, wenn man sich plötztlich von sämtlichen männlichen Verwandten des Händlers umringt sieht.
Im konfuzianischen Tempel.
Straßenszene.
Mittwoch, 21. November 2007
Animationskunst, extraterrestrisch
Viele werden das schon kennen, speziell jene, die den Film "Ratatouille" im Kino gesehen haben.
Aber, Wiedersehen macht ja auch Freude.
Dank an Markus!
Pixar - Lifted - The best bloopers are here
Aber, Wiedersehen macht ja auch Freude.
Dank an Markus!
Pixar - Lifted - The best bloopers are here
Montag, 19. November 2007
Täuschen und Tarnen
Der EU-Kommissionspräsident José Manuel Durao Barroso hat in einem Zeitungsinterview eingeräumt, dass er sich durch Falschinformationen der USA in Bezug auf die angeblichen Massenvernichtungswaffen des Irak täuschen hat lassen.
Dies ist an sich gar nicht so bemerkenswert, ist es doch bekanntlich vielen so ergangen.
Was wirklich auffällt, und zwar unangenehm, sind die weiteren Ausführungen des Portugiesen. Er meint nämlich: "Heute ist es leicht, Bush die Schuld zu geben. Aber man darf nicht vergessen, dass die Entscheidung zu einem Angriff auf den Irak in den USA fast einstimmig getroffen wurde, und zwar von den Republikanern wie auch von den Demokraten." Auch der frühere US-Präsident Bill Clinton habe ihm in einem Gespräch nach dem Azoren-Gipfel versichert, dass er von der Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak "völlig überzeugt" sei.
Diese Argumentationslogik des obersten EU-Beamten zur Rechtfertigung des US-Präsidenten ist natürlich zum Kübeln. Denn gerade darin liegt ja die immense Perfidie des Handelns des US-Regierung: dass man es geschafft hat, unter Einsatz sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel alle hinters Licht zu führen und dem eigenen Land, Republikanern wie Demokraten, sowie der ganzen Welt Glauben zu machen, Saddam Hussein könnte tatsächlich Massenvernichtungswaffen besitzen. Darin kommt eine enorme kriminelle Energie zum Ausdruck. Dass Bush von all dem nichts gewusst haben soll, dass er selbst ein Hinterslichtgeführter gewesen sein soll, ändert nur wenig. Denn ein US-Präsident der derart naiv seinen Hintermännern folgt und auf einer solchen Grundlage enorm folgenschwere Entscheidungen trifft, der handelt grob fahrlässig und ist seines Amtes nicht würdig.
In welchem Licht die von ihm getätigten Äusserungen die Amtswürdigkeit des Herrn Barroso erscheinen lassen, steht auf einem anderen Blatt. Wenn man es sehr diplomatisch formulieren möchte und zugleich nicht annehmen möchte, dass Barroso nicht der Hellste oder nicht ganz redlich ist, kann man sie diplomatisch nennen.
Eines aber unterscheidet die Position des US-Präsidenten von jener des EU-Kommissionspräsidenten jedenfalls ganz erheblich: Der US-Präsident - oder, für den Fall dass er nicht mehr kandidieren darf, zumindest sein politisches Lager - kann vom Volk direkt abgewählt werden. Der EU-Kommissionspräsident nicht.
Dies ist an sich gar nicht so bemerkenswert, ist es doch bekanntlich vielen so ergangen.
Was wirklich auffällt, und zwar unangenehm, sind die weiteren Ausführungen des Portugiesen. Er meint nämlich: "Heute ist es leicht, Bush die Schuld zu geben. Aber man darf nicht vergessen, dass die Entscheidung zu einem Angriff auf den Irak in den USA fast einstimmig getroffen wurde, und zwar von den Republikanern wie auch von den Demokraten." Auch der frühere US-Präsident Bill Clinton habe ihm in einem Gespräch nach dem Azoren-Gipfel versichert, dass er von der Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak "völlig überzeugt" sei.
Diese Argumentationslogik des obersten EU-Beamten zur Rechtfertigung des US-Präsidenten ist natürlich zum Kübeln. Denn gerade darin liegt ja die immense Perfidie des Handelns des US-Regierung: dass man es geschafft hat, unter Einsatz sämtlicher zur Verfügung stehender Mittel alle hinters Licht zu führen und dem eigenen Land, Republikanern wie Demokraten, sowie der ganzen Welt Glauben zu machen, Saddam Hussein könnte tatsächlich Massenvernichtungswaffen besitzen. Darin kommt eine enorme kriminelle Energie zum Ausdruck. Dass Bush von all dem nichts gewusst haben soll, dass er selbst ein Hinterslichtgeführter gewesen sein soll, ändert nur wenig. Denn ein US-Präsident der derart naiv seinen Hintermännern folgt und auf einer solchen Grundlage enorm folgenschwere Entscheidungen trifft, der handelt grob fahrlässig und ist seines Amtes nicht würdig.
In welchem Licht die von ihm getätigten Äusserungen die Amtswürdigkeit des Herrn Barroso erscheinen lassen, steht auf einem anderen Blatt. Wenn man es sehr diplomatisch formulieren möchte und zugleich nicht annehmen möchte, dass Barroso nicht der Hellste oder nicht ganz redlich ist, kann man sie diplomatisch nennen.
Eines aber unterscheidet die Position des US-Präsidenten von jener des EU-Kommissionspräsidenten jedenfalls ganz erheblich: Der US-Präsident - oder, für den Fall dass er nicht mehr kandidieren darf, zumindest sein politisches Lager - kann vom Volk direkt abgewählt werden. Der EU-Kommissionspräsident nicht.
Sonntag, 18. November 2007
Ein Winzer im Reich der Mitte # 4
2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man jetzt auf diesem Blog nachlesen.
3.8.2005
Ich lebe in einem totalitären System. Jeder meiner Schritte wird gelenkt und überwacht. Bei jeder meiner Handlungen muss mir klar sein, dass diese gravierende Konsequenzen haben kann. Es gibt einen Plan, eine Ordnung, eine Bestimmung, und ich habe zu folgen. Man versucht mich zu erziehen, mich zu einem besseren, saubereren, ordnungsliebenderen Menschen zu machen. Mein Wille soll gebrochen werden. Ich lebe in einem totalitären System.
Ich spreche nicht von China.
Heute hat mich J. um 9 Uhr in lautem Kommandoton geweckt. Unser Marschbefehl sah die Durchwanderung der "French Concession" vor. Wir besichtigten ein Shikumen, ein typisches Shanghaier Bürgerwohnhaus der 20er und 30er Jahre. Danach besuchten wir jene Räumlichkeiten, in denen 1921 wichtige Beschlüsse zur Gründung der Kommunistischen Partei Chinas gesetzt wurden. Sie haben Tee getrunken. Ich wollte Propagandaplakate der Kommunistischen Partei kaufen, aber die waren weit überteuert. In dem teuren Souvenirshop fand sich neben Parteiemblemen und Mao-Büsten ein Pepsi-Automat.
Danach wechselten wir das ideologische Ufer. Wir nahmen an einer Führung durch jenes Haus teil, in dem Sun Yat-Sen, der Gründer der chinesischen Republik von 1911, mehrere Jahre gelebt hat. Ein sympathischer Mensch, wenn man sich sein Haus so ansieht. Aber, ich muss erst genauer in den Geschichtsbüchern nachlesen..
Wir wurden dann noch diverser anderer Sights ansichtig, u.a. eines Puschkin-Denkmales, das in der Kulturrevolution niedergerissen wurde und in den Achtziger Jahren wieder errichtet worden ist. Ausserdem sahen wir eine orthodoxe und eine protestantische Kirche (letztere durfte weder betreten noch fotografiert werden). Kurz darauf wurden wir dann von einem gefährlich ausschauenden Typen mit dunkler Sonnenbrille und schwarzem Anzug, der einem James-Bond-Film entsprungen schien, böse angefunkelt. Er bewachte ein "Shanghai Technology Center". Die organisierte Kriminalität hat offensichtlich ihr Betätigungsfeld gewechselt.
Schließlich gingen wir essen. Ich verzehrte eine knsuprige Ente, die ihrem Namen gerecht wurde und in krassem Gegensatz zu jenen Traurigkeiten stand, die einem allzu oft in heimischen Chinarestaurants auf den Tisch gestellt werden.
Das "Wiener Café" haben wir an diesem Tag übrigens auch besucht. Die Atmosphäre war nett, die Preise für Shanghaier Verhältnisse enorm hoch, J.´s Kaffee anscheinend hervorragend, der Marmortisch war auf der Unterseite aus Kunststoff und es hingen Skier an der Wand. Alles fast ganz wie in Wien.
Hier fühlt man sich irgendwie richtig groß: in der Shanghaier U-Bahn.
3.8.2005
Ich lebe in einem totalitären System. Jeder meiner Schritte wird gelenkt und überwacht. Bei jeder meiner Handlungen muss mir klar sein, dass diese gravierende Konsequenzen haben kann. Es gibt einen Plan, eine Ordnung, eine Bestimmung, und ich habe zu folgen. Man versucht mich zu erziehen, mich zu einem besseren, saubereren, ordnungsliebenderen Menschen zu machen. Mein Wille soll gebrochen werden. Ich lebe in einem totalitären System.
Ich spreche nicht von China.
Heute hat mich J. um 9 Uhr in lautem Kommandoton geweckt. Unser Marschbefehl sah die Durchwanderung der "French Concession" vor. Wir besichtigten ein Shikumen, ein typisches Shanghaier Bürgerwohnhaus der 20er und 30er Jahre. Danach besuchten wir jene Räumlichkeiten, in denen 1921 wichtige Beschlüsse zur Gründung der Kommunistischen Partei Chinas gesetzt wurden. Sie haben Tee getrunken. Ich wollte Propagandaplakate der Kommunistischen Partei kaufen, aber die waren weit überteuert. In dem teuren Souvenirshop fand sich neben Parteiemblemen und Mao-Büsten ein Pepsi-Automat.
Danach wechselten wir das ideologische Ufer. Wir nahmen an einer Führung durch jenes Haus teil, in dem Sun Yat-Sen, der Gründer der chinesischen Republik von 1911, mehrere Jahre gelebt hat. Ein sympathischer Mensch, wenn man sich sein Haus so ansieht. Aber, ich muss erst genauer in den Geschichtsbüchern nachlesen..
Wir wurden dann noch diverser anderer Sights ansichtig, u.a. eines Puschkin-Denkmales, das in der Kulturrevolution niedergerissen wurde und in den Achtziger Jahren wieder errichtet worden ist. Ausserdem sahen wir eine orthodoxe und eine protestantische Kirche (letztere durfte weder betreten noch fotografiert werden). Kurz darauf wurden wir dann von einem gefährlich ausschauenden Typen mit dunkler Sonnenbrille und schwarzem Anzug, der einem James-Bond-Film entsprungen schien, böse angefunkelt. Er bewachte ein "Shanghai Technology Center". Die organisierte Kriminalität hat offensichtlich ihr Betätigungsfeld gewechselt.
Schließlich gingen wir essen. Ich verzehrte eine knsuprige Ente, die ihrem Namen gerecht wurde und in krassem Gegensatz zu jenen Traurigkeiten stand, die einem allzu oft in heimischen Chinarestaurants auf den Tisch gestellt werden.
Das "Wiener Café" haben wir an diesem Tag übrigens auch besucht. Die Atmosphäre war nett, die Preise für Shanghaier Verhältnisse enorm hoch, J.´s Kaffee anscheinend hervorragend, der Marmortisch war auf der Unterseite aus Kunststoff und es hingen Skier an der Wand. Alles fast ganz wie in Wien.
Hier fühlt man sich irgendwie richtig groß: in der Shanghaier U-Bahn.
Samstag, 17. November 2007
Orakeln für Österreich
Thomas König, gestern, sinngemäß:
"Aber dieses Spiel ist eine gute Vorbereitung...Gut möglich, dass wir bei der WM eine Gruppe mit spielerisch besseren Gegnern bekommen.."
Aber geh. Ich glaube, das Orakel von Delphi sucht noch junge, motivierte Mitarbeiter. Da wäre der Thomas König vielleicht ganz gut aufgehoben! Andererseits, wenn er geht, dann darf vielleicht der Oliver Polzer noch mehr wichtige Spiele kommentieren..
"Aber dieses Spiel ist eine gute Vorbereitung...Gut möglich, dass wir bei der WM eine Gruppe mit spielerisch besseren Gegnern bekommen.."
Aber geh. Ich glaube, das Orakel von Delphi sucht noch junge, motivierte Mitarbeiter. Da wäre der Thomas König vielleicht ganz gut aufgehoben! Andererseits, wenn er geht, dann darf vielleicht der Oliver Polzer noch mehr wichtige Spiele kommentieren..
Mittwoch, 14. November 2007
Ein Winzer im Reich der Mitte # 3
2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man jetzt auf diesem Blog nachlesen.
2.8.2005
Wieder eher spätes Aufstehen (kurz nach 10). Dann ab zum Oriental Pearl Tower und hinauf das Ding. Es bietet sich ein prächtiger Ausblick auf das wuchernde Stadtmonster. Große Hochhäuser erscheinen von dem Giganten aus wie kleine Häuslein. Die Suche nach dem Aufgang zu einer weiteren Plattform droht zu einer Odyssee ohne Happy-End zu werden, bis sich eine freundliche Putzfrau unserer annimmt.
Unter dem Tower gibts im schön gestalteten Museum für Stadtgeschichte einiges zu sehen. Wir halten allerdings im ersten Raum mangels ersichtlicher Beschreibungen die dort ausgestellten mittelalterlichen Arbeitsgeräte für Produkte der Fitnessgeräteindustrie aus dem Homeshopping-Kanal. Sodann suchen wir ein Restaurant aus unserem Reiseführer, das aber, wie sich herausstellt, mittlerweile in Schutt und Asche liegt, da es dem nächsten Großprojekt weichen muss.
Stattdessen landen wir in der "Super Brand Shopping Mall", einem Konsumtempel von Petersdomartiger Gigantomanie, der auch eine ganze Etage mit Gastronomieeinrichtungen enthält. Als Konsequenz unseres mutigen Ansinnens, einmal "richtig" chinesisch essen zu gehen (das Buffet am Vortag mal nicht mitgerechnet) verschlägt es uns in jenes wohl "gute" Restaurant, das meinen Magennerven das Waterloo ihrer bisherigen Existenz zufügt. Wir bestellen in völliger Ahnungslosigkeit aufgrund der Fotografien auf der (rein chinesischen) Speisekarte. J. weigert sich von vornherein, das von ihr Georderte in größerem Umfang zu verdrücken und vor meinen Bestellungen graut ihr noch mehr. Also bleibt der Verzehr der Köstlichkeiten an mir hängen. Es ist ein harter Kampf und mithilfe von gut 3/4-Liter Tsingtao-Bier und der Anfeuerungsrufe von J. ("Mir wird schon schlecht, wenn ich mir das anschaue!", "Da schauen noch die Haxn ´raus, aus dem Huhn!") gelingt es mir, einen beträchtlichen Teil der aufgetürmten Nahrungsmittelarmee zu vernichten. Nachher schwöre ich einen heiligen Eid, fortan in Indien als Hungerasket zu leben.
Das Essen bestand aus:
1.) Tee, der laut J. wie das Wasser schmeckt, das bei uns aus der Dusche kommt,
2.) Reis, der allerdings ausgezeichnet ist (Reis ist in China immer ausgezeichnet),
3.) etwas akzeptablem Vegetarischem mit unbekanntem Namen (Speisen 2. und 3. wurden von J. verzehrt!),
4.) in Sojasauce ertränktem Rindfleisch,
5.) Fleischbällchen unbekannter Herkunft mit fettsoßigen Ananasstückchen,
6.) furchtbaren "Chicken" (so bezeichnete es zumindest der Kellner),
7.) Ekel erregenden, grauenvollen grauen Bällchen (Spitzname "Panda-Bällchen") + geleeartigem Zeug mit süsslichem Geschmack (Spitzname: "Ratten-Embryos").
Ich habe schließlich vor den letzten grauen Bällchen und einem Großteil des so genannten "chicken" kapituliert. J. hat mir zugeschaut und Tränen gelacht, zeitweise unterbrochen von dem dringenden Bedürfnis, rasch den Tisch zu verlassen.
Doch damit nicht genug. Am Heimweg packt J. das Gelüst, noch ein ganz bestimmtes Gericht mit einem mir nicht mehr geläufigen chinesischen Namen zu verspeisen (Gott weiss warum, eben war ihr noch übel - andererseits hat sie an dem Tag ja praktisch noch nichts gegessen). Nach langwieriger Verhandlung mit einer Kellnerin vor einem Lokal in der Nähe unserer Wohnung stellt sich heraus, dass es dort angeblich so etwas ähnlich Lautendes gibt (komischerweise mit dem Zusatz "japanisches"..). J. bestellt es, ich ordere eine Kiwisaft. Ich weiss aber noch nicht, dass ich eine Kiwisaft bestellt habe, da ich zu dem Zeitpunkt die englische Bezeichnung dafür nicht kenne und auf gut Glück gewählt habe. Was der Kellner dann bringt, ist nicht das, was J. erwartet hat, es handelt sich um Törtchen, diese sind aber okay. In der Folge stellt der Kellner plötzlich eine heiße Misosuppe auf den Tisch, darin schwimmen Teigtäschchen. J. behauptet steif und fest, es handele sich hier um meinen Drink. Für mich sieht es verdammt nach Suppe aus, da ich aber keine Ahnung habe, dass man mir eigentlich einen Kiwisaft bringen sollte, füge ich mich. In Wahrheit ist es natürlich J´s Hauptspeise, die Törtchen wären die Vorspeise gewesen. Da der Misosuppengeschmack nach all dem bereits Hinuntergewürgtem meinem Magen nicht ganz wohl erscheint, schmeisse ich im Affekt ein Päckchen Zucker hinein. Dies lässt den Brechreiz beim Genuss allerdings tatsächlich abklingen.
Dann kommt der Kiwisaft.
Man kann die Ereignisse dieses tages in meinem Magen vielleicht am besten in einem Witz fassen:
"Trifft der Ratten-Embryo die gezuckerte Misosuppe: ´Was machst du denn hier?´ Antwortet die gezuckerte Misosuppe: ´Ich weiss es nicht, frag doch den Kiwisaft, der da grad kommt..´"
Ach ja, im tollen Shanghaier Aquarium waren wir auch. Das war zwischen dem Stadtmuseum und dem lukullischen Festmahl. Dort haben wir die - Achtung Kalauer!- Shanghaie bewundert, die über unseren Köpfen schwammen und ich habe eine Fischspezies entdeckt, die das Gesicht von Marlon Brando trägt. Cool!
Am Abend haben wir uns dann die "Rocky Horror Picture - Show" auf DVD angeschaut. Die hat mich nach den Begegnungen mit der chinesischen Küche dieses Tages nicht mehr schrecken können.
Der Oriental Pearl Tower.
2.8.2005
Wieder eher spätes Aufstehen (kurz nach 10). Dann ab zum Oriental Pearl Tower und hinauf das Ding. Es bietet sich ein prächtiger Ausblick auf das wuchernde Stadtmonster. Große Hochhäuser erscheinen von dem Giganten aus wie kleine Häuslein. Die Suche nach dem Aufgang zu einer weiteren Plattform droht zu einer Odyssee ohne Happy-End zu werden, bis sich eine freundliche Putzfrau unserer annimmt.
Unter dem Tower gibts im schön gestalteten Museum für Stadtgeschichte einiges zu sehen. Wir halten allerdings im ersten Raum mangels ersichtlicher Beschreibungen die dort ausgestellten mittelalterlichen Arbeitsgeräte für Produkte der Fitnessgeräteindustrie aus dem Homeshopping-Kanal. Sodann suchen wir ein Restaurant aus unserem Reiseführer, das aber, wie sich herausstellt, mittlerweile in Schutt und Asche liegt, da es dem nächsten Großprojekt weichen muss.
Stattdessen landen wir in der "Super Brand Shopping Mall", einem Konsumtempel von Petersdomartiger Gigantomanie, der auch eine ganze Etage mit Gastronomieeinrichtungen enthält. Als Konsequenz unseres mutigen Ansinnens, einmal "richtig" chinesisch essen zu gehen (das Buffet am Vortag mal nicht mitgerechnet) verschlägt es uns in jenes wohl "gute" Restaurant, das meinen Magennerven das Waterloo ihrer bisherigen Existenz zufügt. Wir bestellen in völliger Ahnungslosigkeit aufgrund der Fotografien auf der (rein chinesischen) Speisekarte. J. weigert sich von vornherein, das von ihr Georderte in größerem Umfang zu verdrücken und vor meinen Bestellungen graut ihr noch mehr. Also bleibt der Verzehr der Köstlichkeiten an mir hängen. Es ist ein harter Kampf und mithilfe von gut 3/4-Liter Tsingtao-Bier und der Anfeuerungsrufe von J. ("Mir wird schon schlecht, wenn ich mir das anschaue!", "Da schauen noch die Haxn ´raus, aus dem Huhn!") gelingt es mir, einen beträchtlichen Teil der aufgetürmten Nahrungsmittelarmee zu vernichten. Nachher schwöre ich einen heiligen Eid, fortan in Indien als Hungerasket zu leben.
Das Essen bestand aus:
1.) Tee, der laut J. wie das Wasser schmeckt, das bei uns aus der Dusche kommt,
2.) Reis, der allerdings ausgezeichnet ist (Reis ist in China immer ausgezeichnet),
3.) etwas akzeptablem Vegetarischem mit unbekanntem Namen (Speisen 2. und 3. wurden von J. verzehrt!),
4.) in Sojasauce ertränktem Rindfleisch,
5.) Fleischbällchen unbekannter Herkunft mit fettsoßigen Ananasstückchen,
6.) furchtbaren "Chicken" (so bezeichnete es zumindest der Kellner),
7.) Ekel erregenden, grauenvollen grauen Bällchen (Spitzname "Panda-Bällchen") + geleeartigem Zeug mit süsslichem Geschmack (Spitzname: "Ratten-Embryos").
Ich habe schließlich vor den letzten grauen Bällchen und einem Großteil des so genannten "chicken" kapituliert. J. hat mir zugeschaut und Tränen gelacht, zeitweise unterbrochen von dem dringenden Bedürfnis, rasch den Tisch zu verlassen.
Doch damit nicht genug. Am Heimweg packt J. das Gelüst, noch ein ganz bestimmtes Gericht mit einem mir nicht mehr geläufigen chinesischen Namen zu verspeisen (Gott weiss warum, eben war ihr noch übel - andererseits hat sie an dem Tag ja praktisch noch nichts gegessen). Nach langwieriger Verhandlung mit einer Kellnerin vor einem Lokal in der Nähe unserer Wohnung stellt sich heraus, dass es dort angeblich so etwas ähnlich Lautendes gibt (komischerweise mit dem Zusatz "japanisches"..). J. bestellt es, ich ordere eine Kiwisaft. Ich weiss aber noch nicht, dass ich eine Kiwisaft bestellt habe, da ich zu dem Zeitpunkt die englische Bezeichnung dafür nicht kenne und auf gut Glück gewählt habe. Was der Kellner dann bringt, ist nicht das, was J. erwartet hat, es handelt sich um Törtchen, diese sind aber okay. In der Folge stellt der Kellner plötzlich eine heiße Misosuppe auf den Tisch, darin schwimmen Teigtäschchen. J. behauptet steif und fest, es handele sich hier um meinen Drink. Für mich sieht es verdammt nach Suppe aus, da ich aber keine Ahnung habe, dass man mir eigentlich einen Kiwisaft bringen sollte, füge ich mich. In Wahrheit ist es natürlich J´s Hauptspeise, die Törtchen wären die Vorspeise gewesen. Da der Misosuppengeschmack nach all dem bereits Hinuntergewürgtem meinem Magen nicht ganz wohl erscheint, schmeisse ich im Affekt ein Päckchen Zucker hinein. Dies lässt den Brechreiz beim Genuss allerdings tatsächlich abklingen.
Dann kommt der Kiwisaft.
Man kann die Ereignisse dieses tages in meinem Magen vielleicht am besten in einem Witz fassen:
"Trifft der Ratten-Embryo die gezuckerte Misosuppe: ´Was machst du denn hier?´ Antwortet die gezuckerte Misosuppe: ´Ich weiss es nicht, frag doch den Kiwisaft, der da grad kommt..´"
Ach ja, im tollen Shanghaier Aquarium waren wir auch. Das war zwischen dem Stadtmuseum und dem lukullischen Festmahl. Dort haben wir die - Achtung Kalauer!- Shanghaie bewundert, die über unseren Köpfen schwammen und ich habe eine Fischspezies entdeckt, die das Gesicht von Marlon Brando trägt. Cool!
Am Abend haben wir uns dann die "Rocky Horror Picture - Show" auf DVD angeschaut. Die hat mich nach den Begegnungen mit der chinesischen Küche dieses Tages nicht mehr schrecken können.
Der Oriental Pearl Tower.
Montag, 12. November 2007
Sonntag, 11. November 2007
Krankenstandsvorteile
Showdown am Strand von Middelkerke (Flandern, Belgien) - Lucky Luke vs. Joe Dalton
Einer der Vorteile eines am alten Familiensitz verbrachten etwas längeren Krankenstandes ist die Möglichkeit, in den Keller der eigenen Kindheit hinabzusteigen und Altes, Verborgenes zu heben.
Nein, ich habe mich keiner psychotherapeutischen Selbstbehandlung unterzogen. Ich habe vielmehr damit begonnen, meine sehr umfangreiche Comicsammlung wieder in Augenschein zu nehmen. Das Ziel lautete dabei ursprünglich, die Abenteuer des guten, alten "Asterix" wieder zu entdecken, des gewitzten kleinen Galliers mit der machtvollen Feldflasche. Aber es kam anders.
Die Asterix-Hefte waren im Nachteil. Erstens waren sie, so musste ich nicht zum ersten Mal feststellen, gezeichnet - im wahrsten Sinne des Wortes - von den kreativen Ausbrüchen meiner Kindheit. Ich hatte mich damals mit großer Begeisterung über die Alben hergemacht und in diese mit Bleistift oder - schlimmer noch - mit Kugelschreiber so manches hineingekritzelt, vornehmlich Kraftlinien und -felder, mit denen ich das turbulente Geschehen rund um Gallier und Römer nachzuvollziehen trachtete. Dieses infantile Kunstschaffen hatte mir in späteren Zeiten schon desöfteren den Genuß dieser Werke verleidet und irritierte mich auch jetzt. Zweitens gingen sie in den einschlägigen Fächern des Kellers in einer Flut anderer Hefte geradezu unter, die solche Verunzierungen nicht aufwiesen: den Abenteuern des einsamen, zugleich edelmütigen Cowboys Lucky Luke, des Mannes, der schneller schießt als sein Schatten (und trotzdem immer ins Schwarze trifft)!
Mein Konsum der LL-Bände setzte zeitlich nach dem der Asterix-Hefte ein, was auch das Fehlen der genannten Zeichnungen erklärt. Der Begeisterung des sich im Familienverbund geborgen fühlenden kleinen Buben für den kleinen Gallier Asterix, der mithilfe seines Zaubertrankes und seiner Freunde aus dem gallischen Dorf vermeintlich größere und stärkere Gegner mühelos in ihre Schranken weist, war die Faszination für den das Land nachdenklich und (von der Begleitung seines getreuen Pferdes abgesehen) einsam durchstreifenden Individualisten Lucky Luke gewichen. Diese Figur entsprach mir nun mehr, dem eigensinnigen, grüblerischen und oft einsamen Heranwachsenden, der ich war. Natürlich gab es auch einen banaleren Grund für den Wandel: die Asterix-Bände waren schlicht "ausgegangen" und der nunmehr alleinverantwortliche Albert Uderzo brachte nichts Nennenswertes mehr zustande. Die LL-Hefe boten da hingegen ein scheinbar unerschöpfliches Reservoir, denn ihr Zeichner, der Vater des Lucky Luke, Morris, hatte bereits ein beträchtliches Oeuvre vorgelegt und machte zu jenem Zeitpunkt auch keine Anstalten, seine Geschäftigkeit einzustellen (sein Zeichenstift ruhte erst 2002, als er selbst in die Ewigen Jagdgründe abberufen wurde).
Die Abenteuer des Mr. Luke haben offenkundig nie jenen Status erreicht, wie andere berühmte Comicserien. Sie wurden, meines Wissens, nie Gegenstand ausgiebigere Betrachtungen durch das Feuilleton, filmische Umsetzungen blieben eher auf einem bescheidenen Niveau und eine allzu blühende Sekundärliteratur hat sich auch nicht aufgetan (wie dies etwa zu den Werken von Carl Barks der Fall war).
Ein Grund dafür mag in der Hauptfigur selbst liegen. Lucky Luke ist ein tadelloser Geselle, manch einer mag ihn als etwas zu glatt, zu sauber empfinden, seine relativ gesehen unangenehmsten Eigenschaften liegen in einer gewissen Einsilbigkeit, die manchmal ins leicht Unhöfliche kippt und in seiner völligen Ablehnung irgendwelcher Bindungen, die über die Dauer eines Abenteuers hinausreichen.In seinen Fähigkeiten ähnelt er den amerikanischen Superhelden, denn er verfügt über übernatürlich zu nennende Schuss-Künste, aber es ermangelt ihm die zweite Identiät, die ihn doch wieder zu vermenschlichen im Stande ist. Wie gesagt, manchen ist diese Heldenfigur zu sauber. Selbst das Rauchen hat er schließlich aufgegeben.
Mich hat das nicht gestört, Lucky Luke war mir eine willkommene Identifikationsfigur. Ich schätzte seine einwandfreien moralischen Eigenschaften, sein Eintreten für die Schwachen in den Weiten des Westens . Ich mochte auch die originellen Plots, die Morris gemeinsam mit seinen Szenaristen entwarf (die meisten mit René Goscinny, dem Vater von Asterix) , die satirische, aber gewissenhafte Beschreibung der Ära der amerikanischen Pioniere und Kolonisten. Ich schätzte insbesondere die running gags, wie etwa die herrlich schwarzhumorigen Ortsschilder (ja, ich gebe es zu, Ortsschilder haben mich schon immer fasziniert) à la "Fremder, hier suchten viele Gold und fanden nur Blei!" (Golden Glow, Band 25) oder "Letzte Gross-Stadt vor der Wüste - Fremder, wir sind nicht schnell, aber dafür sind es unsere Kugeln!" (Pocopoco Pueblo, Band 60) sowie die immer wieder auftretenden archetypischen Figuren: die Barkeeper, die Desperados, insbesondere natürlich die großartigen Daltons, die Saloontänzerinnen, die Richter, die oft überforderten Sheriffs und - natürlich - die stets geschäftstüchtigen und wohlhabenden Totengräber. Sie alle tragen dazu bei, dass man sich in dieser rauen Welt des Westens bald irgendwie zuhause fühlt.
Ich hoffe, dass ich einmal die Zeit finde, auf diesen Seiten einige Bände aufzulisten, die es verdient haben, als Klassiker der Comicliteratur angesehen zu werden. Bei einem derart großen Output wie jenem, welches Morris über Jahrzehnte (die "Lucky-Luke"-Saga begann bereits 1946) zu Wege gebracht hat, ist natürlich nicht jedes Heft ein Meisterwerk. Aber die Qualität war immer da, durch all die Jahrzehnte.
Derweil noch ein Fundstück aus dem Netz: Der Lucky Luke - Song "I´m a Poor, Lonesome Cowboy" - auf isländisch..gelungen!
Freitag, 9. November 2007
Ein Winzer im Reich der Mitte # 2
2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren zu jenem Zeitpunkt dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man jetzt auf diesem Blog nachlesen.
1.8.2005
Es ist 10 Uhr und noch keine Spur von J.
11.15 Uhr: Jetzt schon, nachdem ich an die Tür geklopft habe.
In der Folge begeben wir uns unter Umwegen (die Altstadt ist verwinkelt und beinhaltet viele Einkaufsgelegenheiten) zum Yuyuan-Garden. Dieser Garten ist eine etwas düstere, aber doch reizvolle Angelegenheit. Danach essen wir in einem Restaurant in der unmittelbaren Nähe des Garden zu Mittag und zu Abend. Wir haben keine Ahnung, was wir da essen. J. vermutet in meinem Grillspiess eine Kombination aus Ratten- und Hundefleisch. Ich kann es zumindest nicht widerlegen. Danach gehen wir noch zu Häagen-Dazs, könne aber wegen Überfüllung (unserer selbst) kein Eis mehr essen.
Diverse Einrichtungsgegenstände, alles Produkte Made in China for China, gehen unter unserer rücksichts- und zunächst ahnungslosen europäischen Einwirkung zu Grunde.
Im Garden.
Die Nanjing-Donglu (Nanking-Straße) am Abend.
1.8.2005
Es ist 10 Uhr und noch keine Spur von J.
11.15 Uhr: Jetzt schon, nachdem ich an die Tür geklopft habe.
In der Folge begeben wir uns unter Umwegen (die Altstadt ist verwinkelt und beinhaltet viele Einkaufsgelegenheiten) zum Yuyuan-Garden. Dieser Garten ist eine etwas düstere, aber doch reizvolle Angelegenheit. Danach essen wir in einem Restaurant in der unmittelbaren Nähe des Garden zu Mittag und zu Abend. Wir haben keine Ahnung, was wir da essen. J. vermutet in meinem Grillspiess eine Kombination aus Ratten- und Hundefleisch. Ich kann es zumindest nicht widerlegen. Danach gehen wir noch zu Häagen-Dazs, könne aber wegen Überfüllung (unserer selbst) kein Eis mehr essen.
Diverse Einrichtungsgegenstände, alles Produkte Made in China for China, gehen unter unserer rücksichts- und zunächst ahnungslosen europäischen Einwirkung zu Grunde.
Im Garden.
Die Nanjing-Donglu (Nanking-Straße) am Abend.
Mittwoch, 7. November 2007
Amerikaner und andere
Deswegen denken die also immer, dass wir aus Australien kommen. Sie halten Österreich für Australien und wissen gar nicht, dass Australien existiert..
Man muss aber jetzt fairerweise festhalten, dass man sowas überall auf der Welt machen kann, das beweist ja auch jeden Morgen ein von mir an sich nicht gehörter Radiosender (mein letzter Richter hat mir das immer vorgespielt..).
Man muss aber jetzt fairerweise festhalten, dass man sowas überall auf der Welt machen kann, das beweist ja auch jeden Morgen ein von mir an sich nicht gehörter Radiosender (mein letzter Richter hat mir das immer vorgespielt..).
Dienstag, 6. November 2007
Die Aktuelle Platte # 2
Feine E aus DK
People Press Play - dto. (Morr Music, 2007)
Da sitzen sie nun also auf dem Albumcover des selbstbetitelten Erstlings ihrer Neugründung People Press Play: Anders Remmer, Jesper Skaaning, Sara Savery und Thomas Knak. Zwischen ihnen: ein - scheinbar - langer schwarzer Tisch. Um sie herum: ein durch und durch weißer Raum. Sie wirken im Großen und Ganzen gelassen, entspannt, mit etwas Phantasie ist aber vielleicht ein leichter Anflug von Unruhe zu erkennen. Alles in allem aber kein Bild, das übermäßig aufwühlen würde. Assoziationen, die einem kommen können: Unaufgeregheit, Stylishness, Modernität, Sachlichkeit, Kühle. Vielleicht ein Arbeitstreffen kreativer Menschen?
"Worin wir hier wirklich gut sind, dass ist Langeweile", sagte der Kopenhagener Anders Remmer dieses Jahr einmal in einer einschlägigen Postille (De:Bug 114070807). Und weiters: Ja, die Musik, die er mache, höre sich vielleicht nach überhitztem Wohnzimmer und Wohlfahrtsstaat an, na und? So lebe man halt in Dänemark. Schließlich wird er noch mit dem Satz zitiert: "Und im Übrigen: Langeweile muss man können."
Ob nun das, was sich einem erschließt, wenn man den Albumdeckel mit den vier sitzenden Dänen hochklappt, wirklich als langweilig zu bezeichnen ist, sei jetzt einmal dahingestellt. Das hängt wahrscheinlich davon ab, was man unter Langeweile versteht und mit welcher Erwartungshaltung man an die Musik herantritt. Tatsache ist, dass es gekonnt ist. People Press Play entfalten ein zutiefst stimmiges und stimmendes elektronisches Sounduniversum, das sich einem bei jedem bewußten Hören mehr öffnet. Hinter dem scheinbar gleichförmigen Dahinziehen des Elektronikflusses und dem zeitweise einsetzenden, leicht sphärischen Gesang von Sara Savery verbergen sich erforschungswürdige Weiten, das offenbart schon das erste Reinhören. Allerdings: auf dem Weg dorthin lauern jene Momente, in denen man sich ertappt, wie man zu sich selbst sagt: "Laaangweilig". Da muss man durch. Aber es geht ja hier, frei nach Anders Remmer, um schöne, meisterhaft inszenierte Langeweile, die man in seinem Sinne als etwas recht Dänisches ansehen kann.
Im Ergebnis gibt es zwei Wege, "People Press Play" zu hören. Der eine ist die intensive Auseinandersetzung mit den beschriebenen Höhen und Tiefen. Der andere ist es, die Musik dieses Albums wie besagten schwarzen Tisch als stylishes Möbelstück in den Raum zu stellen, als Hintergund-Ambiente für andere Tätigkeiten. Beide Wege, so weit auseinander sie auch scheinen, lohnen.
Anspieltipps: "These Days", "Hanging On", "Studio"
Bewertung: 7 von 10 elektronischen Schwingungen.
Zum Gratis-Download von "Hanging On".
Zur MySpace-Seite der Band mit weiterer Musik zum Anhören (unter anderem das starke "These Days"!).
People Press Play - dto. (Morr Music, 2007)
Da sitzen sie nun also auf dem Albumcover des selbstbetitelten Erstlings ihrer Neugründung People Press Play: Anders Remmer, Jesper Skaaning, Sara Savery und Thomas Knak. Zwischen ihnen: ein - scheinbar - langer schwarzer Tisch. Um sie herum: ein durch und durch weißer Raum. Sie wirken im Großen und Ganzen gelassen, entspannt, mit etwas Phantasie ist aber vielleicht ein leichter Anflug von Unruhe zu erkennen. Alles in allem aber kein Bild, das übermäßig aufwühlen würde. Assoziationen, die einem kommen können: Unaufgeregheit, Stylishness, Modernität, Sachlichkeit, Kühle. Vielleicht ein Arbeitstreffen kreativer Menschen?
"Worin wir hier wirklich gut sind, dass ist Langeweile", sagte der Kopenhagener Anders Remmer dieses Jahr einmal in einer einschlägigen Postille (De:Bug 114070807). Und weiters: Ja, die Musik, die er mache, höre sich vielleicht nach überhitztem Wohnzimmer und Wohlfahrtsstaat an, na und? So lebe man halt in Dänemark. Schließlich wird er noch mit dem Satz zitiert: "Und im Übrigen: Langeweile muss man können."
Ob nun das, was sich einem erschließt, wenn man den Albumdeckel mit den vier sitzenden Dänen hochklappt, wirklich als langweilig zu bezeichnen ist, sei jetzt einmal dahingestellt. Das hängt wahrscheinlich davon ab, was man unter Langeweile versteht und mit welcher Erwartungshaltung man an die Musik herantritt. Tatsache ist, dass es gekonnt ist. People Press Play entfalten ein zutiefst stimmiges und stimmendes elektronisches Sounduniversum, das sich einem bei jedem bewußten Hören mehr öffnet. Hinter dem scheinbar gleichförmigen Dahinziehen des Elektronikflusses und dem zeitweise einsetzenden, leicht sphärischen Gesang von Sara Savery verbergen sich erforschungswürdige Weiten, das offenbart schon das erste Reinhören. Allerdings: auf dem Weg dorthin lauern jene Momente, in denen man sich ertappt, wie man zu sich selbst sagt: "Laaangweilig". Da muss man durch. Aber es geht ja hier, frei nach Anders Remmer, um schöne, meisterhaft inszenierte Langeweile, die man in seinem Sinne als etwas recht Dänisches ansehen kann.
Im Ergebnis gibt es zwei Wege, "People Press Play" zu hören. Der eine ist die intensive Auseinandersetzung mit den beschriebenen Höhen und Tiefen. Der andere ist es, die Musik dieses Albums wie besagten schwarzen Tisch als stylishes Möbelstück in den Raum zu stellen, als Hintergund-Ambiente für andere Tätigkeiten. Beide Wege, so weit auseinander sie auch scheinen, lohnen.
Anspieltipps: "These Days", "Hanging On", "Studio"
Bewertung: 7 von 10 elektronischen Schwingungen.
Zum Gratis-Download von "Hanging On".
Zur MySpace-Seite der Band mit weiterer Musik zum Anhören (unter anderem das starke "These Days"!).
Samstag, 3. November 2007
Schickt die Schweden nach Hause!
Freund Alfr..äh..Albert W., der genialste Mehrfachmagister der gesamten Werbebranche, hat für eine große Möbelhauskette Regie geführt.
Das Ergebnis solltest du dir anschauen. Du wirst es nicht bereuen.
Das Ergebnis solltest du dir anschauen. Du wirst es nicht bereuen.
Freitag, 2. November 2007
Ein Winzer im Reich der Mitte # 1
2005 fuhr ich nach Shanghai. Der Grund war Neugierde und die ideale Gelegenheit, die sich darbot, als J. ihren zu jenem Zeitpunkt dort arbeitenden Bruder M. besuchen wollte und ich der auserwählte Reisepartner war. Das Tagebuch dieser Reise kann man ab jetzt auf diesem Blog nachlesen.
30.7./31.7.2005
Ein gaaaanz langer Tag. Abflug am 31.7. um ca. 14.30 von Wien Schwechat. Zuvor gibts Ärger, da die Flugtickets von einer vorgeblich hilfsbereiten Austrian-Airlines-Blondine vorübergehend entwendet werden. Ein von den Austrian-Airlines gut dressierter, freundlicher Gorilla macht sie aber per Telefon wieder ausfindig (J. fragt sinngemäß, ob die Chinesen den auch essen würden). Da befinden wir uns bereits in die Flughafenwartehalle und J. hat sich derweil durch eine Überdosis Dr. Bach-Notfalltropfen in einen anderen Bewusstseinszustand befördert. Der Flug selbst ist dann eher anstrengend, da ein ausgesprochenes Ölsardinen-Feeling herrscht. Wir sind von einer exzessiv Computer spielenden chinesischen Pensionistin und insbesondere zwei unglaublich entzückenden chinesischen Kleinkindern umgeben, die meine Rückenlehne zeitweise als Trimmdich-Parcours benützen und in unersättlichem Forscherdrang blondierte Haare von J. ausreißen. J. erwähnt mehrmals, dass sie das Mädchen (mit einem unglaublich entzückenden chinesischen Zopf) „adoptieren“ will. Wir warten auf einen unbeobachteten Moment, aber der Vater passt auf. An Schlaf ist unter diesen Umständen nicht wirklich zu denken. Irgendwo über der Mongolei trinken wir stattdessen Ottakringer-Bier. Mein Nachbar, ebenfalls ein Chinese, zeigt sich von den Abbildungen in meinem Buch über chinesische Geschichte dermaßen begeistert, dass er beim Durchblättern fast die Seiten herausreißt. Er ist aus Shanghai, wo auch seine gesamte Familie inklusive seiner Ehefrau lebt, arbeitet aber fast das ganze Jahr über in einem China-Restaurant in Italien. Abgesehen von dem Anschlag auf mein Buch ist er sehr freundlich, sagt unter anderem „Aódili beautiful country!“. Daraufhin ich: „China too!“ Na bitte! Über Nordostchina gibt es Turbulenzen. Eine Stewardess stürmt das WC und teilt dem dort befindlichen Herren mit, er möge sich gefälligst hinsetzen. Wir landen um 7.10 Uhr Chinesischer Zeit in Shanghai. Ich bin einer Austro-Chinesin, die weder Englisch noch Chinesisch kann, beim Ausfüllen der Entry-Card behilflich. Ich erhalte einen schweren Tadel von J., weil ich meinen Reisekoffer nicht auf Anhieb wieder erkenne. Wir werden von M. abgeholt. Mein erster Eindruck von Shanghai ist das Gefühl, in einer Großaum-Sauna gelandet zu sein. Wir fahren mit dem Taxi nach Pudong in die Baiyang Lu, wo sich die Wohnung von M. befindet. In der Folge erkunden wir- dem Jetlag trotzend – erstmals die City, und zwar per U-Bahn (derzeit gibt es zwei Linien, Tendenz sehr stark steigend) und pedes. Ich hebe unter der strengen Anleitung eines chinesischen Polizisten in einer Bank Geld ab. Allerdings erweist sich das Geldabheben an diesem Tag als ziemlich sinnlose Aktion, da wir von M. mit einem so genannten „Shanghai Stipendium“ bedacht werden (Einladung zu Essen, U-Bahn-Ticket, alles Mögliche). Wir sehen die Nanjing Donglu, den Bund, gehen in ein Café. Als wir heimkehren, gibt es eine kurze Rast. Ich schlafe kurz auf einem Sofa, aber J. weckt mich, weil ich dies nicht geräuschlos tue.
Danach geht es wieder in die Stadt. Wir erleben den trubeligen Wahnsinn des „Fake-Market“, erwehren uns der unzähligen „divideesidee“- und „Lady, want handbag?“ – Leute. M. ersteht drei „Burlington“-Hemden um 150 RMB und zeigt uns dabei, wie lustig es mit den Händlern zugeht. Hernach essen wir im Café Montmartre, einem französischen Café in der French Connection inklusive mürrischem französischem Kellner. Wir treffen uns dort mit einem Kollegen von M., der am „Fake-Market“ Uhren für eine halbe Fußballmannschaft erstanden hat.
Auf dem Heimweg mit dem Taxi gibt es gigantische Brücken zu sehen. Zuhause stoßen wir noch mit Champagner und Nussschnaps auf M.´s neuen Job an. J. verabschiedet sich um ca. 10 Uhr. Bei der „dividee“ von „Catch Me, If You Can“ nimmt auch mich der Schlaf. Ich schleppe mich aufs Sofa und schlafe bis ca. 6, halb 7, nur kurz unterbrochen von J., die sich um ca. 1 Uhr über die Hitze in ihrem Zimmer beklagt und Betten tauschen möchte, aber da bin ich zu keiner Bewegung mehr fähig.
In derlei Türmen wohnen die Shanghainesen und ein solcher beherbergte auch uns.
30.7./31.7.2005
Ein gaaaanz langer Tag. Abflug am 31.7. um ca. 14.30 von Wien Schwechat. Zuvor gibts Ärger, da die Flugtickets von einer vorgeblich hilfsbereiten Austrian-Airlines-Blondine vorübergehend entwendet werden. Ein von den Austrian-Airlines gut dressierter, freundlicher Gorilla macht sie aber per Telefon wieder ausfindig (J. fragt sinngemäß, ob die Chinesen den auch essen würden). Da befinden wir uns bereits in die Flughafenwartehalle und J. hat sich derweil durch eine Überdosis Dr. Bach-Notfalltropfen in einen anderen Bewusstseinszustand befördert. Der Flug selbst ist dann eher anstrengend, da ein ausgesprochenes Ölsardinen-Feeling herrscht. Wir sind von einer exzessiv Computer spielenden chinesischen Pensionistin und insbesondere zwei unglaublich entzückenden chinesischen Kleinkindern umgeben, die meine Rückenlehne zeitweise als Trimmdich-Parcours benützen und in unersättlichem Forscherdrang blondierte Haare von J. ausreißen. J. erwähnt mehrmals, dass sie das Mädchen (mit einem unglaublich entzückenden chinesischen Zopf) „adoptieren“ will. Wir warten auf einen unbeobachteten Moment, aber der Vater passt auf. An Schlaf ist unter diesen Umständen nicht wirklich zu denken. Irgendwo über der Mongolei trinken wir stattdessen Ottakringer-Bier. Mein Nachbar, ebenfalls ein Chinese, zeigt sich von den Abbildungen in meinem Buch über chinesische Geschichte dermaßen begeistert, dass er beim Durchblättern fast die Seiten herausreißt. Er ist aus Shanghai, wo auch seine gesamte Familie inklusive seiner Ehefrau lebt, arbeitet aber fast das ganze Jahr über in einem China-Restaurant in Italien. Abgesehen von dem Anschlag auf mein Buch ist er sehr freundlich, sagt unter anderem „Aódili beautiful country!“. Daraufhin ich: „China too!“ Na bitte! Über Nordostchina gibt es Turbulenzen. Eine Stewardess stürmt das WC und teilt dem dort befindlichen Herren mit, er möge sich gefälligst hinsetzen. Wir landen um 7.10 Uhr Chinesischer Zeit in Shanghai. Ich bin einer Austro-Chinesin, die weder Englisch noch Chinesisch kann, beim Ausfüllen der Entry-Card behilflich. Ich erhalte einen schweren Tadel von J., weil ich meinen Reisekoffer nicht auf Anhieb wieder erkenne. Wir werden von M. abgeholt. Mein erster Eindruck von Shanghai ist das Gefühl, in einer Großaum-Sauna gelandet zu sein. Wir fahren mit dem Taxi nach Pudong in die Baiyang Lu, wo sich die Wohnung von M. befindet. In der Folge erkunden wir- dem Jetlag trotzend – erstmals die City, und zwar per U-Bahn (derzeit gibt es zwei Linien, Tendenz sehr stark steigend) und pedes. Ich hebe unter der strengen Anleitung eines chinesischen Polizisten in einer Bank Geld ab. Allerdings erweist sich das Geldabheben an diesem Tag als ziemlich sinnlose Aktion, da wir von M. mit einem so genannten „Shanghai Stipendium“ bedacht werden (Einladung zu Essen, U-Bahn-Ticket, alles Mögliche). Wir sehen die Nanjing Donglu, den Bund, gehen in ein Café. Als wir heimkehren, gibt es eine kurze Rast. Ich schlafe kurz auf einem Sofa, aber J. weckt mich, weil ich dies nicht geräuschlos tue.
Danach geht es wieder in die Stadt. Wir erleben den trubeligen Wahnsinn des „Fake-Market“, erwehren uns der unzähligen „divideesidee“- und „Lady, want handbag?“ – Leute. M. ersteht drei „Burlington“-Hemden um 150 RMB und zeigt uns dabei, wie lustig es mit den Händlern zugeht. Hernach essen wir im Café Montmartre, einem französischen Café in der French Connection inklusive mürrischem französischem Kellner. Wir treffen uns dort mit einem Kollegen von M., der am „Fake-Market“ Uhren für eine halbe Fußballmannschaft erstanden hat.
Auf dem Heimweg mit dem Taxi gibt es gigantische Brücken zu sehen. Zuhause stoßen wir noch mit Champagner und Nussschnaps auf M.´s neuen Job an. J. verabschiedet sich um ca. 10 Uhr. Bei der „dividee“ von „Catch Me, If You Can“ nimmt auch mich der Schlaf. Ich schleppe mich aufs Sofa und schlafe bis ca. 6, halb 7, nur kurz unterbrochen von J., die sich um ca. 1 Uhr über die Hitze in ihrem Zimmer beklagt und Betten tauschen möchte, aber da bin ich zu keiner Bewegung mehr fähig.
In derlei Türmen wohnen die Shanghainesen und ein solcher beherbergte auch uns.
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