Sonntag, 31. Juli 2011

Samstag, 30. Juli 2011

Ohren(ge)fälliges: Monatsmeister des Monats Juni 2011

The Hundred in the Hands - Dressed in Dresden
Brooklyn, New York
Gewonnene Ränge: +3

Falls irgend jemand das schwarze USB-Kabel zu meinem MP3-Player gefunden hat, darf sie/er sich ruhig melden. Das suche ich jetzt schon seit einiger Zeit. Das ist auch der Grund, warum bei mir der Konsum aus dem Netz geladener MP3s ziemlich zum Erlahmen gekommen ist und meine sich schon im Regelbetrieb nur sehr langsam wandelnde Top 25-Liste (etwas weiter unten rechts) momentan ganz inne hält.

Vielleicht ist dieser mangelnde Bezug auch der Grund, warum ich fast auf den Monatsmeister des Juni vergessen hätte.

An "Dressed in Dresden" gefällt mir die gelungene Verbindung des stampfenden, elektronisch verbrämten Rhythmus mit der zumeist klaren, ruhigen Singstimme, die beim ersten, oberflächlichen Hören fast lieblich-folkig erscheinen kann. Unter der nachgerade tanzbaren, disko-esquen Oberfläche liegt aber eine düstere Welt, ein sinistrer Liebessong, der mit Reminiszenzen an ganz finstere historische Momente arbeitet.

Der Song wurde im Dezember 2008 erstmalig im Internet veröffentlicht. Als "Dressed in Dresden" von Jason Friedman und Eleanor Everdell, die ein Faible für Post Punk und Disco sowie andere Musikrichtungen der 70er/80er Jahre teilen, getextet und komponiert wurde, waren die beiden noch in der New Yorker Szeneband The Boggs engagiert. Durch diesen Track entstand etwas Neues, The Hundreds in the Hands. Es dauerte nicht sehr lange, da wurde das angesehene Indie-Electronic-Label WARP Records aus Sheffield auf die New Yorker aufmerksam. Im September 201o erschien dann das Debütalbum des Duos, mit "Dressed in Dresden" als Singleauskoppelung.

Auch das Video zu diesem Stück bringt die oben angesprochene Ambivalenz gut zum Ausdruck.




The Hundreds in The Hands - Dressed in Dresden (freier Download auf der Webseite von WARP Records)

Donnerstag, 28. Juli 2011

Sherlock

Ich mag mich ja in meinem Lebensjahr noch nicht als alter Grantler oder Kulturpessimist geben. Ich respektiere es grundsätzlich auch, dass das Fernsehprogramm nicht für mich persönlich gemacht ist, sondern viele verschiedene Menschen zufrieden stellen muss. Aber, ich muss schon sagen, ich fühle mich durch das gegenwärtige Angebot eigentlich nur mehr genervt. Dieser Zustand hat weniger mit dessen objektiver Qualität in seiner Gesamtheit zu tun, sondern einfach auch mit dem Umstand, dass nach vier Jahren Konsum (2006 lebte ich de facto ohne TV-Gerät und war eigentlich sehr zufrieden) eine enorme Übersättigung eingetreten ist. Die wenigen brauchbaren Nachmittags- oder Abendserien, die man zu sehen bekommt, laufen nun schon in jahrelanger Endlosschleife. Selbst die spaßigste "Scrubs"- oder "Malcolm"-Episode aus der besten Staffel wirkt dann schon sehr angestaubt.

Man könnte dem jetzt entgegnen, ich sei selber schuld, weil einen schließlich niemand zwingt, die glimmende Kiste einzuschalten, anstatt zB die Metamorphosen des Ovid, die Sonette von Shakespeare oder die Romane von Tolstoi zu lesen. Das ist richtig. Auch könnte man einwenden, dass drüben in Amerika und auch jenseits des Ärmelkanals hochklassige Fernsehserien produziert werden, die zwar im heimischen Fernsehprogramm nicht oder nur zu Unzeiten laufen, die man sich aber sehr wohl anschaffen und über den DVD-Player oder den Rechner zu Gemüte führen kann. Auch das ist korrekt. Schließlich kann man mit voller Berechtigung darauf verweisen, dass es Sender wie 3Sat oder ARTE gibt, die mit Kultur, Arthouse-Filmen und Dokumentationen nicht geizen.

Aber so einfach ist das nicht, wenn man arbeitsabends müde heimkommt. Da will ich vielleicht einfach schnell gut unterhalten werden, ohne dass deswegen das Niveau gleich ins Bodenlose fallen muss.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich über den ersten Teil von "Sherlock" gefreut. In dieser BBC-Miniserie wird der gute, alte Meisterdetektiv Sherlock Holmes samt dem ihn umgebenden Personal in die Gegenwart versetzt. Benedict Cumberbatch porträtiert ihn als junge, coole, einigermaßen unheimliche Intelligenzbestie mit durchaus soziopathischen Zügen - eine Idealbesetzung. Martin Freeman gibt einen lakonisch anmutenden Dr. Watson, der hier ein eben aus Afghanistan heim gekehrter Militärarzt ist. "Sherlock" gelingt es, die vertraute Atmosphäre der Welt der Doyle-Romane in die Gegenwart zu transformieren, ohne dass es irgendwie unpassend oder anachronistisch erscheint. Sherlock Holmes darf hier ganz abgehobener Intellektueller sein, der mit wissenschaftlichem Blick analysiert und messerscharfe Schlüsse zieht. Natürlich ist auch das Dramatische, das Turbulente und das Komische dabei, aber dieser Holmes ist keine hüpfende Comicfigur wie das Pendant in der jüngsten Hollywood-Produktion. In Punkto Neuinterpretation des legendären Meisterdetektivs schlägt Cumberbatch Downey Jr. um Längen. Und auch der trockene britische Witz steht diesem Holmes besser zu Gesicht.

Die BBC beweist hiermit wieder einmal, wie es geht, Unterhaltung und Anspruch zu vereinen. Zweiter Teil am Sonntag 21.45, ARD.



Dienstag, 26. Juli 2011

Kunstdünger

Damit war zu rechnen. Die Trauerfeierlichkeiten in Oslo sind noch gar nicht beendet, da wachelt die Innenministerin schon wieder mit ihrem neuesten Gesetzesentwurf zur Terrorismusprävention.
Inmitten der Emotionalität der Ereignisse kann da auch der Koalitionspartner nicht umhin und muss pflichtschuldigst beipflichten, dass Maßnahmen erforderlich seien.

Man darf gespannt und sein, was da jetzt im Detail im Schatten der norwegischen Tragödie auf uns zurollt.

Eine wichtige Forderung möchte ich der Frau Minister aber ans Herz legen: Ich bin dafür, dass jeder, der irgendwo Kunstdünger kauft, ab sofort rund um die Uhr und permanent überwacht wird! Und, wehe, wenn da nur ein Bauernbündlern widerspricht - dann haben wir ihn schon, den ersten Verdächtigen.

Montag, 25. Juli 2011

Menschen retten

Die medialen Mechanismen haben es an sich, dass das, was unmittelbar schockierend, spektakulär und bildmächtig wirkt, sowie das, was uns nahe erscheint, in unserem Wahrnehmungskreis wesentlich stärker präsent ist als Ereignisse, die sich in weiterer Entfernung stetig entwickeln.

Aber bei aller Berechtigung, jetzt Solidaritäts- und Kondolenzerklärungen für Norwegen abzugeben, sollten wir doch nicht vergessen, dass im Osten Afrikas jetzt gerade Hunderttausende von der Dürre Betroffene zu verhungern drohen. Weit mehr als zehntausend Menschen sind laut UNO-Angaben bereits gestorben.

Die Hilfsorganisationen dort machen einen unglaublich schweren Job, weil die politischen Verhältnisse am Horn von Afrika bekanntlich ziemlich instabil sind und Teile Somalias von islamistischen Milizen beherrscht werden, die die Menschen lieber elendiglich zugrunde gehen lassen als Hilfe von außen zu akzeptieren.

Zumindest am Geld darf der Job aber keinesfalls scheitern. Das haben wir mit in der Hand.

Sonntag, 24. Juli 2011

Mitte der Gesellschaft

Der Mann, den sie verhaftet haben, sieht so aus, wie man sich diese Typen vorstellt. Ich meine diese rechtsintellektuellen Schwätzer, die man zuweilen in Internetforen und Chatrooms antrifft, nicht die dumpf vor sich hin pöbelnde "Alle-Ausländer-abschieben-alle-Politiker-einsperren-alle-Kinderschänder-hinrichten" -Fraktion. Ich meine Leute, die belesen sind und argumentieren können, die sich eines scharfen logischen Verstandes bedienen und damit geschickt ihre hasserfüllten, unbewiesenen Grundannahmen verschleiern. Ein rechter Nerd, wenn man so will, der klassische Musik hört und "World-of-Warcraft" spielt. Einer, bei dem sich jetzt manche Medien sogar zu der Behauptung versteigen, er käme aus der "Mitte der Gesellschaft".

Wenngleich sich eine Gesellschaft eine solche Behauptung natürlich nicht gefallen lassen sollte und über die Motive des Massenmordes noch vieles im Unklaren liegt, so kann man eines schon festhalten: der mutmaßliche Täter hat seine weltanschauliche Prägung in der rechten Szene erhalten. Nicht in jener Fraktion, die man sich als Stiefel und Glatzen tragend vorstellt (auch wenn diese verstärkt dabei ist, solche Attribute abzulegen) und die dem Dritten Reich nachtrauert, sondern am besonders radikalen Rand jener "neuen Rechten", die sich als Verteidigerin der christlich-abendländischen Kultur sieht und (erfolgreich) den Anspruch stellt, auf demokratischem Wege an der Gestaltung der Politik mitzuwirken.

Herr B. war laut Medienberichten immerhin jahrelang Funktionär der Fortschrittspartei, dem norwegischen Pendant der Freiheitlichen. Nichts deutet darauf hin, dass er ein Verehrer des Nationalsozialismus oder von Hitler ist. Ganz im Gegenteil: in seinen in sämtlichen Medien kolportierten Onlinebeiträgen für ein rechtes Forum wettert er nicht nur gegen die ihm verhassten Muslime und Linken, sondern auch gegen Neonazis. Diese Postings geben vermutlich am ehesten Aufschluss über seine Anschauung von der Welt. Eine Welt, in der die christliche, die norwegische, die europäische Kultur bedroht ist, bedroht von der Überformung durch den "Multikulturalismus", den er "Kulturmarxismus" nennt und der vor allem von den Sozialdemokraten betrieben wird. Der Biobauer B. sieht sich als erzkonservativ, er will die Monokultur erhalten - um jeden Preis.

Irgendwie bezeichnend ist, wenn es jetzt heißt, man habe das nicht kommen sehen. Erleben wir nicht seit Jahren eine Welle der kulturkonservativen, islamophoben und fremdenfeindlichen Agitation? Wenn es stimmt, wie manche Medien berichten, dass Herr B. ein Fan von Geert Wilders war, muss uns das bei seinem geschilderten Weltbild noch wundern? Überspitzt gesagt: wenn der Koran "Mein Kampf" ist (für diesen Vergleich wurde Geert Wilders eben erst gerichtlich frei gesprochen) und alle Moslems per se Faschisten sind, die einen Gottesstaat errichten wollen, warum soll dann in der kruden Weltsicht von Leuten wie B. Widerstand mit äußersten Mitteln nicht erlaubt sein? Das ist "wehrhaftes Christentum", bis zur letzten, grausigsten Konsequenz durch exerziert. Wobei "Christentum" hier nicht zwangsläufig ein Glauben sein muss (den wir ohnehin niemals eindeutig attestieren können, weil wir in den Kopf eines Menschen nicht hineinschauen können), aber als eine bestimmte Lebensweise verstanden wird, die sich von anderen Lebensweisen abgrenzt.

Haben wir wirklich geglaubt, dass es zwar radikalisierte Muslime gibt, die bereit sind, für ihre Lebensweise zu morden, aber keine "Europäer"?! Beklemmend erscheint es jetzt, die Zeitung von Freitag zu lesen oder an die TV-Berichte der ersten Stunden zurück zu denken, als "nur" vom Anschlag auf das Regierungsviertel von Oslo die Rede war und "internationale Terrorexperten" unisono wie reflexartig verkündeten, dass ein derartig professionell ausgeführter Terroranschlag im NATO-Staat Norwegen wohl nur vom internationalen, islamistischen Terrornetzwerk Al-Kaida stammen könne. Auch Ghaddafi wurde ansatzweise verdächtigt, was mir selbst zunächst gar nicht so unplausibel erschien, weil er über ausgewiesene Erfahrung auf dem Gebiet verfügt, derartige Anschläge angekündigt und auch nichts mehr zu verlieren hat.

Dass ganz Europa derart erschüttert reagiert, hat zuerst natürlich mit der entsetzlichen Grausamkeit der Taten zu tun. Aber es ist auch erschüttert, weil sein Selbstverständnis getroffen wurde. Hier hat kein Islamist gewütet und auch kein hakenkreuztätowierter Hitlerverehrer. Sondern jemand, dessen Anschauungen gar nicht so weit von dem entfernt sind, was demokratische Parteien vertreten, denen gut 20% der Europäer ihre Stimme schenken.

Das heißt freilich noch lange nicht, dass diese Menschen derartige Taten auch nur ansatzweise gut heißen. Herr B. kommt nicht aus der Mitte der Gesellschaft. Mit seiner Bereitschaft zum gewalttätigen "Widerstand" hat er sich schon vor einiger Zeit aus dieser ausgeklinkt.

Aber er steht dieser "Mitte" viel näher als uns lieb sein kann.




Freitag, 22. Juli 2011

Donnerstag, 21. Juli 2011

Poetenwettkampf

Nein, ich beabsichtige selbstverständlich nicht, HIER anzutreten.

Aber: Weiterleiten, Teilen und natürlich Hinkommen wird von meiner Seite ausgesprochen gut geheißen!

Mittwoch, 20. Juli 2011

Frauenfußball

"Ach, Frauenfußball..", mögen sich manche Freunde des runden Leders gedacht und daraufhin beschlossen haben, der Fußballweltmeisterschaft der Frauen die kalte Schulter zuzuwenden. Ihnen gehört heute hier mein Mitgefühl.

Denn diese WM war spannend wie kaum eine andere. Und es wurde sehr anständiger Fußball gespielt. Die Zeiten, in denen böse Witze (so à la "Frauenfußball klingt toll, aber wo sind die Frauen und, vor allem, wo ist hier der Fußball?") noch den Hauch eines wahren Kernes hatten, sind definitiv ein für allemal vorbei. Das Championat in Deutschland räumte endgültig mit einer Reihe von Vorurteilen auf, denen das weibliche Balltreten ausgesetzt ist.

Vorurteil 1: Beim Frauenfußball spielen sie ja noch langsamer als Beckenbauer und Prohaska in den 70ern und frühen 80ern!

Der Frauenfußball hat in Punkto Schnelligkeit im letzten Jahrzehnt enorm zugelegt. Wer die Weltmeisterschaft 2011 verfolgt hat, hat temporeiche, abwechslungsreiche und einsatzfreudige Spiele gesehen, die so manche Männer-Champions League-Taktikschlacht ziemlich fad erscheinen lassen.

Vorurteil 2: Frauenfußball ist nicht athletisch und Zweikampf betont.

Natürlich sind Frauen körperlich keine Männer und werden gegen halbwegs gleichwertig trainierte Männerteams immer das Nachsehen haben. Aber, wer behauptet, dass im Frauenfußball keine Athletik steckt, hat nicht gesehen wie die US-amerikanischen Angreiferinnen in die gegnerische Verteidigung hineinpflügen. Auch Zweikämpfe und Härteeinlagen gab es ausreichend. Es muss ja nicht gleich eine Gewaltorgie im Stile der Oranje Boven sein.

Vorurteil 3: Frauenfußball ist technisch nicht ausgereift.

Sicherlich, den weltbesten Kickerinnen unterlaufen bei hohem Tempo wesentlich mehr technische Fehler als ihren männlichen Kollegen. Aber, der Vergleich ist nicht ganz fair, ist doch die Zahl an Spielerinnen, aus denen der Frauenfußball schöpfen kann, nach wie vor vergleichsweise winzig. Und dennoch: auch hier zeigen sich erfreuliche Tendenzen.

Vorurteil 4: Die Teams sind taktisch nicht auf der Höhe.

Habt ihr die Japanerinnen spielen gesehen? Von dieser taktischen Disziplin und Beharrlichkeit können sich die meisten Männerteams ein Scheibchen abschneiden.

Vorurteil 5: Frauenfußball ist langweilig. Da gewinnen immer die Gleichen.

Japan wurde überraschend Weltmeister. Nahezu jedes Spiel in den Ausscheidungsrunden war ein enges Duell, das die längste Zeit auf der Kippe stand.

Vorurteil 6: Beim Frauenfußball ist keine Stimmung im Stadion, weil das keinen interessiert.

Mag sein, wenn Neulengbach um den österreichischen Meistertitel spielt, vollzieht sich das eher unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aber zur WM in Deutschland kamen 845.711 Zuschauer, was einem Schnitt von 26.428 entspricht.

Vorurteil 7: Dem Frauenfußball fehlen die großen Stars.

Mit der steigenden Popularität des Sports wächst auch die Popularität seiner besten Spielerinnen. Homore Sawa, das Mittelfeld-As von Weltmeister Japan kennt in Nippon jetzt jedes Kind und auch Akteurinnen wie Marta (Brasilien) und Abby Wambach (USA) haben mittlerweile (zu Recht) einen hohen Starfaktor.

Vorurteil 8: Beim Frauenfußball regiert ein herber, harter Frauentyp.

Natürlich prägt jeder Sport jene, die ihn ausführen und unterwirft sie vorab einer gewissen Selektion. Alles andere wäre auch absurd. Fußball ist ein kämpferischer Sport, der vollen Körpereinsatz fordert und bildet sich zwangsläufig bis zu einem gewissen Grad auch in denen ab, die in ausführen. Aber, abgesehen davon, dass man bei allem Hang zur Athletik auch im Frauenfußball unterschiedlichste Menschen zu sehen bekommt (was sich durch den wachsenden Zulauf zu diesem Sport weiter verstärkt), ist das eigentlich auch völlig egal. Beim Fußball gehts glücklicher Weise nicht um irgendwelche gesellschaftlichen Schönheitsideale, denn sonst hätten Maradona, Zidane, Ronaldinho oder Messi auch nie ein Leiberl gehabt.

Vorurteil 9: Die Leistungen der Torhüterinnen sind schwach.

OK, dieses eine Vorurteil traf bei dieser WM noch zu. Auch wenn Kaihori (Japan) und Solo (USA) in den letzten Partien viel wettmachen konnten, ist in diesem Bereich zweifellos noch einiges an Verbesserungsbedarf gegeben. Wenn man feststellen muss, dass das Reservoir an Spielerinnen im Vergleich zu den Männern gering ist, dann trifft das natürlich umso mehr für die Torfrauen zu.

Aber auch das ist eigentlich schön am Frauenfußball: Dass noch einiges an Raum nach oben ist und man Zeuge einer Weiterentwicklung werden kann.

Freitag, 15. Juli 2011

Irgendwann ist Schluss

Tabak ist bei regelmäßigem Konsum gesundheitsschädlich und macht abhängig. Wer in Gegenwart anderer raucht, setzt seine Mitmenschen wissentlich giftigen Substanzen aus. Im Gegensatz zum Autofahren, wo dies auch geschieht, ist Rauchen reines Privatvergnügen, das keine gegenwärtig unersetzliche Rolle in unserem wirtschaftlichen und gesellschaftlichem Gefüge spielt.

Da könnte man ihn doch eigentlich ganz verbieten! Die neuseeländische Gesundheitsministerin Tariana Turia träumt von einer "idealen Welt", in der Tabak (also konsequenter Weise: Einfuhr, Handel, Besitz) verboten ist.

Abgesehen davon, dass einem Politiker, die von einer "idealen Welt" schwafeln grundsätzlich suspekt sein dürfen und meines Erachtens auf der Stelle abgesetzt gehören, liegt hier eine Anmaßung staatlicher Autorität vor, die nicht unwidersprochen bleiben darf.

Ja, Rauchen ist gefährlich und in gewissem Sinne anti-sozial, sofern es gegen Mitmenschen gerichtet wird. Aber, es gibt einen Punkt, an dem das Gewicht des kollektiven Interesses nicht mehr so schwer wiegen kann, dass es die Freiheit des Einzelnen beschneiden darf. Wenn Rauchen an öffentlichen Orten verboten ist (was es sein soll), der Verkauf von Tabak an Jugendlichen streng geahndet wird (was ebenfalls sein soll) und aus Gründen des Jugendschutzes Zigarettenautomaten verboten sind (was ebenfalls richtig ist), dann gibt es keine überzeugenden Gründe mehr, die Verbotssphäre noch weiter auszuweiten.

Wie will man hier argumentieren? Dass sich Raucher möglicherweise selbst gefährden? Da ließen sich Hunderte sozial anerkannte Verhaltensweisen anführen, für die das ebenfalls zutrifft, vom Trinken über das schon erwähnte Autofahren bis zum Bergsteigen. Dass sie andere gefährden, die sich dagegen nicht zur Wehr setzen können? Wohl kaum, wenn man die erwähnten Verbote wirklich umsetzt. Dass sie ungesund leben und damit das Sozialsystem belasten? Dem kann man sicherlich auf andere Weise entgegenwirken, wobei immer klar sein muss: Der Staat darf nicht zum totalitären Volksgesundheits-Erzwinger werden!

Ein totales Tabakverbot ist aber nicht nur von Haus aus unverhältnismäßig, eine derart verbreitete und traditionsreiche Kulturdroge zu verbieten, ist zusätzlich mit weiteren, schwer abschätzbaren Risiken verbunden: Wie allgemein bekannt sein dürfte, zieht jedes verbotene Suchtmittel eine kriminelle Szene im Schlepptau, die von seinem darob risikoreichen, aber lukrativen Handel profitiert. Und: Wer sich seine Tschick beim Drogendealer holen muss, der ist in hoher Gefahr, dass er beim nächsten Mal auch andere Produkte aus dessen Sortiment ausprobiert.

Schließlich würde ein Verbot des Tabakkonsums diesem einen Nimbus wiedergeben, den man ihm erst mühsam abringen musste: nämlich den, ein Symbol der Freiheit zu sein.

"In dubio pro libertate", das muss letztlich auch beim Tabakkonsum gelten. Irgendwann ist für jede Verbotsspirale Schluss.

Wake Up, Man on the Moon

"Share it!" haben R.E.M. gesagt. Sehr gerne.

Donnerstag, 14. Juli 2011

Die Besten

Ich habe eine neue Lieblings-Fehlermeldung.



Dieses Fenster erscheint, wenn sich das Blogger Statistik-Programm für einmal nicht sofort aktualisieren lässt - was nur sehr selten vorkommt.

In meiner Fantasie leuchtet dann in Mountain View, Kalifornien, eine rote Lampe auf, eine Sirene ertönt und die besten Programmierer, die Google je beschäftigt hat, schwingen sich eine Feuerwehrstange hinunter, um mein Problem zu lösen.

Das Ganze vollzieht sich übrigens in schier unglaublicher Geschwindigkeit, denn in nur wenigen Augenblicken ist eine Aktualisierung wieder möglich. Den Besten sei Dank!

Montag, 11. Juli 2011

Syrien = Libyen ?

Ich habe mich vor Monaten an dieser Stelle für ein (zumindest begrenztes) militärisches Eingreifen in Libyen ausgesprochen und halte die Entscheidung dafür auch nach wie vor für richtig. Das war und ist kein leichthin gewählter Standpunkt. Mir ist völlig bewusst, dass das Mittel des Krieges nur ultima ratio sein darf, das letzte Mittel, um einer katastrophalen Entwicklung Einhalt zu gebieten. Diese Haltung wird jedesmal schmerzlich auf die Probe gestellt, wenn Berichte von Kriegsopfern und Zerstörung aus Libyen dringen, die ein ums andere Mal bewusst machen, was Krieg bedeutet.

Klar ist für mich aber auch, dass auch ein Nichteingreifen ein langwieriges Blutvergießen bedeutet hätte. Zwar hätte Ghadafi militärisch möglicherweise rasch die Oberhand behalten, aber mit ziemlicher Sicherheit wäre ein blutiges Strafgericht die Folge gewesen, das insbesondere auch die Zivilbevölkerung betroffen hätte. Diese Taten hätten den Kreislauf der Gewalt weiter angetrieben, hätten wohl zu Anschlägen und weiteren Unruhen geführt. Ein instabiles und isoliertes Libyen wäre die Folge gewesen, von dem keiner profitiert hätte, außer der Diktator Ghadafi selbst, der an der Macht und unbehelligt geblieben wäre. Damit wäre aber auch ein verheerendes Signal gesendet worden: Diktatoren können sich behaupten, wenn sie sich mit äußerster Brutalität und schwerem Geschütz an die Macht klammern.

Das in Syrien seit Monaten stattfindende Massaker an der Zivilbevölkerung kann man gewissermaßen als grausame Illustration dieses Szenarios ansehen. Hier wurde nicht militärisch eingegriffen, hier ließ man den Dingen seinen Lauf. Was wir in Syrien erleben, ist ein fortwährender Kreislauf von Aktion und Reaktion: auf Demonstrationen der Bevölkerung folgen Gewaltorgien der Staatsmacht, diese haben weitere, wütende Proteste zur Folge usf. Und die Chancen, dass dies zu einem raschen Ende kommt, stehen kaum besser, vermutlich sogar schlechter als in Libyen, wo jetzt zumindest ein Teil des Landes dauerhaft dem Zugriff des mordenden Diktators entzogen ist.

Muss man aus dem Gesagten aber nicht folgern, dass auch gegen das Assad-Regime militärisch vorgegangen werden sollte?

Die Natur des Aufbegehrens ist in Libyen eine andere als in Syrien. Im afrikanischen Wüstenstaat hat sich rasch eine geographisch festmachbare Spaltung ergeben, der Osten des Landes vollzog eine Sezession. Die Fronten sind dadurch relativ klar hervor getreten. In Syrien hingegen hat man es mit einer völlig unübersichtlichen Situation zu tun. Es ist dort, soweit erkennbar, kein Bürgerkrieg im eigentlichen Sinne im Gange, sondern ein Dreinschlagen der Regierungskräfte auf eine zu unterschiedlichen Zeitpunkten an unterschiedlichen Orten aufflammende Protestbewegung. Eine militärische Intervention ist unter diesen Voraussetzungen strategisch immens schwierig, die Risiken sind kaum abzuschätzen. Hinzu kommt das Faktum, dass die in Syrien herrschende Elite einer religiösen Minderheit angehört. Wer in dem asiatischen Staat militärisch eingreift, muss es gleichzeitig schaffen, zu verhindern, dass umfangreiche Vergeltungsaktionen gegen diese Gruppe stattfinden.

Heißt das aber jetzt, dass man im Falle Syriens einfach die Arme verschränken und nichts tun soll? Nein, keineswegs. Das Verhalten des UN-Weltsicherheitsrates in Bezug auf Syrien ist blamabel. Kein Embargo, kein Befassen des Internationalen Strafgerichtshofes. Eine Reihe von Nationen blockiert bislang jegliches Vorgehen gegen die syrische Regierung. Darunter sind mit Indien, Brasilien und Südafrika auch drei Staaten, dich sich gerne in der Rolle kommender global player sehen. Hier kann man Druck ausüben.


Sonntag, 10. Juli 2011

Höhenrausch revisited

Zwei Jahre nach dem kolossal erfolgreichen Höhenrausch im Rahmen von Linz 09 gibt es eine Neuauflage. Von 12.5.-16.10.2011 stehen die Oberseiten von OK-Zentrum, Ursulinenhof und -kirche sowie des Passage-Einkaufszentrums im Zeichen der Elemente Luft und Wasser ("Brücken im Himmel").

Die Holzstege sind erweitert worden. Sie führen nun auch auf den Dachboden der Ursulinenkirche, der durch die Umsiedelung der hier lebenden Taubenkolonie und die damit einhergehende Befreiung von deren Hinterlassenschaften eigens erschlossen wurde. Wie schon beim letzten Mal bietet der Höhenrausch schöne Ausblicke auf Linz. Außerdem ist Kunst zu sehen, die bewusst unter dem Gesichtspunkt ausgewählt wurde, dank des Einsatzes von Humor sowie einer gewissen Interaktivität auch dem weniger geübten Kunstkonsumenten zugänglich zu sein. In diesem Sinne sorgt der Höhenrausch sogar für die an heißen Sommertagen dringend benötigte echte Abkühlung - dafür darf man auch ruhig die Badehose einpacken.

Auch wenn Themengebung und künstlerisches Konzept auf mich persönlich diesmal nicht über die Maßen originell wirken und einige der gezeigten Kunstwerke aus schon verflossenen Ausstellungen bekannt sind, so ist der Höhenrausch auf jeden Fall wieder einen Besuch wert - nicht nur wegen der Aussicht.



Mittwoch, 6. Juli 2011

Venedig und Padua in Bildern

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Venedig und Padua 2011, ein Album auf Flickr.

Mein Picasa-Konto ist voll, daher habe ich mir jetzt bei Flickr unbegrenzten Speicherplatz gekauft. Ja, ihr habt richtig gelesen, gekauft. Ich will mir einfach keine Gedanken über Speicherplatzbegrenzungen mehr machen müssen.

Zahlreiche Bilder aus meiner jüngsten Urlaubsreise in den Veneto befinden sich nun auf meinem neuen Flickr-Konto.

Die älteren Alben werde ich bei Gelegenheit auch einmal überführen, vielleicht werde ich sogar die Bilder meiner USA-Reise im letzten Jahr hochladen, wenn ich einmal Zeit und Lust habe.

Montag, 4. Juli 2011

Venedig und Padua in Buchstaben, L-Z

L wie Lagune

Das Wort "Lagune" entstammt dem Lateinischen "lacuna", was mit "Weiher" oder "Lache" übersetzt wird. Eine Lagune ist eine Bucht, die derart von Landzungen, Inseln bzw. Sandbänken umgeben ist, dass sie vom offenen Meer abgetrennt ist, was zu einer Entsalzung und der Entstehung eines spezifischen Ökosystems führt. Die Lagune von Venedig ist das Resultat der Aufschwemmung von alpinen Sedimenten aus dem Brenta und anderen Nebenflüsse des Po in der Adria. Ihr heutiges Erscheinungsbild ist aber auch wesentlich von menschlicher Hand geprägt. Um eine Verlandung der Lagune zu verhindern und somit die geschützte Bucht zu erhalten, wurden Flüsse umgeleitet. Ein Eingriff, der heute zu massiven Problemen führt, da der südliche Teil der Lagune mangels Nachschub an Sedimenten vollends im Meer zu versinken droht. Die giftigen Abwässer der an der Festlandküste in Mestre und Marghera angesiedelten Schwerindustrie sowie illegale Fischerei tun ihr übriges, um das Ökosystem der Lagune nachhaltig zu verändern.



M wie Murano

Nette Insel nördlich der Isola San Michele (s. F). Bekannt für die Glaserzeugung, wobei das feilgebotene Kunsthandwerk von vermutlich in Asien hergestellter Massenware bis zu echten Glaskunstwerken reicht. Murano ist ein kleines Venedig, mit Kanälen und Brücken, nur mit weit schlichteren Fassaden und nicht derart von Touristen überfüllt. Sogar einen "Canal Grande di Murano" (welch liebenswürdige Übertreibung) gibt es, an dem wir eines schönen Mittags sehr gut gegessen haben. Ich: Carpaccio mit Rucola und Parmesanscheiben. Quasi ein All-Star-Team der italienischen Gaumenfreuden als genial einfaches Gericht: Carpaccio auf Rucola-Salat legen, nicht geriebenen Parmesan drüber und fertig. Die Qualität der Zutaten muss natürlich auch passen, eh klar. Den Ausblick auf den Canal Grande von Murano werde ich in meiner Küche halt leider nicht reproduzieren können.


N wie Nicht trinken!

Das gilt nicht nur für die grünliche Brühe, die sich in den Kanälen Venedigs befindet (für alle, die es nicht wissen sollten [oder wollen], sei es hier deutlich gesagt: Venedig hat bis heute KEINE Kanalisation!), sondern auch für das unten abgebildete Getränk, das wir ahnungslos in Padua erworben haben. Das soll offensichtlich Campari-abhängigen Italienern bei der Entwöhnnung helfen und schmeckt ungefähr so, wie ich mir als Nicht-Raucher Nicorette vorstellen darf.


O wie
Orto Botanico

Der Botanische Garten der Universität Padua ist der älteste noch existierende Botanische Garten der Welt und gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe. Er wurde 1545 vom Senat der über Padua herrschenden Republik Venedig gestiftet, um die Forschung an Heilpflanzen (vermutlich auch wegen P) voran zu treiben. Kein Besucher der Stadt Padua sollte diesen ehrwürdigen, schönen und (zumindest wochentags) friedlichen Ort verpassen.


P wie Pest

Hochgradig ansteckende Infektionskrankheit, von welcher Venedig in seiner Geschichte mehrmals schwer getroffen wurde. 1576 etwa fiel etwa ein Drittel der Bevölkerung - 50.000 Menschen - der Seuche zum Opfer. Für das Ende der Epidemie gelobte der Senat den Bau der Kirche "Il Redentore" auf der Insel Giudecca, welche vom architekturhistorisch höchst bedeutenden Andrea Palladio umgesetzt wurde. Alljährlich findet hier das "Erlöserfest" statt, das an das Ende des großen Sterbens von 1576 gemahnt. 1630 war jedoch die Pest wieder zurück. Wiederum wurde der Bau einer Kirche gelobt, was nach 40.000 weiteren Toten dann auch geschah. So entstand an der Einfahrt des Canal Grande die elegante wie imposante Barockkirche Santa Maria della Salute.


Q wie Qual der Wahl?

Zweifellos gehört Venedig in die Kategorie jener Destinationen (zusammen etwa mit New York, Rom, Istanbul), an denen man sehr viel Zeit verbringen kann, ohne alles gesehen zu haben, insbesondere wenn dann auch noch die Biennale stattfindet (sofern nicht Montag ist). Gleichzeitig ist das centro strorico aber auch wieder auf eine angenehme Art überschaubar: die jeweiligen Gassen und Plätze sind gut angeschrieben, die wichtigsten Ziele ausgeschildert, die Straßenschilder weisen auch auf den jeweiligen Stadtteil (sestiere) und die Kirchgemeinde, in der man sich befindet, sodass man sich ganz gut einorten kann. Darüber hinaus ermangelt es nicht an markanten Anhaltspunkten in der Stadt, an denen man sich orientieren kann - sei es jetzt der Canal Grande, die zahlreichen verschiedenen Brücken oder schlicht die Lagune. Notfalls kann man immer noch auf einen Campanile steigen und sich einen besseren Überblick verschaffen.


R wie Reliquien

Um nicht alleine wirtschaftlich und politisch ernst genommen zu werden, sondern sich auch einen spirituellen Rang zu verschaffen, klauten die Venezianer kurzerhand die sterblichen Überreste des Evangelisten Markus aus Alexandria. Der Legende nach wurden sie in einer Ladung Schweinefleisch aus Ägypten geschmuggelt - nicht sehr standesgemäß, aber effizient. Weniger Glück hatte man allerdings mit in Myra erworbenen Reliquien des heiligen Nikolaus. Diese wurden umgehend in San Niccoló am Lido (s. S) verehrt, man musste jedoch in weiteren Folge leider feststellen, dass sich der Heilige bereits seit längerem in einer Kirche in Bari befand. Dafür findet sich eine weitere, wichtige Heilige in der Lagunenstadt: die (im Vierten Kreuzzug aus Byzanz geraubten) Reliquien der heiligen Lucia ruhen in der Kirche San Geremia, nachdem ihr eigenes Gotteshaus dem Bahnhof weichen musste.

S wie Strand

Der Lido di Venezia, das ist der Strand von Venedig. Eine lang gestreckte Nehrung in der Lagune, die das historische Zentrum der Stadt vom Meer abschirmt. Erreicht man den Lido von Venedig kommend per Boot, hat man das Gefühl, in einer anderen Welt gelandet zu sein. Korrekter wäre es allerdings zu sagen: aus einer anderen Welt wieder zurück zu sein. Denn der Lido präsentiert sich dem Besucher als ein ganz gewöhnlicher Badeort, mondän zwar, aber doch vertraut. Am Lido gibt es keine Kanäle, sondern normale Straßen, auf denen Autos und Motorrädern fahren. Sogar eine eigene Buslinie gibt es. Die Strände am Lido sind großteils in der Hand der Hotels, es existiert aber auch ein öffentlicher Strand. Der ist zweifellos gut frequentiert, aber zum Zeitpunkt unserer Reise (Ende Juni) gar nicht so überfüllt, wie ich es befürchtet hätte.

T wie Tauben

Sind in Venedig vorhanden, aber, wie mir scheint, auch nicht mehr viel stärker präsent als in anderen urbanen Zentren. Zumindest sind sie mir nicht unangenehm aufgefallen, was aber auch daran liegen mag, dass mir Tauben prinzipiell sympathisch sind. Seit 2008 ist das Füttern von Tauben verboten, obwohl diese in Venedig traditionell hohes Ansehen genießen, seit eine Taube die Nachricht von der Einnahme Konstantinopels überbrachte. Zu Anfang des 20. Jahrhundert sollen sie sogar noch von der Stadtverwaltung amtlich gefüttert worden sein (Quelle).



U wie Ueberforderung

Ganz ehrlich, nach einem halben Tag Venedig wollte ich nur mehr raus und nicht wieder kommen. All die Massen in den Sestieri von San Polo und San Marco an einem verlängerten Wochenende, die Mühen des Sichdurchwühlens, das Gedränge auf der Rialto-Brücke,
die Atmosphäre eines überdimensionalen Freilichtmuseums, gepaart mit der Hitze, schienen zunächst in keinem Verhältnis zum Gebotenen zu stehen. Aufgrund der klugen Entscheidung, nicht in Venedig, sondern im Bahnhofsviertel von Padua zu wohnen und am zweiten Tag eine Landpartie zu den Eugeneischen Hügeln (s. E) zu unternehmen, konnten wir aber den nötigen Abstand gewinnen, um uns wieder nach Venedig zu wagen. Und, die Bootsfahrt zu den Inseln brachte uns dann ohnehin in eine andere Welt (s. B, I, M und S ). An unserem letzten Tag in der Lagune nahmen wir dann einen Vaporetto und stiegen, einer spontanen Eingebung folgend, nicht an San Marco aus, sondern auf Giudecca. Es war ein Montag und wir hatten das Café an der Mole nahezu für uns alleine, die Sonne lachte und schräg gegenüber, auf der anderen Seite des Kanals, lag der Markusplatz. Spätestens hier wurde klar: Venedig braucht seine Zeit. Vergesst den Tagesausflug und lasst euch bloß nicht hektisch hineintreiben!

V wie Völkerwanderung

Die Zeit der Völkerwanderung gilt vielen als Beginn der Geschichte Venedigs, wenngleich bereits die Etrusker in der Lagune (s. L) siedelten. Jene Zeit jedenfalls brachte ganze Busladungen von Germanen, Hunnen, Slawen nach Italien, woraufhin sich die Küstenbewohner in großer Zahl in die Lagune absetzten, um dort in Ruhe ihre Siedlungen zu errichten und Venedig zu erbauen. Ironisch eigentlich.

W wie Wasser

Wasser ist bekanntlich ein sehr zwiespältiges Element. Auf der einen Seite Leben spendend, auf der anderen bedrohlich. Für Venedig gilt das in besonderem Maße. Für den zeitweilig in Venedig Verweilenden ist vor allem von Bedeutung: in Venedig ist dort Wasser, wo anderswo Straßen sind. Mit dem Auto kommt man bis in die Tiefgarage an der Piazzale Roma und aus. Reist man mit dem Zug an und tritt man vor den Bahnhof Santa Lucia (s. R), so steht man unvermittelt vor dem Canal Grande. Dort, wo man sonst einen Bahnhofsvorplatz oder einen Boulevard erwarten würde, ist ein Wasserweg. Das haut einen ziemlich um und es ist immer wieder schön, das basse Erstaunen in den Gesichtern der neu ankommenden Touristen zu sehen. In weitere Folge heißt es dann: zu Fuß gehen und über viele Brücken hatschen oder einen Vaporetto respektive ein Wassertaxi besteigen. Die Vaporetti sind das öffentliche Verkehrsmittel der Stadt. Diese Boote sind nicht sonderlich bequem und recht voll, aber sie erfüllen ihren Zweck. Mit ihnen erspart man sich die anderswo üblichen, teuren Touristenbusse und kann um ganz Venedig und bis zu den Inseln gondeln. Gondeln, ach ja, die gibt es natürlich auch noch.



X
wie in Venexia

Bezeichnung der Stadt Venedig im Venetischen, der im Veneto und angrenzenden Gebieten heimischen Sprache. Diese darf keinesfalls mit jenem toskanischen Dialekt verwechselt werden werden, der als "Italienisch" bekannt wurde und in dem die Stadt "Venezia" heißt. Neben lautlichen Unterschieden wie diesem ist auch die Grammatik keineswegs ident.

Y
wie Ypsilon

25. Buchstabe des lateinischen Alphabets, der im Italienischen wie im Deutschen lediglich bei Fremdwörtern und Namen verwendet wird.

Z wie Zovon

Eine Ortschaft am Fuße der Eugeneischen Hügel (s. E), in der Nähe von Vo´. Für alle, die sich fragen, wo Science-Fiction-Autoren ihr Namensgut herbekommen - einfach Atlas aufschlagen und fertig.


Samstag, 2. Juli 2011

Venedig und Padua in Buchstaben, A-K

A wie Antonius von Padua

Portugiesischer Theologe und Prediger gegen die im 13. Jahrhundert um sich greifende Ketzerei, den es nach Italien verschlug, wo er es zum Ordensprovinzial der Franziskaner brachte, ehe er 36-jährig in Padua verstarb. Schon zu Lebzeiten vom Volk verehrt. Im Zuge seines bekanntesten Wunders wurde er von der ketzerischen Bevölkerung von Rimini vollständig ignoriert, woraufhin er erfolgreich zu den Fischen im Hafen predigte (falls das kein Wunder war, dann haben wir es hier wenigstens mit fantastischer PR-Arbeit zu tun). Schutzpatron für das Wiederauffinden verlorener Gegenstände sowie Patron der Schweinehirten und Sozialarbeiter. Ist bis heute die schnellstkanonisierte Person der katholischen Kirchengeschichte - zwischen seinem Ableben und seiner Heiligsprechung vergingen lediglich elf Monate. In Padua befindet sich ein beeindruckender Dom, der in seinem Namen geweiht ist.


B
wie Burano

Zauberische kleine Insel im Norden der Lagune von Venedig. Sieht aus, als hätte meine Freundin Sarah sie erfunden: Keine Autos, schnuckelige Kanäle, in allen Farben des Regenbogens gestrichene Häuser und jede Menge Katzen. Wir hatten das Glück, an einem Sonntagabend mit einem der letzten Boote dort vorbei zu schauen. Burano glänzte im Licht der untergehenden Sonne und gehörte ganz den freundlichen alten Signoras und neugierig blickenden Vierbeinern.



C wie Chiuso

Dass Museen montags oftmals geschlossen haben, dürfte bekannt sein. Dass ich ausgerechnet an unserem letzten Venedig-Tag die venezianischen Exterieurs so weit gesehen hatte, dass ich mich ins Innere der Ausstellungsräume wagen wollte, dies aber eben ein Montag war, das war schlicht Pech. Wirklich bitter aber war, dass auch die Biennale die Montagsregel befolgt.



D wie Doge

Höchstes Amt in der "Serenissima Repubblica di San Marco", jenes Staatswesens, das über Jahrhunderte den Mittelmeerraum beherrschte. Petrarca nannte den Dogen allerdings den "verherrlichten Sklaven der Republik". Denn dieser durfte kaum einen Schritt machen, ohne von den zahllosen anderen Institutionen dieses Gemeinwesens überwacht zu werden. Nicht einmal seine Post durfte der arme Kerl alleine öffnen. Die Republik Venedig war ein unglaublich komplexes Gebilde der "Checks and Balances", in dem die mächtigen Adelsfamilien, die den Staat dominierten, in einer Unzahl von Ämtern und Verfahren in einander verstrickt waren. Das beherrschende Prinzip war dabei das gegenseitige Misstrauen. Man kann erahnen, wie oft die berüchtigte Geheimpolizei so zum Werkzeug von Intrigen geworden sein muss. Sie saß in den versteckten Hinterzimmern des "Palazzo Ducale", des prächtigen Dogenpalastes an der Piazza San Marco.



E wie Eugeneer

Halbmythisches Volk, das laut Livius vor den Venetern den Veneto bewohnte und von diesen, im Bündnis mit Troja, Richtung Verona vertrieben worden sein soll. Namensgebend für die Colli Eugenei, eine Gruppe von äußerst reizvollen, kegelförmigen Hügeln vulkanischen Ursprungs im Süden der Stadt Padua.


F
wie Friedhofsinsel

Die Isola San Michele liegt nördlich d
es fischförmig in der Lagune platzierten historischen Zentrums von Venedig. Per Vaporetto (siehe V.) ist sie tagsüber rasch und mühelos zu erreichen. Auf San Michele befindet sich nichts außer dem zum Zentrum gehörigen Friedhof. Einige berühmte Persönlichkeiten sind in Venedig verstorben und daher hier begraben, darunter Ezra Pound, Joseph Brodsky (mit Hüten am Grab), Luigi Nono, Sergej Djagilew (mit Balletschuhen am Grab) und - als berühmtester hier Ruhender - Igor Strawinsky.



G wie Gold

Die Venezianer hatten und haben ein Faible für alles Güldene. Einst wurde der gesamte Stadtadel in ein "Goldenes Buch" eingetragen, nur wer hier aufschien, durfte die Geschicke der Republik mitbestimmen. Das Ca´d´Oro, das "goldene Haus" am Canal Grande gilt als einer der schönste Palazzi der Stadt. Gold wohin man blickt auch in der repräsentativen Basilica San Marco am Markusplatz, hier stand der byzantinische Einfluss Pate. Und schließlich ist da auch noch der "Goldene Löwe", der jedes Jahr bei den Biennale-Filmfestspielen am Lido (s. S) vergeben wird.

H wie Herrschaft

Am Höhepunkt seiner Macht beherrschte die Markusrepublik ein Großreich, das von Oberitalien bis Zypern reichte und dominierte den Mittelmeerraum wirtschaftlich. Angefangen hat alles mit Privilegien des Hl. Römischen Kaisers sowie des Kaisers von Byzanz, wodurch Venedig zur Maklerin sämtlicher Handelsgeschäfte zwischen dem kaiserlichen Europa und dem Orient wurde. Konsequent und skrupellos wurde die Machtposition ausgebaut. Gegenspieler wurden durch Seeblockaden erpresst, es wurde Sklavenhandel getrieben, die Küstenwälder der Adria fielen dem Holzhunger der Republik zum Opfer, feindliche Städte wurden zerstört. Schließlich fiel man im Vierten Kreuzzug der alten Schutzmacht Byzanz heimtückisch in den Rücken und ließ diese plündern. Zum Niedergang Venedigs führte schließlich der Entdeckung neuer Handelswege und der daraus resultierenden Aufstieg der europäischen Kolonialmächte sowie der Aufstieg des Osmanischen Reiches. 1797 ergab sich Venedig Napoleon kampflos. Was bleibt sind die prächtigen Palazzi, Kirchen und Brücken Venedigs und natürlich der Markusplatz, sinnfälliger Ausdruck der Macht der Republik auf ihrem Höhepunkt.



I wie Inseln

Das Zentrum Venedigs, das sind (je nach Zählweise) ca. 118 eng bei einander liegende Inseln. Im Laufe der Jahre wurde eifrig aufgeschüttet, es wurden ganze Wälder abgeholzt um mittels Holzstämmen Fundamente zu schaffen, es wurden Brücken gebaut, um die Inseln mit einander zu verbinden. So pappte man Venedig zusammen. Aber Venedig wäre nur halb so viel wert (s. U), ohne die Inseln, die in der Lagune (s. L) verstreut liegen - manche in unmittelbar Nähe des centro storico gelegen, andere eine ordentliche Bootsfahrt entfernt. Wenn also das Gewühl in Venedigs Mitte zu sehr anstrengt, dann sollte man nicht zögern, ein Wasserfahrzeug zu besteigen und einfach hinaus zu schippern.



J wie Jüdisches Ghetto

Im Stadtteil Cannaregio gelegen. Mit einem eigentümlichem Charme versehen. Es gibt ungewöhnlich schlichte Fassaden, koscheres Essen und einige wenige Verbliebene der einstmals großen jüdischen Gemeinde von Venedig.



K wie Kanäle

In Venedig jede Menge. Mit entsprechend vielen Brücken. Venedig ist alles andere als barrierefrei und wird wohl auch bis auf weiteres so bleiben. Das sollte vielleicht auch einmal jemand den in Jesolo urlaubenden Wiener Familien sagen, die für einen Tagesausflug mit Kinderwagen und Kegel nach Venedig kommen und dann fluchend die Brücken blockieren.





Fortsetzung folgt

Darauf ist noch Verlass! Der alljährliche Halloween-Post

  Danke an Alex P.!