Am 11.6.2010 erfolgt der erste Ankick der Fußballweltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Die Mannschaft des Gastgebers bekommt es in Johannesburg mit Mexiko zu tun. Insgesamt nehmen 32 nationale Auswahlen an diesem Turnier teil.
Irland ist nicht dabei. Und das ist gut so. Nicht, dass ich es den "boys in green" nicht grundsätzlich gegönnt hätte, ich mag den leidenschaftlichen, kämpferischen Fußball, den das irische Team spielt. Aber, wenn die Iren es nach dem französischen Skandal-Tor im letzten Playoff-Spiel tatsächlich über den Grünen Tisch oder ein Wiederholungsspiel zur WM geschafft hätten, wäre das ein fatales Signal für den Fußball gewesen.
Denn angesichts der Präzedenzwirkung einer solchen Entscheidung und der Fülle von Fußballspielen, die durch fragwürdige Schiedsrichterpfiffe entschieden werden, hätten sich die Verbände in Zukunft wohl der Begehrlichkeiten von Verlierern nicht mehr erwehren können. Es ist an sich sinnvoll und gut, dass Schiedsrichterentscheidungen Tatsachenentscheidungen sind.
Das heißt freilich nicht, dass man den Fußball nicht professioneller, besser, ja sogar spannender machen kann, indem man auf die Mittel der modernen Technik zurückgreift, um krasse Fehlentscheidungen zu korrigieren. Was sich im Eishockey, im Tennis oder im American Football gut bewährt hat, kann auch den Fußball nicht kaputt machen. Wenn jedem Trainer eine begrenzte Zahl von challenges während der Partie zugestanden wird, mit denen er eine Korrektur von Schiedsrichterentscheidungen mithilfe der Videoaufzeichnung erreichen kann, fügt das dem Spiel mit Sicherheit keinen Schaden zu, sondern vielmehr ein spannungsvolles und strategisches Element hinzu - die Entscheidung des Coaches nämlich, wann und wie von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden soll.
Auch der Angst vieler Hardcore-Fußballfans, dass der Fußball an Reiz verlieren werde, wenn man nicht mehr über jede Entscheidung diskutieren könne (hinter der wohl oft die unausgesprochene Angst steht, den Schiedsrichter als Projektionsfläche für negative Emotionen zu verlieren), kann leicht begegnet werden: es wird auch über die Videobeweise heftig diskutiert werden. Echte Fußballfanatiker können ohnehin nicht anders.
Jedoch vermag der Videobeweis schwerwiegende Fehlentscheidungen aus der Welt zu schaffen, was nicht nur eine Frage der Fairness ist, sondern in einer Fußballwelt, in der es nicht mehr nur um die Ehre, sondern um gigantische Geldbeträge geht, auch eine massive moralische (wenn nicht gar rechtliche) Verpflichtung darstellt. In keiner Sportart dieser Welt sind derart kleine Handlungen und knappe Entscheidungen ausschlaggebend für derart gewaltige Geldströme. Die jüngsten Wettskandale sollten in dieser Hinsicht eigentlich sämtliche Alarmglocken schrillen lassen.
Aber zurück zur Vorfreude. Ich habe ja bereits im Anschluss an die tolle Europameisterschaft 2008 gemutmaßt, dass das eine ganz große Weltmeisterschaft werden könnte. Einiges von damals ist freilich zu revidieren. So hat es bedauerlicher Weise das hochbegabte russische Team nicht zur WM geschafft, weil es unglücklich im Playoff an den zweifellos tapferen, aber fußballerisch doch eher mediokeren Slowenen gescheitert ist. Ähnliches gilt für meinen geheimen afrikanischen Favoriten, den zigfachen kontinentalen Champion Ägypten, der wieder einmal ein Opfer seiner Nerven und seiner Auswärtsschwäche geworden ist. Auch die Türkei hat sich ziemlich sang- und klanglos bereits zum Abschluss der Qualifikationsgruppe verabschiedet, hat es - wieder einmal - nicht geschafft, Kontinuität zu demonstrieren. Schade ist auch, dass Schweden es nicht gepackt hat, aber nicht wegen der schwedischen Mannschaft, sondern weil dann bei der WM keine Genieblitze von Zlatan Ibrahimovic zu sehen sein werden (dagegen tausche ich gerne eine ganze dänische Mannschaft ein..). Und schließlich steht auch hinter dem Dauer-Favoriten Argentinien ein großes Fragezeichen, werkt doch dort seit einiger Zeit ein nicht sonderlich kompetent wirkender und sich ziemlich unprofessionell verhaltender Trainer, weswegen man auch nur haarscharf an der historischen Schmach der Nicht-Qualifikation vorbei geschrammt ist.
Trotzdem - es wird eine große WM! Erstens, weil sie das erste Mal in Afrika stattfindet, was ein ungemein wichtiger und richtiger Schritt ist. Weil man dort weiß, wie man Feste feiert und wir Zeuge von großer Freude und großem Stolz werden. Weil dort großartiger internationaler Fußball zu sehen sein wird. Weil der Kreis der echten Titelanwärter groß ist, Spanien und Brasilien an der Spitze, gefolgt von Deutschland, England, den Niederlanden, Italien und vielleicht auch Argentinien (wenn Messi auftrumpft). Weil die afrikanischen Teams erstmals am eigenen Kontinent bei einer WM auftreten können und entsprechend angestachelt agieren werden, allen voran die exzellenten Selektionen der Elfenbeinküste und von Ghana, aber auch die heimischen Südafrikaner.
Ich freue mich! Und ich werde die Zeit bis zur WM natürlich auch auf diesem Blog dazu nutzen, Südafrika 2010-bezogene Einträge zu verfassen. Insbesondere werde ich eine WM-Simulation durchführen, allerdings in einer sehr speziellen Weise.
2 Kommentare:
Es würde in solchen Fällen schon reichen, wenn der Schiedsrichter dann den Spieler (in diesem Falle Henry) fragt ob es Hand war oder nicht. Wenn er ehrlich ist, zählt das Tor nicht. Wenn er den Schiri anlügt kann man das unter drastische Strafen stellen.
Insgesamt wird im Fußball nur allzugern gelogen. Damit meine ich nichtmal normale Schwalben, sondern Spieler, die, wenn sie am Schienbein getroffen werden, sich minutenlang auf dem Boden herumwälzen und das Gesicht halten. Oder bullige Abwehrspieler, die von einem kleinen Spieler ein wenig geschubst werden und dann erstmal wie ein nasser Sack zusammenfallen.
Hier in Neuseeland habe ich neulich Rugby im Stadion gesehen und stimme seitdem folgender Einschätzung zu:
"Football is a game for gentlemen played by hooligans, and rugby is a game for hooligans played by gentlemen."
Strengere Strafen für Spieler, die die Unwahrheit sagen, könnte ich mir allenfalls als ergänzendes Mittel vorstellen. Ich denke aber, man sollte da den Maßstab auch nicht zu streng anlegen. Ich glaube nicht, dass man von einem Spieler in einem entscheidenden Spiel erwarten kann, dass er in jeder kniffligen Situation erkennt, dass er im Unrecht ist und das dann auch noch kundtut. Da fordert man der menschlichen Psyche vielleicht doch etwas viel ab.
In ganz krassen Fällen ist es freilich sicherlich überlegenswert. Tricksereien in ganz maßgeblichen Momenten kann man damit vermutlich aber auch nur bedingt hintanhalten - was ist schon eine Sperre von mehreren Spielen oder eine hohe Geldstrafe gegen den Weltmeistertitel?
PS: Rugby - das wäre eigentlich ein guter Grund für mich, einmal nach Neuseeland zu fahren..
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